Zeitschrift für Humor und Kunft L35
Kommen Sie herein, mein L>err, Sie zahlen nur eine Mark, weil Sie 's sind
Ietzt dös is gut, woher wissen Sie denn, daß ich's bin."
Schwer von Begriff
Dle Zenz
Merkwürdig, als fie has Wort so fremd und kopf-
schüttlig aussprach, wurde es mir selber fremd. „Sie wollen
wissen, was Gast ist, Zenz?" sagte ich, „Gast ist g—a—s—t,
verstanden?"
„Ia, also fangen wir jetzt an . . ." Da nahm ich einen
Anlauf. Eine Nede hielt ich: „Zenz", sagte ich, „Sie find
jeht siebzehn Iahre bei uns. Sie haben immer gearbeitet.
Sie waren nie in einen Arlaub zu bringen. Sie müssen
fich einen Zwangsurlaub gesallen laffen, fich auch einmal
bedienen lassen. Zenz, Sie müffen endlich ausruhn —"
„Ausruhn — haha, ausruhn —" Wieder sprach sie
das vertraute Wort so fremd aus, daß es uns alle anzu-
glotzen anfing. Ausruhn, heiß ich, a—u—s—r—u-h—n —
nicht wahr, fast so sonderbar wie Numpelftilzchen — kein
Mensch weiß, woher ausruhn kommt — ja ja, indogerma-
nisch, aber woher kam es dorthin? — ja ja, Sanskrit, aber
wie kam es ins Sanskcit — nein, Kinder, nein, die Zenz,
die hat schon recht: ausruhn ift ein unverständlich Wort,
ein Runenwort, und niemand weiß, ob's giit ist oder
verrucht . . .
„Mit Familie?" las der Loteldirektor kritisch meinen
Eintrag in die Liste, „genügt nicht — jeden einzeln, bitte.
Sie heißen?"
„Zenz."
„And weiter?"
„Weiter nix — wenn nur die Möbel kämen."
Statt der Möbel kam das Mittagessen. Der Ober
kam mit seiner Platte. Zenz suchte sie ihm abzunehmen.
^Ich bediene, bitte," sagte er beleidigt.
Man sah's der Zenz an, nichts schmeckte ihr. Aß man
ein Lebenlang in seiner Küche, so friert man am Loteltisch.
Alle Augenblicke stand fie befangen auf, mit rudernden
Armen: „Soll ich — soll ich jetzt — ?"
„Ruhig sitzenbleiben und sich's wohl sein laffen sollen
Sie —"
„Ach ja, wenn nur die Möbel endlich kämen."
Nach dem Essen gab es einen Krach im Gang. Das
Zimmermädchen stand, mit den Länden in den Lüften, vor der
Zenz: „Die Zimmer gehn Sie gar nichts an, die räume ich auf!"
Die Zenz verschwand. Am die Kaffeezeit wurde ich
ans Telefon gerufen: „Lier der Lauswirt. Ihre Wohnung
wurde Ihnen heute Morgen übergeben?" — „Allerdings."
— „In tadellosem Zustand." — „Wieder richtig." „Gut,
dann sagen Sie Ihrem Mävchen, es habe keinen Zweck,
gefegte Räume jetzt zum dritten Male nachzufegen."
Onkel Franz wurde abgeordnet, die Zenz tot oder
lebendig zum Spaziergang mitzubringen. Er brachte fie
lebendig. Sich selbft halbtot vor Anstrengung: „Sie wollte
nicht und wollte nicht," berichtete er, „Zenz, sage ich schließ
lich, Sie bilden sich wohl ein, Spazierengehn sei keine Arbeit?
— na, da ist sie mitgekommen — bscht, seht, wie sie sich
umguckt
Sie schaut uns traurig an. Wir wollen sie ermuntern:
„Schöne Kurpromenade, nicht wahr, Zenz?"
„Schön? ja ja, aber wenn nur die Mö—"
„Und sehen Sie fich die bunlen Toiletten an, Zenz."
„Toiletten? ja ja, wenn nur —"
And sehen Sie, Zenz, wie sonderbar der Berg dahinten
geformt ist."
