Zeitschrift für Humor und Kunft
Vorbeugend
— „Was schimpfst denn so über die Skeuern, — du zahlst ja beinah' keine."
— vZch hab' aber 'n Lotterielos, — am End' mach' ich 'n Laupttreffer."
Auf dem Dienstweg
jungen Manne zukommt, der fich einbilden kann, seine Pflicht
vorbildlich ersüllt zu haben, und der von einem gewiffen
Schnucki unter Androhung erheblicher Körperverletzungen
sür abends 7 Ahr an den Neptunbrunnen bestellt ist.
IV.
Der Lerr Registrator Schnürlich waltete seines Amtes
seit 35 Iahren mit Leib und Seele und liebte seinen Beruf
aus aufrichtiger Lerzensneiqung zum Negistrieren. Schon
als Kind hatte er die Bildchen, die man ihm gesckenkt, tage-
lang geordnet und nach allen möglichen und unmöglichen
Gesichlspunkten zusammengelegt, und sein Eintritt in die
Amtsregistratur bedeutete den Tag, an dem er das Leben
in seiner ganzen Fülle von Registriermöglichkeiten kennen
und lieben gelernt.
Bei ihm sammelten sich die erledigten amtlichen Briefe.
Mit Feldherrnblick erkannte er sosort, in welches Faszikel
sie gehörten, und sein Stolz war, es im Laufe der Iahre
soweit gebracht zu haben, die Reaifiriermerkmale eines
Schreibens sozusagen automatisch seftstellen zu können, ohne
dasselbe nach Sinn und Inhalt prüfen zu müssen.
Leute aber bekam sein Selbftbewußtsein einen starken
Stoß. Auf den erften Griff hatte er unter den Eingängen
einen Brief gefühlt, dessen Papier und Format jedem
dienstlichen Charakter Lohn sprachen. Sein Staunen aber
wandelte sich in ängstliche Verwunderung, als die geübten
Regifiratoren-Augen nicht aus den ersten Blick und auch
nicht auf den zweiten ein Merkmal fanden, nach dem der
Brief einzuhesten g-wesen wäre.
„Schnucki," murmelte er kopfschüttelnd und wußte ge-
nau, daß ein Faszikel mit diesem Betreff in der ganzen
Regifiratur nicht existierte. „Schnucki" — brummte er und
war schon entschloffen, ein veues Aktenstück mit dieser Fahne
anzulegen. „Kein Abiendeort angegeben" — ärgerte er
sich — „daß man's wentgftens in den betreffenden Kom-
munalverband legen könnte!"
In Registrator Schnürlich erwachte der Berufsehrgeiz.
Er sollte sich durch diesen winziaen Brief unterkriegen
lassen? Er sollte sich nachsagen müffen — nach 35jähriger
erfolgreicher Tätigkeit war der Negiftrator Schnürlich einem
Aktenprodukt mit der Anterschrift „Schnucki" hilflos gegen-
übergestanden?
Niemals!
Seine Augen bekamen den Glanz eherner Anerbittlich-
keit und jeine Stirne die Falten unendlich tiefen Denkver-
mögens, als er sich erneut über den verflixten Brief beugte.
And mit Erfolg!
„Neptunbrunnen!"
Jetzt hatte er's! And oufatmend heftete er das zier-
liche, duftende Schreiben in das Aktenfiück „Denkmäler und
öffentliche Anlagen."
Eine halbe Stunde nach der amtlichen Bürozeit ver-
ließ Äerr Schnürlich seine Negistratur — ein seltenes Er-