Nr. 1486
Zeitschrift fiir Sumor und Kunft
189
— „Die Erklärungen zur Vermögensa-gabe sind mir zu
kompliziert, da b'm ich lieber in einen Spielklub eingetreten."
^nläenkung
^5 gULKt 3UL gllLk' LIÜttLl' ^flSllLN,
Kgtgrgkteri cl^c Krltik.
Kelii snciLl' 8ilct kunn 5ic:In enttslten
i/cn' unLLrm Llicik — sls k^ulitik.
^3 u/xbLN um 6^c IiZLke fieclLci
llie ssleinucigcici ikl' kffcissik.
sslgci liül't ucm j^clem gkgen jecleii
^ici Iki^cng ciul' — cli^ I^ulitik.
tsus^ciclfsIIlgL lZeöuciken,
Oic: Lucist 6ec lueiLtuc ^u^tmusik,
^cstucbLci siumm — clecici Liu umcuukuci
Oie O^utucig^n — cluc I^cilitlk.
Ou zguukiit eici Icillucci cluccb cliu büfiu,
cuu^Lbt uln 6uum ici jucigum 6cüci.
5!u5 Igusecicl Kelcbuci Ltuig^ci Oüftu,
llcm tsu5?ncl 2Iecigc:Ici niukt ^In Llüb'ci.
?1un guckt Liub um ul5 u/ie vucscblufLci —
lücicl füblt clus bub^ci mlciÜLc tcist,
Icciti slluc Zcblügu, cliu uns tcsfeci. —
U/c'il L5 tcutr gll^cci — k^cüblicig I5t!
r'. x.
Die Zeitung
(Kaum glaubhaft, aber doch lein Märchen.)
Früher einmal war ich auf eine Zeitung
abonniert. Das war kein Risiko, obwohl es
damals noch keine rechte Pressesreiheit gab.
Drum erhielt ich auch meine Zeitung jeden
Morgen regelmäßig zugestellt.
Dann wurde die Presse über Nacht fcei
Jch jubelte! Was ich jetzt von meiner Zeitung
nicht alles erwarten durfte! Ihr Mund war
nicht mehr gcbunden, fie durfte lachen, höhnen,
klagen, schreien, so frei und ungehemmt,so ganz
nach Lerzenslust! Mit Freuden erneuerte ich
mein Abonnement trotz des wieder erhöhten Bezugpreises.
Die neue Freiheit lohnte das zehn-, ja hundertfach. Die
neue Freiheit war überhaupt unbezahlbar.
Das neue Qaartal bezann. Ich erhielt die erfie Nummer
ganz regelmäßig, am Morgen des ersten Tages. Ich be-
grüßte sie wie eine Botschaft aus einer besseren, glücklicheren
Zukunft, als den Lerold eines goldenen Zeitalters, das nun
auf die Erde niederfiieg! Der Lerold vom nächsten Tag
blieb aus. Das goldene Zeitalter schien einstweilen ab-
gebrochen zu sein. Durch die Buchdrucker, die in den Aus-
ftand getreten waren. Ohne Buchdrucker ist die goldene
Zeit einfach nicht denkbar. Das sahen sie auch selbft ein;
drum nahmen fis nach drei Tagen die Arbeit wieder auf.
Ich fcohlocktel Schon mit Tagesanbruch stand ich auf der
Treppe, den Lerold mit offenen Armen zu empfangen. Ich
ftand, stand .... Ich ftand noch am nächsten Morgen«
Ich hatte nicht mit der Redaktion gerechnet. Ihr fchien die
goldene Zeit nicht golden genug; deshalb hatts sie die Ver-
antwortung dafür abgelehnt. Die Nedakteure setzten sich
auch bald wieder an ihren Schreibtisch. Dafür gingen die
Sctzer fort. Die ersten vierzehn Tags waren vorüber. Na,
ewig konnten doch auch^die Sctzer nicht aussetzen. Ich hatte
ja ein Vierteljahrsabonnement genommen, da blieb m'ir
immer noch das Bezugsrecht für zweiundeinhalb Monate.
Zweiundeinhalb Monate! Welch lange Zeit! Eine richtige
Anendlichkeit, auf die ich abonniert hatte! Es schien schon
eine goldene Ewigkeit zu fein mit unzähligen Lerolden in
endlosen Fortsetzungen. Ein bißchen Geduld also in diesen
Tagen des Aebergangs! Neue Dinge müssen fich erst einleben.
Ich hatte recht: die neum Dinge lebten sich richtig ein.
Nach den Setzern kamen die Falzerinnen an die Reihe.
Gott, wer sein Leben lang falzt, dem gönnt man gerne
einmal ein paar Tag Ruhe. Die Leute sind ja so ver-
nünftig: Nach ein paar Tagen falzten sie schon wieder
munter drauf los; d. h., genau genommen, sie wollten bloß.
Denn jetzt expedierte die Expedition nicht mehr. Das war
verständlich; man wird ja schließlich die ewige Expediererei
einmal satt. Der Mensch ist doch kein Expeditor! Aber
am Ende kehrt man immer wieder zu seinen alten Gewohn-
heiten zurück. So eine alte Gewohnheit war auch die Expe-
dition. Nun hätte die Zeitung redigiert, gesetzt, gedruckt,
gefalzt, cxpediert werden können. Es fehlte also nichts
mehr. Ia, da hatte man nicht mit den Zeitungsträgerinnen
gerechnet. Das rächte fich. Die Zeitungsträgerinnen sind
die wahren Träger der Oeffentlichkeit. Wenn die nicht
tragen wollen, da kann sich die OcffsntlichkLit auf den Kopf
stellen, es hilft doch nichts. Ich stellte mich tatsächlich auf
den Kopf; die Zeitung blieb trotzdem aus.