Kommen Sie herein, mein L>err, Sie zahlen nur eine Mark, weil Sie 's sind
Ietzt dös is gut, woher wissen Sie denn, daß ich's bin."
Schwer von Begriff
Dle Zenz
Merkwürdig, als fie has Wort so fremd und kopf-
schüttlig aussprach, wurde es mir selber fremd. „Sie wollen
wissen, was Gast ist, Zenz?" sagte ich, „Gast ist g—a—s—t,
verstanden?"
„Ia, also fangen wir jetzt an . . ." Da nahm ich einen
Anlauf. Eine Nede hielt ich: „Zenz", sagte ich, „Sie find
jeht siebzehn Iahre bei uns. Sie haben immer gearbeitet.
Sie waren nie in einen Arlaub zu bringen. Sie müssen
fich einen Zwangsurlaub gesallen laffen, fich auch einmal
bedienen lassen. Zenz, Sie müffen endlich ausruhn —"
„Ausruhn — haha, ausruhn —" Wieder sprach sie
das vertraute Wort so fremd aus, daß es uns alle anzu-
glotzen anfing. Ausruhn, heiß ich, a—u—s—r—u-h—n —
nicht wahr, fast so sonderbar wie Numpelftilzchen — kein
Mensch weiß, woher ausruhn kommt — ja ja, indogerma-
nisch, aber woher kam es dorthin? — ja ja, Sanskrit, aber
wie kam es ins Sanskcit — nein, Kinder, nein, die Zenz,
die hat schon recht: ausruhn ift ein unverständlich Wort,
ein Runenwort, und niemand weiß, ob's giit ist oder
verrucht . . .
„Mit Familie?" las der Loteldirektor kritisch meinen
Eintrag in die Liste, „genügt nicht — jeden einzeln, bitte.
Sie heißen?"
„Zenz."
„And weiter?"
„Weiter nix — wenn nur die Möbel kämen."
Statt der Möbel kam das Mittagessen. Der Ober
kam mit seiner Platte. Zenz suchte sie ihm abzunehmen.
^Ich bediene, bitte," sagte er beleidigt.
Man sah's der Zenz an, nichts schmeckte ihr. Aß man
ein Lebenlang in seiner Küche, so friert man am Loteltisch.
Alle Augenblicke stand fie befangen auf, mit rudernden
Armen: „Soll ich — soll ich jetzt — ?"
„Ruhig sitzenbleiben und sich's wohl sein laffen sollen
Sie —"
„Ach ja, wenn nur die Möbel endlich kämen."
Nach dem Essen gab es einen Krach im Gang. Das
Zimmermädchen stand, mit den Länden in den Lüften, vor der
Zenz: „Die Zimmer gehn Sie gar nichts an, die räume ich auf!"
Die Zenz verschwand. Am die Kaffeezeit wurde ich
ans Telefon gerufen: „Lier der Lauswirt. Ihre Wohnung
wurde Ihnen heute Morgen übergeben?" — „Allerdings."
— „In tadellosem Zustand." — „Wieder richtig." „Gut,
dann sagen Sie Ihrem Mävchen, es habe keinen Zweck,
gefegte Räume jetzt zum dritten Male nachzufegen."
Onkel Franz wurde abgeordnet, die Zenz tot oder
lebendig zum Spaziergang mitzubringen. Er brachte fie
lebendig. Sich selbft halbtot vor Anstrengung: „Sie wollte
nicht und wollte nicht," berichtete er, „Zenz, sage ich schließ
lich, Sie bilden sich wohl ein, Spazierengehn sei keine Arbeit?
— na, da ist sie mitgekommen — bscht, seht, wie sie sich
umguckt
Sie schaut uns traurig an. Wir wollen sie ermuntern:
„Schöne Kurpromenade, nicht wahr, Zenz?"
„Schön? ja ja, aber wenn nur die Mö—"
„Und sehen Sie fich die bunlen Toiletten an, Zenz."
„Toiletten? ja ja, wenn nur —"
And sehen Sie, Zenz, wie sonderbar der Berg dahinten
geformt ist."