OS) 165
Zeitschrift für Humor und Kunst
Schmuckel
gegeben ist die Mittellinie. die
Löhe, ein Winkel im Schnitt-
punkt der Diagonalen ..."
Der Inspektor müßte nicht
der Inspektor gewesen sein, hätte
er nicht gewußt, daß diese Pa°
ralleltrapezgeschichte die aller-
verschwefelste Aufgabe im gan
zen „Dicknether", Ausgewählte
Konstruktionen für Mittelschulen
war, und unter uns — wenn
ihn der Lehrer jetzt aus Ver-
sehen, anstatt des Schmuckels,
an die Tafel gerufen hätte, er
wäre aufgesefsen, glatt aufge-
sessen, statt anderen aufsässig zu
sein. Und es brach ihm jetzt
wahrhaftig ein gelinder Schweiß
aus, wenn er daran dachte: Wenn
jetzt der Schmuckel ftecken blieb,
und wenn ein andrer Schüler
auch nicht weiter wußte, und
wenn der Lehrer auch verdattert
würde, und wenn es dann seine
verdammte Schulinspektorpflicht sein würde, selbst an das
verflixte Paralleltrapez zu treten: „Aber Äerr Kollege, ist
ja kinderleicht — das macht man so und so und so ..."
Annütze Sorge. Der Schmuckel, der fixe Schmuckel,
war schon mitten in der Konstruktion und turnte mit der
Kreide und dem Zirkel auf dem Paralleltrapez herum, daß
einem ganz schwindlig wurde — Winkel rissen ihre Mäuler
auf — Parallele spielten Fangeinmandel, ohne sich zu
kriegen — DLagonalen kreuzten sich mit Würde, wie die
Bandeliere auf der Brust eines Napoleonsoldaten — Kon-
gruenzen führten Menuette auf und Mittellinien schmiß es
an die Tasel, ohne Nast und ohne Wenn und ohne „Aeh," —
ja so einer war der Schmuckel.
„'n verdammtfixer Kerll" preßte es dem Inspektor heraus,
trotzdem ein Schulinspektor
„verdammt" und „fix" und
„Kerl" eigentlich nicht sagen
durfte, sondern höchstens
„bemerkenswert" und „an-
stellig" und „Individuum".
Nach der Schule hat sich
der fixe Schmuckel mit dem
Paralleltrapez nicht weiter
aufgehalten, sondern hat
fix eine Stelle bekommen,
hat fix verdient, hat sich fix
verheiratet, war der fixeste
Läuseragent geworden weit
und breit. Es mag ja
sein, daß der Schulinspektor
damals noch einen ganz
andern Bauchaufschwung
als bis zum Läuseragem
ten von dem Musterschüler
Schmuckel erwartet hatte.
Etwa einen Gelehrten
aufschwung, Dichterauf.
schwung oderso was. Aber
derartige Aufschwünge er
fordern Wenn und Aber,
„Aehs" und lange Pausen der Aeberlegsamkeit zwischen
hinein. Womit der fixe Schmuckel sich aber wirklich nicht
aufhalten konnte, wenn er 's fix zu einem fixen Kerl mit
einem fixen Bankkonto bringen wollte.
Llnd das hatte er nun. Sogar eine fixe Frau zu seiner
fixen Läuseragentur. „Das muß man sagen," sagten die
Leute „ein patenter Läusermakler ist er, dieser Schmuckel,
wahnsinnig patent!" Denn von dreißig Iahren an sagt
man nicht mehr fix, sondern patent. Das gehört sich so,
und außerdem ist es patenter. Patent ist übrigens hinter
dreißig Iahren jeder Mensch, der etwas auf sich hält.
Schmuckel aber war unter den patenten Läusermaklern
eben auch wieder derjenige, wo — mit einem Wort,
er war wahnsinnig patent. Man hätte auch „furchtbar
patent" oder „rasend pa-
tent" oder „blödsinnig pa-
tent" sagen können. Aber
das waren andre Läu-
sermakler auch zur Not.
Schmuckel allein war wahn-
finnig patent.
„Wenn du irgend einem
Lausmakler ein Laus zu
verkaufen gibst," hieß es,
„was hat der für Bedenk
lichkeiten und Geschichten.
Dagegen der Schmuckel —
eins zwei drei, hat's schon
wegverkaust."
„Ia, und gar wenn du
ihn ein's kaufen läffest,
brauchst du nicht einmal
bis drei zu zählen — hat's
schon gekauft für dich, be-
vor du überhaupt noch
selber wußtest, daß du ein
Laus gewollt hast-
wahnsinnig, einfach blöd-
sinnig wahnsinnig, dieser
Schmuckel." „Blödsinnig
Zeitschrift für Humor und Kunst
Schmuckel
gegeben ist die Mittellinie. die
Löhe, ein Winkel im Schnitt-
punkt der Diagonalen ..."
