Zeitschrift für Humor und Kunst
143
R U/eZen 6er politi8cden Wirren in iVlün-
W cken konnlen 6ie ^iummern 1480 bl8
1482 un^erer 2eit8cbrikt nur in ZekürLtem
VmkanZ Ker§e8tellt vver6en, vve^kalb 6ie
8eiten 93—96, 109—112 un6 125—128 in
6ie8em Vierte^'akrkeklen mÜ88en. k^reun6e
un8ere8 Klatte8, 6ie 6ie ^eit^ckrikt ein-
bin6en la88en, bitten vvir, 6ie8 ru beackten
un6 auck 6ie unlieb^amen Verröb^unZen
im Ver8an6 6erjeni§en ^ummern, 6ie ru
jener 2eit er^ckeinen 8ollten, §ekl. ent-
8ckuI6i§en ru vvollen.
I^e6ak1ion un6 Verla§ 6er iVie§§en-
6orker-6lätter, iNüncken.
Aktuelle Redensarten
Das Kind mit dem Bade ausschütten; dazu be-
darf es der Genehmigung des Kinder-Rates.
Einen Bock schießen; reine Anmöglichkett, da
alle Waffen abgeliefert werden mußten.
» »
»
Einem die Lölle heißmachen; unerhörter LuxuS
bei dem jetzigen Kohlenmangel.
Wiesenphotograph — „Wie wär's mit einer Porträt-
aufnahme, Lerr Oekonomierat!'
Den Bock zum Gärtner machen; empfehlenswert bei
einer Sozialifierung der Gärtnereien.
» *
»
Aus der Laut fahren; einzige derzeitige Verkehrs-
möglichkeit. . .
»
Seine Laut zu Markte tragen; neuer Zweig der LebenS-
mittelversorgung.
Bürgerwehrheld Hillinger
So lange Krieg war, trug der Peter Lillinger immer
eine umfangreiche Dokumentenmappe unterm Arm, aus
deren Znhalt fich — amtlich geprüft und bestätigt — eine
solche Anmasse körperlicher Anzulänglichkeiten ergab, daß es
jedem Einsichtigen begreiflich war, warum der Lillinger nie
Soldat geworden ist. Mit dem Ausbruch des Wrffen-
stillstandes ließ Lillinger die Mappe zu Lause, weil er
meinte, jetzt sei es ganz ausgeschlossen, daß man ihn noch
einmal zu irgend einer Waffe einladen würde. Diese
Meinung war nicht richtig. Das erwies fich, als am 1. Mai
1919 München von den Bolschewisten befreit wurde und
die rettenden Truppen in die Stadt einzogen.
Lillinger war begeistert. Er schwenkte Lut, Schirm
und Taschentuch zu gleicher Zeit, er zog mit den Truppen
von Schwabing bis zum Odeonsplatz und postierte sich noch
immer schwenkend und entzückt am Eingang zur Refidenz,
damit ihm nur ja nichts von der Größe des historischen
Moments entgehe.
Bei dieser Gelegenheit war er aber in seiner Begei-
fterung in die Gruppe derjenigeu geraten, die fich zur
Bürgerwehr gemeldet hatten und hier auf die Austeilung
der Waffen warteten. Lillinger merkte die ungewoltte
Situation erst, als ein Soldat vor ihm stand, der ihm eiu
Gewehr in die Land drücken wollte.
Lillinger machte inftinktiv eine unzweideutig ablehnende
Geste.
„Aber nehmenSie doch -- bitte schnell!" hört er scharf
und dringend — dann hinderte ihn ein leises Schamgefühl
vor weiterer Weigerung. Llnd plötzlich stand er da, mit
dem Schießgewehr in der kampfungewohnten Land und
kam fich vor, wie ein verknöcherter Iunggeselle, den ein
boshaftes Schicksal mitten in der Wüste mit einem sckrei-
enden Wickelkind auf dem Arm allein hat fiehen laffen.
^Wer Waffen hat — im Lof antreten!" schallte es wieder
und Peter Lillinger, der schon aus Angst vor dem Gewehr
niemals allein eine selbständige Nichtung eingeschlagen hätte,
fühlte sich wieder innerlich gezwungen im Lof anzutreten
und sich mit den Andern in Reih und Glied aufzustellen.