Zeitschrift fiir Sumor und Kunft
189
— „Die Erklärungen zur Vermögensa-gabe sind mir zu
kompliziert, da b'm ich lieber in einen Spielklub eingetreten."
^nläenkung
^5 gULKt 3UL gllLk' LIÜttLl' ^flSllLN,
Kgtgrgkteri cl^c Krltik.
Kelii snciLl' 8ilct kunn 5ic:In enttslten
i/cn' unLLrm Llicik — sls k^ulitik.
^3 u/xbLN um 6^c IiZLke fieclLci
llie ssleinucigcici ikl' kffcissik.
sslgci liül't ucm j^clem gkgen jecleii
^ici Iki^cng ciul' — cli^ I^ulitik.
tsus^ciclfsIIlgL lZeöuciken,
Oic: Lucist 6ec lueiLtuc ^u^tmusik,
^cstucbLci siumm — clecici Liu umcuukuci
Oie O^utucig^n — cluc I^cilitlk.
Ou zguukiit eici Icillucci cluccb cliu büfiu,
cuu^Lbt uln 6uum ici jucigum 6cüci.
5!u5 Igusecicl Kelcbuci Ltuig^ci Oüftu,
llcm tsu5?ncl 2Iecigc:Ici niukt ^In Llüb'ci.
?1un guckt Liub um ul5 u/ie vucscblufLci —
lücicl füblt clus bub^ci mlciÜLc tcist,
Icciti slluc Zcblügu, cliu uns tcsfeci. —
U/c'il L5 tcutr gll^cci — k^cüblicig I5t!
r'. x.
Die Zeitung
(Kaum glaubhaft, aber doch lein Märchen.)
Früher einmal war ich auf eine Zeitung
abonniert. Das war kein Risiko, obwohl es
damals noch keine rechte Pressesreiheit gab.
Drum erhielt ich auch meine Zeitung jeden
Morgen regelmäßig zugestellt.
Dann wurde die Presse über Nacht fcei
Jch jubelte! Was ich jetzt von meiner Zeitung
nicht alles erwarten durfte! Ihr Mund war
nicht mehr gcbunden, fie durfte lachen, höhnen,
klagen, schreien, so frei und ungehemmt,so ganz
nach Lerzenslust! Mit Freuden erneuerte ich
mein Abonnement trotz des wieder erhöhten Bezugpreises.
Die neue Freiheit lohnte das zehn-, ja hundertfach. Die
neue Freiheit war überhaupt unbezahlbar.
Das neue Qaartal bezann. Ich erhielt die erfie Nummer
ganz regelmäßig, am Morgen des ersten Tages. Ich be-
grüßte sie wie eine Botschaft aus einer besseren, glücklicheren
Zukunft, als den Lerold eines goldenen Zeitalters, das nun
auf die Erde niederfiieg! Der Lerold vom nächsten Tag
blieb aus. Das goldene Zeitalter schien einstweilen ab-
gebrochen zu sein. Durch die Buchdrucker, die in den Aus-
ftand getreten waren. Ohne Buchdrucker ist die goldene
Zeit einfach nicht denkbar. Das sahen sie auch selbft ein;
drum nahmen fis nach drei Tagen die Arbeit wieder auf.
Ich fcohlocktel Schon mit Tagesanbruch stand ich auf der
Treppe, den Lerold mit offenen Armen zu empfangen. Ich
ftand, stand .... Ich ftand noch am nächsten Morgen«
Ich hatte nicht mit der Redaktion gerechnet. Ihr fchien die
goldene Zeit nicht golden genug; deshalb hatts sie die Ver-
antwortung dafür abgelehnt. Die Nedakteure setzten sich
auch bald wieder an ihren Schreibtisch. Dafür gingen die
Sctzer fort. Die ersten vierzehn Tags waren vorüber. Na,
ewig konnten doch auch^die Sctzer nicht aussetzen. Ich hatte
ja ein Vierteljahrsabonnement genommen, da blieb m'ir
immer noch das Bezugsrecht für zweiundeinhalb Monate.
Zweiundeinhalb Monate! Welch lange Zeit! Eine richtige
Anendlichkeit, auf die ich abonniert hatte! Es schien schon
eine goldene Ewigkeit zu fein mit unzähligen Lerolden in
endlosen Fortsetzungen. Ein bißchen Geduld also in diesen
Tagen des Aebergangs! Neue Dinge müssen fich erst einleben.
Ich hatte recht: die neum Dinge lebten sich richtig ein.
Nach den Setzern kamen die Falzerinnen an die Reihe.
Gott, wer sein Leben lang falzt, dem gönnt man gerne
einmal ein paar Tag Ruhe. Die Leute sind ja so ver-
nünftig: Nach ein paar Tagen falzten sie schon wieder
munter drauf los; d. h., genau genommen, sie wollten bloß.
Denn jetzt expedierte die Expedition nicht mehr. Das war
verständlich; man wird ja schließlich die ewige Expediererei
einmal satt. Der Mensch ist doch kein Expeditor! Aber
am Ende kehrt man immer wieder zu seinen alten Gewohn-
heiten zurück. So eine alte Gewohnheit war auch die Expe-
dition. Nun hätte die Zeitung redigiert, gesetzt, gedruckt,
gefalzt, cxpediert werden können. Es fehlte also nichts
mehr. Ia, da hatte man nicht mit den Zeitungsträgerinnen
gerechnet. Das rächte fich. Die Zeitungsträgerinnen sind
die wahren Träger der Oeffentlichkeit. Wenn die nicht
tragen wollen, da kann sich die OcffsntlichkLit auf den Kopf
stellen, es hilft doch nichts. Ich stellte mich tatsächlich auf
den Kopf; die Zeitung blieb trotzdem aus.