164 «S
Äl^eggendorfer-Blätter, D!ünchen
— „Und dort liegt das Dorf, m dem sie vorige
W'che einen Lamsterer verprügelt baben. Also
Marhilde bezähme dich — so lange ich dabei bin."
Die Seelen von Eichtal
Nun ioüle also in diesem Eichtal eine Volkszählvng
ftaltfi den. Die letzte, sünf Iahre srüher, hatte die Eumme
von 240 Einwohnern ergeben. Lerr Waldcmar Zierbulch,
der Vorätzende des „Gemeinnützigen Vereins der Ercbtaler
Vllleakolonisten." hatte das damals anders ausgedrückt, er
hatte gesaat: „Anser Ort zählt jetzt 240 Seelen." Dieser
Ausdruck wird oft anaewendet. trlfft aber vielleicht manch-
mal nicht zu. Denn wie kann man Seelen zählen, da man
sie doch nicht sehen kann?
Manchmal mag ja dort, wo
eine vermulet oder ihre Exi-
stenz behauptet wird. gar keme
vorhanden sein. Andere spre-
chen bei sol^en Zählungen von
der Zahl der Köpfe. Das ift
scbon bcffer, aber das Richtigfte
wäre. und es soll hrermit vor-
geschlagenwerden,nachMagen
zu zählen. Denn a"s die Magen
kommt es am meiften an. und
es kann von unqeheurem Wert
für daS Wohl eines Volkes
sein, wenn die zu setner Lei-
tung Berufenen sich vorftellen,
welche Menge Magen das Volk
zädlt. In Zukunft wollen wir
also nach Magen zählen, nicht
wahr?
Da für Eichtal damals —
es ist ja schon lange her — die
Magenfrage nicht von so ent-
scheidender Bedeutung war.
wollen wir, dem Lerrn Waldemar Zierbusch zu Gefallen —
denn warum sollen wir ihm den kleinen Gefallen nicht tun?
— bei den Seelen bleiben. Gut: Eichtal hatte also 240
Seelen gehabt, und nun sollte am 1. Dezember die Volks-
zählung einwandfrei feftftellen, wieviel es jetzt wären.
Zweifellos mehr, denn es waren inzwischen noch einige
neue Villen gebaut und bezogen worden, und ein paar
Menschen waren auch geboren worden. Aber wieviel waren
es? Diese Frage beschäftigte nicht nur Lerrn Zierbusch als
Vo^fitzenden des „Gemeinnützigen Vereins der Eichtaler
Villenkolonisten" sehr, sondern auch nock» manche andere
Mitglieder, mber vielleicbt den Lerrn Zierbusch am meiüen,
dofür war er ja der Vorsitzende. Desbalb ging er am 23. No-
vember, also eine Woche vor der Volkszählung, in die Stadt
auf das R'thaus und hier, ohne anzuklvpfen, was aber
nicht aus Flegelei geschah, sondern weil ein Schild an der
Tür es so veilangte, in das Zimmer Nummer 17, wo fich
das Einwohner-Meldeamt befand, legi'imierte sich als Vor-
sitzender des „Gemeinnützigen Vereins der Eichtaler Villen-
kolonisten" und ersuchte um Aufschluß über die genaue
Seelenzahl E'chtals. Der Sekretär, an den er sich wandte,
war freundlich und gern zu der Auekunst bereit, die ihm
auch weiter keine Schw'erigkeiten mackte, da in seiner L ste
„Eichtal" die Einwohner schon Nummern hatten, und er
also nur auf die lctzie Zahl zu sedn brauchte. Wenn er
erst hätte zusammenzählen müffen, wäre er vielleicht nicht
so sreundlich gewesen. Ia, dreihundert Menschen wohnten
in Eichthal, alte und junge, männliche und weibliche, —
ganz genau dreihundert.
Das war eine dübsche runde Zahl, aber Lerr Walde-
mar Zierbuscb, der sich höflichst für die Auskunft bedankte,
fand sie gar nicht hübsch; daß sie rund war, konnte er freilich
nicht beftreiten. Nem, Zierbusch ärgerte sich sogar über
diese Zahl; sie war ihm zu hocb, sie sollte niedriger sein.
Ia, zum Donnerwetter, niedriger sollte sie sein! Den ganzen
hübschen Weg nach Eichtol hinaus ärgerte er fich und dachte
daran, was ihm seine Nachbarin, dte alte Frau Major
Barsch, von der jungen Frau Läberlein erzäblt hatte.
Läberleins, ein junges Ehepaar, hatten sich vor einem Iahr
in Eichtal angesiedelt. Die Frau Major Barsch war mit
Frau Läberlein bekannt geworden, aber sie hätte, was sie
Qualen der Elfersucht — »So ein Pech, da hab' ich heute den
Gaul gekriegt, auf dem sonst die Stall
burschen reiten, und das Vieh gebt nicht
anders, als zwei Meter hinter den andern."