Schon arbeitete er im Geiste an der ausführlichen Er-
klärung, mit der er einem in der Nähe stehenden Offizier
die Peinlichkeit seiner Lage auseinandersetzen wollte, als
eben dieser Leutnant vor die aufgestellten Mannen trat und
ihnen ernst und würdig dafür dankte, daß sie fich sosort
und ohne Besinnen opfermutig in den Dienst der gutev
Sache gestellt hätten.
Peter Lillinger fühlte fich mit einem Male moralisch
außer Stande seine Erklärung abzugeben.
^Ich ersuche die Lerren ihren Posten vorerst nicht zu
verlassen. Leute haben die Lerren, da weitere Befehle
abzuwarten find, in der Residenz zu bleibeu und auch hier
zu übernachten. Ich dauke den Lerreuk^
Betrachtung
Der gute Bürger fitzl lm Dunkeln
Un- wartet, was mit ihm geschteht.
An allen Lcken hört man's munkeln
Und ist -och stets -as gleiche Tied.
^stan schimpft auf Kapital un- Würger
Un- fühlt zur Herrschaft sich erkiest
Trgeben harrt -er gute Bürger,
Bi« -aß stch «er -azu entschließt.
Voch -a entbrennt ein Haffen, Streiten
Um -ie so lang begehrte Macht.
Dem guten Bürger bangt beschei-en
Dsr -em, was man 1hm zuge-acht.
Schon knallten Schüffe, -ie auch trafen,
Das Wort wir- Streit, -erStreit wir-Tat
Der gute Bürger lauscht verschlafen
lln- «artet auf -as Lesultat.
Der Zustan- jetzt macht khm Beschwer-en.
Shn freut -er gute alte Brauch.
Lr ist gewohnt regiert zu wer-en,
Doch -ieserhalb verlangt er's auch.
3st je-er Ambos erft für je-en,
Wie -ieses wüste Zanken lehrt,
Da wer-en Bürger zu Proleten.
Viel beffer «Lr es umgekehrt!
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R U/eZen 6er politi8cden Wirren in iVlün-
W cken konnlen 6ie ^iummern 1480 bl8
1482 un^erer 2eit8cbrikt nur in ZekürLtem
VmkanZ Ker§e8tellt vver6en, vve^kalb 6ie
8eiten 93—96, 109—112 un6 125—128 in
6ie8em Vierte^'akrkeklen mÜ88en. k^reun6e
un8ere8 Klatte8, 6ie 6ie ^eit^ckrikt ein-
bin6en la88en, bitten vvir, 6ie8 ru beackten
un6 auck 6ie unlieb^amen Verröb^unZen
im Ver8an6 6erjeni§en ^ummern, 6ie ru
jener 2eit er^ckeinen 8ollten, §ekl. ent-
8ckuI6i§en ru vvollen.
I^e6ak1ion un6 Verla§ 6er iVie§§en-
6orker-6lätter, iNüncken.
Aktuelle Redensarten
Das Kind mit dem Bade ausschütten; dazu be-
darf es der Genehmigung des Kinder-Rates.
Einen Bock schießen; reine Anmöglichkett, da
alle Waffen abgeliefert werden mußten.
» »
»
Einem die Lölle heißmachen; unerhörter LuxuS
bei dem jetzigen Kohlenmangel.
Wiesenphotograph — „Wie wär's mit einer Porträt-
aufnahme, Lerr Oekonomierat!'
Den Bock zum Gärtner machen; empfehlenswert bei
einer Sozialifierung der Gärtnereien.
» *
»
Aus der Laut fahren; einzige derzeitige Verkehrs-
möglichkeit. . .
»
Seine Laut zu Markte tragen; neuer Zweig der LebenS-
mittelversorgung.
