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Zeitschrift für Humor und Kurrst
Der eingegangene Ktebitz
O- c v
Meine erste Iagd
einen Iäger die Äauptsache. In der linken Tasche meines
Iagdrockes steckten bereits ein halbes Dutzcnd Photographien
von mir, mich in meinem neuen Kostüm darftellend und
aus der rechten guckte unternehmungsluftig eine stilgerechte
Iägerpfeife. Denn eine stilgerechte Pfeife ift eine Laupt-
sache für den Iäger.
Nun kam noch das Gewehr. Denn auch dieses ist ja
eine Lauptsache für den Iäger. Zwar hatte ich von meinem
Großvater her noch ein sehr schönes Perkusfionsgewehr
mit Schrotbeutel und Pulverhorn, auf das der alte Lerr
große Stücke hielt, obwohl es ihm einmal drei Zähne aus-
geschlagen hatte, aber ich wollte in jeder Beziehung auf
der Löhe stehen, und so kaufte ich mir eine moderne Doppel-
flinte. Zum Schluß hätte ich wohl auch einen
schönen Iagdhund gebraucht, doch verschob ich
diese Angelegenheit für später. Für's erfte
wollte ich mir einmal mein Revier besehen,
und so fuhr ich bereits am nächsten Tage, der
ein Samstag war, nach Kroppenstein, in dessen
Gemarkung sich meine Iagd befand.
Kroppenstein war ein schmuckes Dörfchen
mit einer Kirche, einem Brunnen, einem Feuer-
wehrhaüs, einem Abzahlungsgeschäft und einem
Gasthof im Weißen Rößl-Geschmack. Letzterem
wandte ich sogleich meine besondere Aufmerk-
samkeit zu, da er bestimmt war, mich für die
Zeit meines hiesigen Aufenthalts zu beher-
bsrgen. Sehr erftaunt war ich allerdings,
als ich das Schild betrachtete, das über der
Tür hing. Es zeigte ein Bildchen, dessen
Sujet nicht mehr recht erkennbar war und
darunter die Inschrift: „Gasthaus zu den zwei
Lasen".
„Lm," dachte ich, „ein merkwürdiger Titel."
Ein Lase hätte doch für das Laus genügt,
wäre sogar für ein Lotel mittleren Nanges
hinreichend gewesen und hälte der landläufigen
Gewohnheit entsprochen. Warum also zwei?
Das mußte doch einen speziellen Grund haben!
And was für einen? Ich konnte mich bei dieser
Frage von einem leisen Anbehagen nicht ganz
frei machen.
Der Wirt zu den „zwei Lasen" war ein
recht gemütlicher Mann, doch fiel es mir auf,
daß auch er bei meinem Anblick so etwas wie
ein Unbehagen zu empfinden schien. Er be-
trachtele mich mit schiefgeneigtem Kopfe wie ein
mißtrauischer Nabe, ging beständig um mich herum,
druckte und schluckte und fiel endlich mit der diplo-
matischen Frage über mich her: „Der Lerr sind Iäger,
wie es scheint?"
„Iawohl, Lerr Wirt," gab ich im Lalalitone
zur Antwort.
„Dachte mir's wohl," fuhr er fort. „Ein schönes
Vergnügen, die Iagd."
„Ein schönes und edles."
„O ja, ja, hah, hm! Der Lerr gedenken länger
hier zu bleiben?"
„Ie nachdem Sankt Lubertus mir hold ist."
„Wer?"
„Ich meine, je nachdem ich die Iagd hier finde."
„Lier?"
„Ia freilich, hier," entgegnete ich etwas gereizt.
„Ich habe die Kroppensteiner Iagd gepachtet, wenn
Sie das interesfiert und gedenke sie auch auszuüben. Wie
fteht es wohl damit? Sind Sie darüber orientiert?"
„Nein, o nein," wehrte der mehrfache Lasenwirt ab,
„da kann ich dem Lerrn gar nicht dienen. Ich bin Gasthalter
und kümmere mich nur um mein Geschäft, o ja, ja, hah, hm!
Aber der Lerr entschuldigen wohl jetzt-." And mit
einem großen Aufwand von Geschäftigkeit schob er hinter
seinen Schenktisch ab, wo er eine wahre Verschwendung
mit eindrucksvollen „Ohas" und sonstigen vieldeutigen
Gurgellauten trieb.
Was hatte der Mann? Es war ganz offenbar, daß
er mir und meinem Vorhaben nicht günstig gesinnt war.
Latte ich unterlassen, eine mir unbekannte Formalität gegen
ihn zu erfüllen? In meinem Pachtkontrakt ftand nichts
Aufklärung
— „Das ift doch sonderbar, der Lund kann
das Wasser nicht leiden!"
