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Zeitschrrft für Humor und Kunst lyz

— „Weeßte, Rieke, eens gefällt mir nicht, daß die Maria Stuart, die doch hrngertcht' worden ist,
zum Schluß nochmal uff de Bühne kommt . . . zum mindesten müßt se ohne Kopp kommenl"

Etn Dienftmädchen wird gesucht

nicht einmal genug, denn sonst, sagte sie, hätte sie jeden
Tag immer mindestens zwei Liter gehabt. Ein Pfund
Kartoffeln pro Kopf höchstens standen uns täglich zu, —
Rose allein brauchte drei oder vier. Ach, und das Brpt!
Gar zu schlecht wäre es, meinte sie, und auf dem Lande
hätte sie immer ordentliches weißes gehabt, aber trotzdem
aß sie, so lange noch etwas da war, und dann mußten wir
uns, lange ehe die neuen Brotkarten kamen, auf Vorschuß
Brot besorgen, wofür wir, wenn es herausgekommen wäre,
schwer bestraft worden wären. Nein, wir wollten auch leben
und mußten uns selbst doch auch, wenn zwar nur dürftig,
ernähren, und deshalb mußte Nose fort. Es war auch ihr
eigener Wunsch, denn selbst ihr ungebührlich großer Anteil
an den Lebensmitteln des Lauses genügte ihr noch nicht.
„Richtig effen muß der Mensch, das gehört sich," meinte

sie, und darin konnten wir ihr eigentlich nicht so unrecht
geben.

Ia, und nun sollte wieder eine neue ins Laus. Meine
Frau ging zuerst einmal nach dem städtischen Arbeitsamt.
Da war es früher, in Friedenszeiten, zugegangen wie auf
dem Markt zu Nichmond in der Oper „Martha", wo die
Mävchen sich drängen und erzählen, was ste alles arbeiten
können, eine immer mehr als die andere. Ietzt war es still
und öde dort. Das Fräulein des Amtes erklärte, sie hätte
schon lange kein Dienstmädchen mehr gesehn. Zweifellos
gäbe es noch welche auf der Erde, aber es wäre damit
wohl wie mit dem Kaffee, mit richtiger Seife und solchen

Dingen, — dergleichen ist nur auf Llmwegen zu erhalten.
Nun, immerhin könnte man es versuchen, und so notierte
sie das Begehren meiner Frau in threr Liste, bemerkte aber,
daß schon 341 Damen vorher verzeichnet wären, und daß
es streng nach der Reihe gehn müßte, wenn wider Erwarten
sich doch ein Dienstmädchen zeigen sollte. Das war eine
recht schwache Aussicht.

„Versuchen wir es einmal mit einem Znserat," schlug
ich meiner Frau vor. Wir verfaßten eine recht hübsch
stilisierte Anzeige, von der wir uns trefflichen Erfolg ver-
sprachen. Die Anzeige erschien, sogar sechsmal, aber ein
Dienstmädchen erschien nicht. Iedesmal, wenn es an unserer
Tür klingelte, erbebten wir in froher Loffnung, aber es war
immer etwas anderes, meistens eine mit den Zeitereigniffen
zusammenhängende Kollekte. „Wir haben falsch inseriert,"
meinte ich. „Man muß nicht in einer Anzeige etwas ver-
langen, was es wahrscheinlich gar nicht gibt. Wir haben
angezeigt: ein sauberes, bescheidenes, fleißiges Mädchen
wird gesucht. Das war Llnsinn. Wir hätten inserieren
müssen: ein unsauberes, freches, faules Mädchen wird gesucht.
Denn solche gibt es ganz sicher. O, dann wären schon manche
gekommen, sich vorzustellen."

Es gibt auch private Gesindevermietungsbureaus.
Meine Frau suchte einige auf, aber es war ganz zwecklos.
Das waren keine ^ermietungöbureaus mehr, sondern
Auktionölokale. Die paar Dienstmädchen, die dort vor einer
Aeberzahl von Damen sich sehen ließen, versteigerten sich
selbst ganz einfach, — wer den höchsten Lohn bot, bekam
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