Bürgerwehrheld Hillinger
So lange Krieg war, trug der Peter Lillinger immer
eine umfangreiche Dokumentenmappe unterm Arm, aus
deren Znhalt fich — amtlich geprüft und bestätigt — eine
solche Anmasse körperlicher Anzulänglichkeiten ergab, daß es
jedem Einsichtigen begreiflich war, warum der Lillinger nie
Soldat geworden ist. Mit dem Ausbruch des Wrffen-
stillstandes ließ Lillinger die Mappe zu Lause, weil er
meinte, jetzt sei es ganz ausgeschlossen, daß man ihn noch
einmal zu irgend einer Waffe einladen würde. Diese
Meinung war nicht richtig. Das erwies fich, als am 1. Mai
1919 München von den Bolschewisten befreit wurde und
die rettenden Truppen in die Stadt einzogen.
Lillinger war begeistert. Er schwenkte Lut, Schirm
und Taschentuch zu gleicher Zeit, er zog mit den Truppen
von Schwabing bis zum Odeonsplatz und postierte sich noch
immer schwenkend und entzückt am Eingang zur Refidenz,
damit ihm nur ja nichts von der Größe des historischen
Moments entgehe.
Bei dieser Gelegenheit war er aber in seiner Begei-
fterung in die Gruppe derjenigeu geraten, die fich zur
Bürgerwehr gemeldet hatten und hier auf die Austeilung
der Waffen warteten. Lillinger merkte die ungewoltte
Situation erst, als ein Soldat vor ihm stand, der ihm eiu
Gewehr in die Land drücken wollte.
Lillinger machte inftinktiv eine unzweideutig ablehnende
Geste.
„Aber nehmenSie doch -- bitte schnell!" hört er scharf
und dringend — dann hinderte ihn ein leises Schamgefühl
vor weiterer Weigerung. Llnd plötzlich stand er da, mit
dem Schießgewehr in der kampfungewohnten Land und
kam fich vor, wie ein verknöcherter Iunggeselle, den ein
boshaftes Schicksal mitten in der Wüste mit einem sckrei-
enden Wickelkind auf dem Arm allein hat fiehen laffen.
^Wer Waffen hat — im Lof antreten!" schallte es wieder
und Peter Lillinger, der schon aus Angst vor dem Gewehr
niemals allein eine selbständige Nichtung eingeschlagen hätte,
fühlte sich wieder innerlich gezwungen im Lof anzutreten
und sich mit den Andern in Reih und Glied aufzustellen.
Schon arbeitete er im Geiste an der ausführlichen Er-
klärung, mit der er einem in der Nähe stehenden Offizier
die Peinlichkeit seiner Lage auseinandersetzen wollte, als
eben dieser Leutnant vor die aufgestellten Mannen trat und
ihnen ernst und würdig dafür dankte, daß sie fich sosort
und ohne Besinnen opfermutig in den Dienst der gutev
Sache gestellt hätten.
Peter Lillinger fühlte fich mit einem Male moralisch
außer Stande seine Erklärung abzugeben.
^Ich ersuche die Lerren ihren Posten vorerst nicht zu
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abzuwarten find, in der Residenz zu bleibeu und auch hier
zu übernachten. Ich dauke den Lerreuk^
Betrachtung
Der gute Bürger fitzl lm Dunkeln
Un- wartet, was mit ihm geschteht.
An allen Lcken hört man's munkeln
Und ist -och stets -as gleiche Tied.
^stan schimpft auf Kapital un- Würger
Un- fühlt zur Herrschaft sich erkiest
Trgeben harrt -er gute Bürger,
Bi« -aß stch «er -azu entschließt.
Voch -a entbrennt ein Haffen, Streiten
Um -ie so lang begehrte Macht.
Dem guten Bürger bangt beschei-en
Dsr -em, was man 1hm zuge-acht.
Schon knallten Schüffe, -ie auch trafen,
Das Wort wir- Streit, -erStreit wir-Tat
Der gute Bürger lauscht verschlafen
lln- «artet auf -as Lesultat.
Der Zustan- jetzt macht khm Beschwer-en.
Shn freut -er gute alte Brauch.
Lr ist gewohnt regiert zu wer-en,
Doch -ieserhalb verlangt er's auch.
3st je-er Ambos erft für je-en,
Wie -ieses wüste Zanken lehrt,
Da wer-en Bürger zu Proleten.
Viel beffer «Lr es umgekehrt!