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142

Meggendorfer-Blätter, München

Nv. 147h

— „Donner, Frau Kulicke, Sie nähen mir den Knopf wohl
am Bauch anl"

— „Macht nichts, Lerr Doktor, so 'n bißchen Schmerz be-
deutet Glück, — da kommen Sie gut durchs Examen."

— „Na, wenn das stimmt, — nach dem, wie ich präpariert
bin, müßte ich mir da ein Dutzend Zähne reißen laffen."

Ein Luftschloß

Eine so Lberaus vergnügte Miene hatte ich seit langer
Zeit nicht an Lerrn Plesch gesehn. Diese Miene war
umso auffallender, als er fich nur langsam und etwas hum-
pelnd fortbewegen zu können und selbst diese Gangart ihm
Schmerzen zu bereiten schien, denn von Zeit zu Zeit wckte
über den Sonnenschein auf seinem Antlitz als flüchtige
Wolke die wahrnehmbare Reaktion auf irgend ein körper-
liches Weh. Aber gleich danach strahlte er wieder in Freude.

„Wie geht es Zhnen, Lerr Plesch?" fragte ich.

„Famos!" lächelte Plesch mich an. „Reißen hab' ich
im rechten Bein, ganz gräßliches Reißen. Wer so etwas
noch nicht selbst hat spüren müssen, der hat gar keine
Ahnung, wie hundsgemein das weh tut."

„And das nennen Sie, es gehe Ihnen famos?" wandte
ich ein.

„Paffen Sie aufl Das Reißen wird bald vorüber-
gehn. Mein Arzt hat mir ein Mittel dagegen gegeben,
ein sehr bewährtes Einreibungsmittel nach einem alten
Rezept. Ich soll es mir selbst herstellen. Ein halb Dutzend
Droguen mit merkwürdigen Namen soll ich in Weingeist
auflösen. Weingeist darf jetzt nur gegen Rezept verkauft
werden. Mein Arzt ist verständig; er hat mir doppelt so
viel aufgeschrieben, wie ich brauche. Von der Lälfte kann
ich also Schnaps machen, herrlichen Schnaps, Orangenlikör,
— ich habe nämlich noch getrocknete Orangenschalen."

»Das ist allerdings ein Grund zur Freude," gab ich
zu. ^Aber so viel Schnaps wird das doch nicht geben, —
da ist er mit den Schmerzen immerhin teuer erkauft."

„Ja, was denken Sie dennl* frohlockte Plesch. „Zch
habe nun einmal das Rezept, und davon kanu ich doch öfter
Tebrauch machen. Zetzt gehe ich in die Ruprecht-Apotheke,
aber Mvrge» holr ich mir Weiugeist aus der Pelikan-
Apscheke, «rd übermvrge« a«s der SirivS-Apocheke m»d

daun aus der Elesanten-Apotheke ustv. Was ich alles fkr
Schnäpse brauen werde! Kümmel, AniS, KalmuS — kennen
Sie Kalmusschnaps? Nein — sehr gut, müffen Sie dann
mal bei mir probierenl — Genever, nämlich auS Wacholder-
beeren, — na usw. Lerrlich, nicht wahr? Aber Sie müffen
nun nicht etwa glauben, daß ich jetzt unheimlich zu saufen
anfangen werde. Bewahre, meine Schnäpse werden mir zu
andern guten Dingen verhelfen. Was meinen Sie wohl,
waS ich alles kriegen werde, wenn ich mit Schnaps zu den
Bauern aufs Land komme! Butter und Schmalz und
Eier und Epeck und herrliches weißes Bauernbrot, — alles,
was ich nur will. Denn Schnaps cntbehren die Bauern
natürlich ganz entsetzlich. — Aber jetzt muß ich hftr in die
Apotheke hinein. Auf Wiedersehn!"

Damit ging Lerr Plesch in die Ruprecht-Apotheke.
Jch hatte nebenan auf dem Postamt etwas zu besorgen,
und als ich wieder auf die Straße kam, trat auch Lerr
Plesch gerade aus der Apotheke. Er hatte richtig eine ein-
gewickelte Flasche in der Land. Aber der Frohfinn war
von seinem Antlitz gewichen; er sah sehr brummig aus.

„War denn der Weingeist so teuer, Lerr Plesch?"
erkundigte ich mich.

„Ach so, damit war's nicht so schlimm," grunzte Plesch.
„Aber wissen Sie, was pasfiert ist? Das Rezept hat der
Apotheker nicht wieder hergegeben; das muß er bei Wein-
geist behalten, sagt der Kerl. Wie mir jetzt mein Bein
weh tut, — davon haben Sie gar keine Ahnung." -on.

Die ^i-eikeit

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vsr>v>5<ben 5teblen, plünciern, ksuben.
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f^sn clsrf 8>cb slle8 jetrt erlsubenl

Os kommt msn ru clem 5«bluk uncl meint:

I^sncb Outs8 sucb ging in ctie 8in5en.

Oie breibeit Iscbt? ?lcb Qott, 8>e 5cbeint
5iucb msncbmsl 5cbllmm UN5 snrugrln^en.

OväLQSLsLs

Zur Vorforge

Lerr Zwiebler kam gerade auS der Apotheke heraus,
als ich ihn traf. Das wunderte mich, denn er ist kerngesund.
„Woran fehlt's denn, Lerr Zwiebler?"

„Ach, ich hab' mir nur ein Achtelpfund doppeltkohlen-
saures Natron gekauft."

„O, 0, — ist Zhr Magen uicht ganz iu Ordnung?"
„Vollkommen, — aber wiffen Sie: nun kommt doch
daS amerikauische Schweiuefett, m»d dara» ist «au doch
«icht «ehr recht gew^At."
 
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