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Zeitschrift für Humor und Kunst

DaS Sicherheitsschloß

schwatzen lassen, sei vielleicht alles andere, nur kein
Schloß.

And damit hatte sie anscheinend recht. Denn
auf den ersten Blick hatten die beiden durchbohrten
Eisenplatten, von denen die eine auf die Tür selbst,
die andere dicht daneben auf den Türrahmen und
zwar von außen aufgeschraubt werden sollte, über-
haupt nichts Sicherheitsschloßähnliches an sich. Aber
da fehlte ja noch die Lauptsache: das Mittelfiück,
das dann auch Lerr Maier nach längerem Suchen
glücklich aus einerseinerLosentaschen zu Tage förderte.

Erst wenn man dieses Mittelstück über die beiden
seftgeschraubten Teile schob und mit einem doppel-
bärtigen Scklüffel darauf festschloß, sah das Ganze
wie ein Schloß aus.

Freilich war seine Landhabung etwas unbequem.

Am es zu schließen, mußte man nicht nur den Schlüssel,
sondern auch das abnehmbare Mittelstück zur Land
haben. Aber das waren schließlich nur Nebensächlich-
keiten, die neben der über jedem Zweifel ftehenden
Zweckmäßigkeit des Schlosses mit in den Kauf ge-
nommen werden mußten. Das sah endlich auch Frau
Maier ein, und nachdem dann noch in den nächsten
Tagen mehrere Generalproben, bei denen Lerr Maier
den mit Stemmeisen und Dietrich bewaffneten Ver-
brecher darzustellen hatte, zu ihrer Zufriedenheit aus-
gefallen waren, beschloß man, die Abreise zu wagen.

Zum Glück erinnerte man sich im letzten Augen-
blick auch der gefährdeten, im Keller vorsorglich auf-
gestapelten eßbaren Schätze, und da es nach Maiers
wohlbegründeter Ansicht jetzt keinen sicheren Ort als
ihre Wohnung gab, so kam man überein, auch sie
der Zuverlässigkeit des neuen Schlosses für vier
Wochen anzuvertrauen.

Daß Maiers natürlich nicht so töricht waren,
vor der Abreise Fenstervorhänge und Nolläden
herunterzulassen, versteht sich eigentlich von selbst.
Gerade durch solche scheinbare Zweckmäßigkeiten zog man
die Augen der überall dutzendweise herumlungernden Spitz-
buben auf sich, die nur auf einen derartig einwandfreien
Arbeitsnachweis warteten, um darauf mit einem stillen
Besuche reagieren zu können.

Nein, in diesem Punkte waren Maiers schlauere Leute.
Maiers opferten sogar ihrer Ansicht, daß man, um vor
Einbrechern sicher zu sein, eine dauernd benützte Wohnung
vortäuschen müsse, zwei von Lerrn Maiers seligem Groß-
vater abgelegte Anterhosen, indem fie diese Beweisstücke
offensichtlich vor aller Welt auf einer über den Balkon
gezogenen Leine anscheinend zum Trocknen aufbängten.

Selbstverständlich fand dann die Abreise im Einklange
mit den tief durchdachten Vorbereitungen nicht am hellen
Tage ftatt. Sie vollzog fich vielmehr eines Nachts zwischen
drei und vier Ahr und wurde mit solchem Geschick durch-
geführt, daß am nächsten Morgen niemand im Lause auch
nur eine leise Ahnung davon hatte, daß sich Maiers schon
seit mehreren Stunden auf dem Wege zur Sommersrische
befanden und zwar in einer so zufriedenen und zuversicht-
lichen Stimmung, wie fie zur Erzielung einer guten Ver-
dauung gar nicht besser sein konnte.

Daß dies so war, daran h^tte außer den schon erwähnten
Maßnahmen noch eine Idee Anteil, die Lerr Maier noch
im letzten Augenblick entwickelt hatte und die er nachts
zwischen drei und vier Ahr beim flackernden Lichte eines
Kerzenstümpfchens mit wispernder Stimme seiner Ehegenossin


auseinandersetzte. Nach seiner Meinung nämlich sei es
richtiger, das Sicherheitsschloß nicht vorzulegen, weil das
von außen vorgelegte Schloß alle bisher mit einem so
großen Aufwand von Scharfsinn getroffenen Schutzmaß-
nahmen illusorisch machen würde, sobald man es nämlich —
benutze. Denn jeder Spitzbub könne fich dann und zwar
schon durch einen einzigen Blick davon überzeugen, daß
Maiers nicht in der Wohnung seien. Llnd was ein richtiger
Spitzbub war, der fand dann auch noch einen andern Weg
als durch die Tür.

Es dauerte einige Zeit, bis sich Frau Maier in den
Zwang dieser Logik hineingedacht hatte. Denn einmal war
sie im Nackgehen von Gedankengängen ihres Eheherrn
nur wenig geübt, weil das eine nach ihrer Meinung zu
wenig fruchtbare Tätigkeit war. Dann aber konnte sie fich
vor allem nicht mit dem Gedanken abfinden, daß man doch
nicht deshalb ein Sicherheitsschloß gekauft und angebracht
hatte, um es nachher im gegebenen Augenblick nicht zu
benutzsn. Etwas mußte da wohl nicht ftimmen: entweder
taugte das Schloß nichts, oder Lerrn Maiers Logik hatte
irgendwo einen Sprung.

Immerhin wußte Lerr Maier seine Anficht geschickt zu
verteidigen. Das sei ja gerade der Witz bei der ganzen
Sache, auf den er seinen Plan aufbaue, dozierte er. Nie-
mand werde doch auf den an sich blödsinnigen Gedanken
kommen, es kaufe sich jemand ein Sicherheitsschloß, um
hernach seine Tür aufstehen zu lassen. Ieder werde jetzt

Der Herr Zirkusdirektor und sein dressierter Pelikan
 
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