Zeitschrift für Humor und Kunst
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vrr. 1462
Der Trauerbesuch
In dieser beinahe andächtigen Stimmung begaben sich
die beiden zu Bett. Als Farken lag, nahm er noch einmal
das Wort:
„Mudder wenn ich erft Vürgermeister bin, dann setz'«
ich Krischan Puhlmann ab. Wie er den eben gefiorbenen
Bürgermeister nennt — ich will nicht sagen, daß da nichts
von wahr ift — aber wie leicht kann er mir auch so nennen —"
„Tschä, das mein' ich mit, Vadder. Aber was steht
denn auf dem Zettel?"
Der Bauer hörte die Frage nicht mehr. Er schlief
bereits, schnarchte wie eine Sägemühle und träumte davon,
daß er zum Oberpräsidenten von Lannover ernannt sei.
Am nächsten Morgen rasierte sich Wrard, obwohl erst
sünf Tage seit der letzten Rasur vergangen waren, zog
seinen Kirchenrock an und setzte den Stachelhut auf. Dieser
hatte fich nicht im geringsten durch die nächtliche Politur
beeinflussen lassen, was Farken aber seit drei Iahrzehnten
ignorierte, da er das Experiment seit dieser Zeit mit rühren-
dem Optimismus wiederholte, so vft er des Lutes benötigte.
Langsamen und feierlichen Schrittes ging er dem Slau-
kopphofe zu.
Mie anzunehmen war, traf er dort alles in heller Auf-
regung und Traurigkeit. Wiard nahm es der verweinten
Tine, der Bürgermeisterin, nicht weiter übel, daß sie keine
Notiz nahm, von der Achtung, die er ihrem Schmerze durch
seinen äußeren Menschen zollte. Aber daß sie selbst sich in
ihrer Kleidung — fie trug Stall Lolzschuhe und einen grün-
schwarz karrierten Arbeitsrock — so wenig der Würds der
Situation,schonin schuldigsrBeachtungangssehenerGäste,an-
paßte, das nahm er eigentlich übel. Indessen er zeigte es nicht.
In den Zügen teilnehmenden Schmerz, der für einen
Zuschauer die Befürchtung erwecken mußte, als würde Farken
nun gleich den Nasenkopf mit der riesigen Anterlippe herunter-
holen, so reichte er Tine die Land. Doch die bemsrkte es nicht.
„Tine, wie is es so schnell mit ihm gekommen?"
Die Bürgermeisterin schluchzte.
„Tschä, seit vorgestern da hat er sein Futter nicht
mehr gemocht. All das brste, da hat er nichts von an-
gerührt, weil ihn sein Maul weh tat. Llnd so ging das
weiter. Gestern nachmittag, da warf er sich hin und kriegte
einen dicken Leib. Gestöhnt hat er, daß ein das nich mit
anhören konnte, und um Ahre sechs is er alle gewesen."
Farken kannte die derbe Ausdrucksweise von Tine,
aber da sich seit letzter Nacht seine Gefühle verfeinert hatten,
wurde er heute doch sehr unangenehm dadurch berührt.
Ec wußte nicht gleich was zu sagen, dann meinte er: „Ia,
die Sucht! War der Doktor dabei?"
„Gewiß doch. Aber der sagte gleich, als er ihn sah:
„Ia, das soll wohl sein," sagte er, „daß der nicht mehr
fressen will, da kann ich auch nicht helfen. Llnd das is
heute schon der dritte, der an dte verdammte Sucht hingeht."
„Der Doktor ist einen alten, häßlichen Ekel, wenn er
so was sagt," rügte Wiard mit Betonung, und fuhr dann
sort: „Tschä, hm, na, ja, sterben müssen wir alle, und was
die andern sind, die müssen sich beistehn. And was es zu
tun gibt, bis die Gemeinde darüber beschlossen hat, was
werden soll, das nehm ich gern in die Land, weil daß ich
von Freundschaft wegen der nächste dazu bin."
Tine sah den Eprecher, wahrscheinlich wegen der un-
gewvhnten Bsredsimkeit mit blöden Augen an.
„§>at Vadder sehr leiden müssen?" fragte der weiter.
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