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Offensive.


Rückzug.

Der Polizeigrog Von Peter Nobinson

Was ein Anapäst ist, wiffen Dichter und gebildete Laien. Es ist
ein umgekehrter Daktylus und sieht so aus ^ Forschheit, strammes
Vordringen, kühnes Begehren werden durch diesen Versfuß vortrefflich
ausgedrückt.

Der Schutzmann Friedrich Dubelke war kein Dichter. Ein Laie war
er zwar, aber kein gebildeter. Da wir hier ja ganz unter uns sind und
Dubelke nichts davon hören wird, können wir sogar ganz offen sagen:
Dubelke war eigentlich äußerft ungebildet. Wenn Dubelke es hören
könnte, würden wir uns natürlich hüten, das zu sagen; er würde uns

am Ende wegen Beamtenbeleidigung heran-
kriegen.

Dubelke wußte also ganz sicher nicht, was
ein Anapäst ist. Er wußte^überhaupt nicht,
daß es so etwas wie Versfüße gibt. Seine
Bekanntschaft mit der Dichtkunst beschränkte
sich auf einige wenige Gedichte, wie etwa:
„Leil dir im Siegerkranz", die „Wacht am
Rhein" und „Ich weiß nicht, was soll es be-
deuten". Wenn ihm nun jemand gesagt hätte,
daß diese Gedichte Füße haben, dann hätte er
das für eine wahnsinnige Behauptung, für
einen ganz ungeheuren Blödsinn gehalten. Am
Ende hätte er den Betreffenden wegen frecher
Verhöhnung festgenommen. Denn von seinem
Polizeistandpunkt aus ließ er hauptsächlich
nur zwei Arten von Füßen gelten: solche, die
zum Fortlaufen dienten, und andere, die das
Nachlaufen zu bewerkstelligen hatten, und diese
letzten waren natürlich Polizistensüße. Manch-
mal sind leider die zum Fortlaufen vorhande-
nen Füße schneller als die verfolgenden. Bei
Dubelke war das in der Regel der Fall. Denn
er war fett und kurz von Atem, — wie Lamlet.
Dies war aber auch seine einzige Aehnlichkeit
mit dem melancholischen Dänenprinzen. —

Also gut: es kann als ausgemacht gelten,
daß der Schutzmann Friedrich Dubelke nichts
von einem Anapäst wußte. !lnd doch kam eben
dieser Dubelke durch einen Anapäst sehr oft
in den Besitz eines großen Glases Grog. Das
ist viel für einen einzigen Anapäst, nicht wahr?
Selbst wenn man das große Glas Grog nur
mit fünszig Pfennigen berechnet — damals,
als diese Geschichte geschah, waren noch billige
Zeiten — ist es doch ein außerordentlich hohes
Lonorar. Dichter bekommen ja auch ein ganz
schönes Geld; manche kriegen für die Verszeile
fünfundfiebzig Pfennige oder gar eine Mark,
— aber für einen einzigen Verssuß können sie
nichts verlangen. Der Anapäst des Schutz-
manns Dubelke aber war überhaupt nicht ein-
mal in Silben oder Wörter gekleidet, sondern
wurde nur durch drei Klopftöne angegeben,
und das hing so zusammen.

Die Schenke „Zum lustigen Steuermann",
die ein gewiffer August Guth betrieb, unter-
stützt von seiner ledigen Schwester Mathilde,
lag am Korndamm und zwar linker Land ge-
rade dort, wo auf den Korndamm ein enges
und finsteres Gäßchen mündet, der Katergang.
Die Fenster der Schenke gingen nach dem
Korndamm hinaus; nach dem Katergang zu
hatte das Laus nur ein einziges, recht kleines
Fenster zu ebener Erde, und das gehörte zur
Küche des „Lustigen Steuermanns". Es ist
zu bemerken, daß das Laus sehr alt war und
demgemäß noch tüchtig dicke Mauern hatte, so
daß jenes kleine Fenster nach dem Katergang
wie in einer Löhlung lag und ein breites Ge-
sims hatte, auf das man, wenn man wollte,
irgend ein Gerät stellen konnte.

Zwischen neun und zehn Ahr abends halte
der Schutzmann Dubelke noch einen Rundgang
zu machen, und sein ihm genau vorgeschriebener
Bildbeschreibung
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