Äl^eggendorfer-Blätter, D!ünchen
— „Und dort liegt das Dorf, m dem sie vorige
W'che einen Lamsterer verprügelt baben. Also
Marhilde bezähme dich — so lange ich dabei bin."
Die Seelen von Eichtal
Nun ioüle also in diesem Eichtal eine Volkszählvng
ftaltfi den. Die letzte, sünf Iahre srüher, hatte die Eumme
von 240 Einwohnern ergeben. Lerr Waldcmar Zierbulch,
der Vorätzende des „Gemeinnützigen Vereins der Ercbtaler
Vllleakolonisten." hatte das damals anders ausgedrückt, er
hatte gesaat: „Anser Ort zählt jetzt 240 Seelen." Dieser
Ausdruck wird oft anaewendet. trlfft aber vielleicht manch-
mal nicht zu. Denn wie kann man Seelen zählen, da man
sie doch nicht sehen kann?
Manchmal mag ja dort, wo
eine vermulet oder ihre Exi-
stenz behauptet wird. gar keme
vorhanden sein. Andere spre-
chen bei sol^en Zählungen von
der Zahl der Köpfe. Das ift
scbon bcffer, aber das Richtigfte
wäre. und es soll hrermit vor-
geschlagenwerden,nachMagen
zu zählen. Denn a"s die Magen
kommt es am meiften an. und
es kann von unqeheurem Wert
für daS Wohl eines Volkes
sein, wenn die zu setner Lei-
tung Berufenen sich vorftellen,
welche Menge Magen das Volk
zädlt. In Zukunft wollen wir
also nach Magen zählen, nicht
wahr?
Da für Eichtal damals —
es ist ja schon lange her — die
Magenfrage nicht von so ent-
scheidender Bedeutung war.
wollen wir, dem Lerrn Waldemar Zierbusch zu Gefallen —
denn warum sollen wir ihm den kleinen Gefallen nicht tun?
— bei den Seelen bleiben. Gut: Eichtal hatte also 240
Seelen gehabt, und nun sollte am 1. Dezember die Volks-
zählung einwandfrei feftftellen, wieviel es jetzt wären.
Zweifellos mehr, denn es waren inzwischen noch einige
neue Villen gebaut und bezogen worden, und ein paar
Menschen waren auch geboren worden. Aber wieviel waren
es? Diese Frage beschäftigte nicht nur Lerrn Zierbusch als
Vo^fitzenden des „Gemeinnützigen Vereins der Eichtaler
Villenkolonisten" sehr, sondern auch nock» manche andere
Mitglieder, mber vielleicbt den Lerrn Zierbusch am meiüen,
dofür war er ja der Vorsitzende. Desbalb ging er am 23. No-
vember, also eine Woche vor der Volkszählung, in die Stadt
auf das R'thaus und hier, ohne anzuklvpfen, was aber
nicht aus Flegelei geschah, sondern weil ein Schild an der
Tür es so veilangte, in das Zimmer Nummer 17, wo fich
das Einwohner-Meldeamt befand, legi'imierte sich als Vor-
sitzender des „Gemeinnützigen Vereins der Eichtaler Villen-
kolonisten" und ersuchte um Aufschluß über die genaue
Seelenzahl E'chtals. Der Sekretär, an den er sich wandte,
war freundlich und gern zu der Auekunst bereit, die ihm
auch weiter keine Schw'erigkeiten mackte, da in seiner L ste
„Eichtal" die Einwohner schon Nummern hatten, und er
also nur auf die lctzie Zahl zu sedn brauchte. Wenn er
erst hätte zusammenzählen müffen, wäre er vielleicht nicht
so sreundlich gewesen. Ia, dreihundert Menschen wohnten
in Eichthal, alte und junge, männliche und weibliche, —
ganz genau dreihundert.
Das war eine dübsche runde Zahl, aber Lerr Walde-
mar Zierbuscb, der sich höflichst für die Auskunft bedankte,
fand sie gar nicht hübsch; daß sie rund war, konnte er freilich
nicht beftreiten. Nem, Zierbusch ärgerte sich sogar über
diese Zahl; sie war ihm zu hocb, sie sollte niedriger sein.
Ia, zum Donnerwetter, niedriger sollte sie sein! Den ganzen
hübschen Weg nach Eichtol hinaus ärgerte er fich und dachte
daran, was ihm seine Nachbarin, dte alte Frau Major
Barsch, von der jungen Frau Läberlein erzäblt hatte.
Läberleins, ein junges Ehepaar, hatten sich vor einem Iahr
in Eichtal angesiedelt. Die Frau Major Barsch war mit
Frau Läberlein bekannt geworden, aber sie hätte, was sie
Qualen der Elfersucht — »So ein Pech, da hab' ich heute den
Gaul gekriegt, auf dem sonst die Stall
burschen reiten, und das Vieh gebt nicht
anders, als zwei Meter hinter den andern."