Der Inspektor müßte nicht
der Inspektor gewesen sein, hätte
er nicht gewußt, daß diese Pa°
ralleltrapezgeschichte die aller-
verschwefelste Aufgabe im gan
zen „Dicknether", Ausgewählte
Konstruktionen für Mittelschulen
war, und unter uns — wenn
ihn der Lehrer jetzt aus Ver-
sehen, anstatt des Schmuckels,
an die Tafel gerufen hätte, er
wäre aufgesefsen, glatt aufge-
sessen, statt anderen aufsässig zu
sein. Und es brach ihm jetzt
wahrhaftig ein gelinder Schweiß
aus, wenn er daran dachte: Wenn
jetzt der Schmuckel ftecken blieb,
und wenn ein andrer Schüler
auch nicht weiter wußte, und
wenn der Lehrer auch verdattert
würde, und wenn es dann seine
verdammte Schulinspektorpflicht sein würde, selbst an das
verflixte Paralleltrapez zu treten: „Aber Äerr Kollege, ist
ja kinderleicht — das macht man so und so und so ..."
Annütze Sorge. Der Schmuckel, der fixe Schmuckel,
war schon mitten in der Konstruktion und turnte mit der
Kreide und dem Zirkel auf dem Paralleltrapez herum, daß
einem ganz schwindlig wurde — Winkel rissen ihre Mäuler
auf — Parallele spielten Fangeinmandel, ohne sich zu
kriegen — DLagonalen kreuzten sich mit Würde, wie die
Bandeliere auf der Brust eines Napoleonsoldaten — Kon-
gruenzen führten Menuette auf und Mittellinien schmiß es
an die Tasel, ohne Nast und ohne Wenn und ohne „Aeh," —
ja so einer war der Schmuckel.
„'n verdammtfixer Kerll" preßte es dem Inspektor heraus,
trotzdem ein Schulinspektor
„verdammt" und „fix" und
„Kerl" eigentlich nicht sagen
durfte, sondern höchstens
„bemerkenswert" und „an-
stellig" und „Individuum".
Nach der Schule hat sich
der fixe Schmuckel mit dem
Paralleltrapez nicht weiter
aufgehalten, sondern hat
fix eine Stelle bekommen,
hat fix verdient, hat sich fix
verheiratet, war der fixeste
Läuseragent geworden weit
und breit. Es mag ja
sein, daß der Schulinspektor
damals noch einen ganz
andern Bauchaufschwung
als bis zum Läuseragem
ten von dem Musterschüler
Schmuckel erwartet hatte.
Etwa einen Gelehrten
aufschwung, Dichterauf.
schwung oderso was. Aber
derartige Aufschwünge er
fordern Wenn und Aber,
„Aehs" und lange Pausen der Aeberlegsamkeit zwischen
hinein. Womit der fixe Schmuckel sich aber wirklich nicht
aufhalten konnte, wenn er 's fix zu einem fixen Kerl mit
einem fixen Bankkonto bringen wollte.
Llnd das hatte er nun. Sogar eine fixe Frau zu seiner
fixen Läuseragentur. „Das muß man sagen," sagten die
Leute „ein patenter Läusermakler ist er, dieser Schmuckel,
wahnsinnig patent!" Denn von dreißig Iahren an sagt
man nicht mehr fix, sondern patent. Das gehört sich so,
und außerdem ist es patenter. Patent ist übrigens hinter
dreißig Iahren jeder Mensch, der etwas auf sich hält.
Schmuckel aber war unter den patenten Läusermaklern
eben auch wieder derjenige, wo — mit einem Wort,
er war wahnsinnig patent. Man hätte auch „furchtbar
patent" oder „rasend pa-
tent" oder „blödsinnig pa-
tent" sagen können. Aber
das waren andre Läu-
sermakler auch zur Not.
Schmuckel allein war wahn-
finnig patent.
„Wenn du irgend einem
Lausmakler ein Laus zu
verkaufen gibst," hieß es,
„was hat der für Bedenk
lichkeiten und Geschichten.
Dagegen der Schmuckel —
eins zwei drei, hat's schon
wegverkaust."
„Ia, und gar wenn du
ihn ein's kaufen läffest,
brauchst du nicht einmal
bis drei zu zählen — hat's
schon gekauft für dich, be-
vor du überhaupt noch
selber wußtest, daß du ein
Laus gewollt hast-
wahnsinnig, einfach blöd-
sinnig wahnsinnig, dieser
Schmuckel." „Blödsinnig