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186 Meggeudorfer-Blätter, München Nr. 1447

Der große Geldsack

das Geld zu Ihrer Verfügung. Am 11 Ahr können Sie es
bei mir erheben, — mein Wort darauf! And wenn ich alle
meine Groschen zusammenkratzen müßteb — Er gibt mir auch
eine Vifitenkarte; für den Fall, daß er nicht zu Lause wäre,
sollte seine Wirtin mir gegen die Karte das Geld verabfolgen.
Anscheinend aus reiner Liebenswürdigkeit fragt er mich noch,
wo ich denn mit meiner Tante hin wolle, und ich, gut und
harmlos, erzähle ihm, daß ich nach Starnberg, Tutzing und
Ammerland mich zu begeben und von letzterm Ort am
Pfingstmontag den schönen Weg nach Seeshaupt zu wan-
dern gedächte, wo ich dann mit meiner Tante am Wasser
im Wirtshaus zur Post zu Mittag speisen wollte.

Dann verließ Sterly das Lokal. Er lächelte mir beim
Abschied bedeutungsvoll zu, und ich drückte ihm warm die
Äand. O Verehrtester, ich hätte ihm nicht die Land ge-
drückt, wenn ich geahnt hätte, daß dies Lächeln falsch war,
ein heuchlerisches Krokodilslächeln. Staunen Sie und schau-
dern Sie mit mir, wie ich geschaudert habe, als Pfingsten,
das liebliche Fest, gekommen war und mir um 11 Ahr vor-
mittags, zur festgesetzten Stunde von Alfred Sterlys Wirtin
200 Mark ausgehändigt wurden. Aber wie? In einem
Sack, Verehrtester, in einem Sack von lächerlich blauer
Farbe. !lnd in diesem Sack, ihm ein gewaltiges Gewicht
verleihend, befanden sich eine Anmenge von Groschen und
Fünfpfennigstücken. Es mögen wohl 200 Mark zusammen
gewesen sein, aber gezählt habe ich sie nicht.

Verehrtester, ich habe mir oft gewünscht, einmal etnen
ganzen Sack Geld voll Stolz davon tragen zu können. Den
Sack mit dem Geld hatte ich nun, aber wo war der Stolz?
O, er wäre schon da gewesen, wenn in dem gräßlich blauen
Sack herrliche Goldstücke gewesen wären. Zu den Nickel-
stücken kam der Stolz nicht. Ach nein, sehr voll Demut
schleppte ich meinen blauen Teufelssack, es den Göttern
überlaffend, ob sie mir eine Erklärung einfallen lassen wollten,
die der Tante meine Ausrüstung begreiflich erscheinen lassen

würde. Gott sei Dank, — die Götter halsenl Tante Lllrike
wartete schon und marschierte gleich mit mir ab, ein kleines
ledernes Landtäschchen schwingend, das jedensalls ihr Nacht-
zeug barg. Wir wollten ja in Ammerland Nachtquartier
nehmen. Nun schüttelte Tante ülrike den Kopf und meinte
verwundert: „Aber lieber Adam, was ihr in München für
merkwürdige Sitten habtl Ich bin schon nicht für eure
Rucksäcke, aber einfach sein Nachtzeug in einen Sack zu tun,
noch dazu in einen blauen Sack, — nein, das scheint mir
doch gar zu ungezwungen." —

Wir speisten im — doch nein, ich will den Namen des sonst
vorzüglichen Lokals nicht nennen, um ihm nicht Reklame zu
machen. Es verdient fie nicht, — wegen der Anverschämt-
heit seiner Bediensteten. Zch legte den Sack neben mich
auf einen Stuhl. Der Kellner, der uns, sonst freilich durch-
aus gebührlich, bediente, sah jedesmal, wenn er erschien,
mit einem Blick darauf, der die blaue Äülle durchdringen
zu wollen schien. Das war Impertinenz, das war unziem-
liche Neugier. Aebrigens sollte diese Neugier ja befriedigt
werden; ich mußte doch zahlen. Das tat ich — es war ja
noch früh und das Lokal leer — an sinem andern, einige
Reihen entfernten Tisch, gewiffermaßen, als wollte ich meine
Dame nicht mit dieser geschäftlichen Erledigung belästigen.

Die Zeche betrug 18 Mark. Wertgeschätzter Gönner:
Wenn in einem hochfeudalen Lokal ein Gast dem Kellner
18 Mark in Nickelstücken aufzählen will, so stempelt ihn
solches Tun zu einem Individuum, das eigentlich nichts in
einem derartigen Lokal zu suchen hat. Ich tat aber so, als
wäre dies die felbstverständlichste Sache von der Welt, ja
geradezu ein adeliges Beginnen; kühn griff ich in den
Sack hinein, etwa wie ein Fürst, der Geld unter das
Volk schmeißen will. Einen Niesenhaufen Nickelstücke tat
ich auf einen Teller. In meinem Leben habe ich schon
viele Menschen sich über mich wundern sehn, aber so wie
der Kellner, hat sich noch niemand gewundert. Geradezu
hilflos grabbelte er in dem Gelde herum, ungewiß, ob er

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