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Zeitschrift für Humor und Kunft

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Der hiesige Aulor

sie sinv meift ein unfruchtbares Feld sür mich. Nicht
wahr, einmal geht so ein Beamter mit der Frau und
mit den Töchtern, wenn sie schon so weit sind, ins Theater
hinein, aber damit muß es genug sein, denn der Mann
muß mit seinem Gehalt rechnen und vor allem vielerlei
Dinge kaufen, von denen man lebt. Von Eintritts-
sarten für das Theater lebt man aber nicht, — nur die
Theaterdirektoren, insofern fie solche Karten verkaufen.

In Storchenburg, sehen Sie, ist das nun aber
anders. Storchenburg hat eine außerordentlich frucht-
bare Amgegend mit viel wohlhabendem Mittelbesitz,
was wieder der Stadt zugute gekommen ist, indem
dort ein gut gestellter Kaufmanns-, Gewerbe- und
Landwerkerstand herangewachsen ist. Landel und
Wandel blühen, oder wie der Dichter sagt: da strömet
herbei die unendliche Gabe, es füllt sich der Speicher
mit köftlicher Äabe, — beziehungsweise ein nettes
Konto gedeiht auf der Bank, und die ersprießliche
Folge ist, daß Storchenburger Töchter in der Regel
ein ansehnliches Sümmchen in die Ehe mit bekommen.

Die Beamten also, die sich in Storchenburg verheiratet
haben, genießen meift eines angenehmen pekuniären Rück-
haltes. Der Mann als Beamter hat die höhecen geistigen
Interefsen, die Frau Geld in die Ehe gebracht, — na also,
da gehen sie eben gern ins Theater, besonders, wenn das
Vergnügen jedes Iahr nur drei bis vier Wochen zu haben
ist. Die Leute in Storchenburg warteten schon immer mit
ordentlicher Gier aus mich. Frohe Mienen empfingen mich
und die Meinen; der Wirt des Schützenhauses, in defsen
Saal wir spielten, nahm uns mit Behagen auf, denn er
wußte ja: die Mittel, zu bezahlen, würden schon reichlich
einkommen. Selbstverständlich, die Leute liesen ja ins Theater.
Ach was, sie liefen nicht nur, sie strömten sogar.

Nun aber stellen Sie sich vor: als ich wieder einmal
nach Storchenburg komme, in dem angenehmen Gefühl, ge-
sicherten Tagen und reichen Ernten entgegenzugehen, — o
weh, da werde ich am ersten Abend gräßlich aus diesem
angenehmen Gefühl herausgerissen, und am zweiten Abend
grinst mich sogar das Gespenft schmählicher Pleite warnend
aus der Ferne an. Solide und hausbacken fing ich mit
dem „Störensried" vom alten Benedix an, — statt des
ausverkausten Lauses, aus das ich hätte wetten mögen,
denn es war noch dazu an einem Sonntag, hatte ich nur

eine höchstens zu einem
Drittel gefüllte Bude. Am
zweiten Abend kam ich den
Swrchenburgern klassisch;
„Kabale und Liebe" ging
in Szene, aber im Par-
terre, über das der Lof-
marschall von Kalb, wie der
große Schiller vorschreibt,
einen Bisamgeruch ver-
breiten soll, besanden sich
sehr, sehr wenig Nasen,
diesen Bisamduft zu riechen.

Was aber war der
Grund? Fch suchte ihn,
ich forschte nach ihm, und

— „Sie als Wortführer, Schulze? Was geht Sie die Gehalts-
scage überhaupt noch an, da Ihnen doch zum Ersten gekündigt ist ?"

— „Gerade deshalb spreche.ich, Lerr Direktor, — den Wortsührer
werden Sie doch jedensalls hinausschmeißen wollen."

der am Gedeihen meines Llnternehmens sehr interessierte
Schützenhauswirt brachte mich aus die richtige Spur: ich
fand ihn. Obermüller hieß der Grund, Doktor Wilhelm
Oberpiüller. Dieser Mann, ein Philologe, lebte und
wirkte seit beinahe einem Iahre in Storchenburg als Ober-
lehrer am Gymnasium. Zu Beginn des vorigen Oster
semesters war er dorthin versetzt worden. Ich weiß nicht,
worin er sonst noch unterrichtete, aber sein Lauptsach war
der deutsche Anterricht, und vorzugsweise war es wohl seine
Aufgabe, die Schüler mit den Schönheiten unserer deut
schen Dichtungen bekannt zu machen. Das Gymnasium
pflsgt in der Betrachtung dieser Schönheiten außerordent-
lich gründlich zu sein; die Schüler müssen sie so lange von
allen Seiten immer und immer wieder anschauen, bis sie
schließlich überhaupt nichts mehr davon sehn. Ein einziges
Drama reicht oft sür ein ganzes Schuljahr aus. Das aber
war für Doktor Obermüller zu wenig; dem Mann genügten
auch seine Schulklassen nicht, er wollte nicht nur die künftige,
er wollte auch die jetzige Generation noch mit literarischer
Bildung vollftopfen, denn ein richtiger Lehrer steht immer
wie eine forsch betriebene Dampfmaschine ein bißchen unter
Lochdruck und will nicht allein seine Schüler, sondern alle
Leute belehren, mit denen er in Berührung kommt, — aus-
genommen natürlich seine
Vorgesetzten, den Lerrn
Gymnasialdirektor und den
Lerrn Schulrat. Was also
tat dieser unselige Philo-
loge, dieser Doktor Ober-
müller? Er erklärte, alle
Schöngeifter der Stadt
müßten sich sammeln und
was Tüchtiges sür die
Pflege literarischer Bil-
dung tun. Lieraus ergab
sich, daß Storchenburg un-
gemein viel Schöngeister
in seinen Mauern beher-
bergte. Nun ja, jeder will

Das große Licht

Metamorphose

und der

Lichtauslöscher.
 
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