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Zeitschrift für Humor und Kunst 13Z

Der Polizeigrog

Weg führle ihn durch den Katergang auf den
Korndamm und dann weiter in belebtere Be-
zirke. Iedesmal nun, wenn er durch den Kater-
gang schritt, ereignete fich das Folgende. Du-
belke mäßigte, sowie er den Katergang betreten
hatte, seine sonst großen und laut hallenden
Schritte mehr und mehr, je näher er dem
erwähnten kleinen Fenster kam, so daß sie immer
sachter und leiser wurden bis schließlich, gerade
vor dem Fenster, in der dienstlichen Bewegung
des Schuhmanns ein völliger Stillstand eintrat.

Dann hob Dubelke die Äand, und — ja, und
nun kam der Anapäft: — — —. Nämlich zwei
leichte, gewiffermaßen kurze, und ein stärkerer,
gewissermaßen langer Schlag gegen das Fenster-
Ganz kurzeZeit darauf wurde dann das Fenster
von einer unsichtbar bleibenden Person — denn
die Scheibe war mit weißer Oelfarbs angestrichen
— ein wenig geöffnet, und ein großes Glas
Grog kam auf das Gefirns hinausspaziert,
worauf das Fenster sofort wieder geschloffen
wurde. Dubelke Pflegte zu diesem Vorgang
zu lächeln. Warum soll man auch nicht lächeln,
wenn man ein Glas Grog sieht, noch dazu ein
großes, und vor allem, wenn man dieses Glas
Grog haben kann? Denn natürlich konnte Du-
belke es haben, und er trank es, wenn auch
in Eile, so doch mit Behagen aus. Das leere
Glas setzte er dann wieder auf das Gesims
zurück; es konnte ruhig dort stehn bleiben, denn
zur Nachtzeit ging selten jemand durch den
Katergang, und in der Dunkelheit hätte über-
haupt niemand das Glas bemerkt. Aebrigens
verschwand es in der Regel schon nach einer Stunde, — das
war die Zeit, zu der Fräulein Mathilde Guth sich zurückzu-
ziehen pflegte und die letzten seßhaften Gäste ihrem Bruder,
dem Wirt zum „Lustigen Steuermann" allein überließ.




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Aasprüche der Neuzeit

— „Machen's, daß
S' weiter kommen!

Lamstern wollen's, und nicht mal 'nen Rucksack haben's mit."
— „Jch will ja nur ein Pfündchen Butter, lieber Mann; dazu
brauch' ich doch keinen Rucksack." - „Aber uns was mitzubringenl"

Der bescheidene Kunde — „Bedaure, hier wird nichts

gegeben." — „Ach, ich wollte
ja auch nur fragen, ob Sie nicht vielleicht ein Päckchen Tabak hätten."

Soll man nun darüber nachsinnen, wie der wohl von
niemand bestrittene Zusammenhang zwischen dem Anapäst
des Schutzmanns Dubelke und dem Erscheinen eines Glases
Grog irgend wann einmal zustande gekommen sein mag? Das
würde kaum lohnen, es würde doch nichts herauszu-
kriegen sein. Das einzige, was wir als sicher in Er-
fahrung bringen können, wenn wir forschend in die
Vergangenheit zurückgehn, ist der immerhin einen
gewiffen Anhaltspunkt gebende Amstand, daß der
Schenkwirt August Guth früher einmal die Kantine
in der Gröbenkaserne geführt, und daß in eben dieser
Kaserne, ehe er seinen Zivilversorgungsschein bekam,
Friedrich Dubelke stramm und tüchtig als Llnter-
offizier gewirkt hat.

Daß der Grog von seinem Konsumenten bezahlt
wurde, ist jedenfalls nicht anzunehmen; Schutzleute
dürfen auf ihrer Nunde ja überhaupt keine Zeche
machen. Ebenso ist als sicher zu erachten, daß August
Guth von dem zum Fenster im Katergang hinausge-
schobenen Grog etwas wußte, denn seine Schwester
Mathilde regierte nur über das heiße Wasser, er
aber über den Num, und außerdem hatte die Mathilde
keine eigentliche Vorliebe weder für Schutzleute im
allgemeinen, noch für Dubelke als Ausnahme. Viel-
leicht wünschte August Guth mit Rücksicht auf die
Polizeistunde, daß der Schutzmann Dubelke abends
immer bei recht guter Laune wäre, und ein Glas
Grog, besonders ein großes, ist bekanntlich eines der
allersichersten Mittel, in gute Laune zu kommen.
Wann aber einmal jene Verabredung getroffen wor-
den war, die doch nötig war, den Zusammenhang
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