— „Wo haben Sie 'n denn her?"
— „Aus München."
— „Dann ift es doch nicht sonderbar. Das
wär's, wenn er das Wasser leiden könnt!"
Zeitschrift für Humor und Kurrst
Der eingegangene Ktebitz
O- c v
Meine erste Iagd
einen Iäger die Äauptsache. In der linken Tasche meines
Iagdrockes steckten bereits ein halbes Dutzcnd Photographien
von mir, mich in meinem neuen Kostüm darftellend und
aus der rechten guckte unternehmungsluftig eine stilgerechte
Iägerpfeife. Denn eine stilgerechte Pfeife ift eine Laupt-
sache für den Iäger.
Nun kam noch das Gewehr. Denn auch dieses ist ja
eine Lauptsache für den Iäger. Zwar hatte ich von meinem
Großvater her noch ein sehr schönes Perkusfionsgewehr
mit Schrotbeutel und Pulverhorn, auf das der alte Lerr
große Stücke hielt, obwohl es ihm einmal drei Zähne aus-
geschlagen hatte, aber ich wollte in jeder Beziehung auf
der Löhe stehen, und so kaufte ich mir eine moderne Doppel-
flinte. Zum Schluß hätte ich wohl auch einen
schönen Iagdhund gebraucht, doch verschob ich
diese Angelegenheit für später. Für's erfte
wollte ich mir einmal mein Revier besehen,
und so fuhr ich bereits am nächsten Tage, der
ein Samstag war, nach Kroppenstein, in dessen
Gemarkung sich meine Iagd befand.
Kroppenstein war ein schmuckes Dörfchen
mit einer Kirche, einem Brunnen, einem Feuer-
wehrhaüs, einem Abzahlungsgeschäft und einem
Gasthof im Weißen Rößl-Geschmack. Letzterem
wandte ich sogleich meine besondere Aufmerk-
samkeit zu, da er bestimmt war, mich für die
Zeit meines hiesigen Aufenthalts zu beher-
bsrgen. Sehr erftaunt war ich allerdings,
als ich das Schild betrachtete, das über der
Tür hing. Es zeigte ein Bildchen, dessen
Sujet nicht mehr recht erkennbar war und
darunter die Inschrift: „Gasthaus zu den zwei
Lasen".
„Lm," dachte ich, „ein merkwürdiger Titel."
Ein Lase hätte doch für das Laus genügt,
wäre sogar für ein Lotel mittleren Nanges
hinreichend gewesen und hälte der landläufigen
Gewohnheit entsprochen. Warum also zwei?
Das mußte doch einen speziellen Grund haben!
And was für einen? Ich konnte mich bei dieser
Frage von einem leisen Anbehagen nicht ganz
frei machen.
Der Wirt zu den „zwei Lasen" war ein
recht gemütlicher Mann, doch fiel es mir auf,
daß auch er bei meinem Anblick so etwas wie
ein Unbehagen zu empfinden schien. Er be-
trachtele mich mit schiefgeneigtem Kopfe wie ein
mißtrauischer Nabe, ging beständig um mich herum,
druckte und schluckte und fiel endlich mit der diplo-
matischen Frage über mich her: „Der Lerr sind Iäger,
wie es scheint?"
„Iawohl, Lerr Wirt," gab ich im Lalalitone
zur Antwort.
„Dachte mir's wohl," fuhr er fort. „Ein schönes
Vergnügen, die Iagd."
„Ein schönes und edles."
„O ja, ja, hah, hm! Der Lerr gedenken länger
hier zu bleiben?"
„Ie nachdem Sankt Lubertus mir hold ist."
„Wer?"
„Ich meine, je nachdem ich die Iagd hier finde."
„Lier?"
„Ia freilich, hier," entgegnete ich etwas gereizt.
„Ich habe die Kroppensteiner Iagd gepachtet, wenn
Sie das interesfiert und gedenke sie auch auszuüben. Wie
fteht es wohl damit? Sind Sie darüber orientiert?"
„Nein, o nein," wehrte der mehrfache Lasenwirt ab,
„da kann ich dem Lerrn gar nicht dienen. Ich bin Gasthalter
und kümmere mich nur um mein Geschäft, o ja, ja, hah, hm!
Aber der Lerr entschuldigen wohl jetzt-." And mit
einem großen Aufwand von Geschäftigkeit schob er hinter
seinen Schenktisch ab, wo er eine wahre Verschwendung
mit eindrucksvollen „Ohas" und sonstigen vieldeutigen
Gurgellauten trieb.
Was hatte der Mann? Es war ganz offenbar, daß
er mir und meinem Vorhaben nicht günstig gesinnt war.
Latte ich unterlassen, eine mir unbekannte Formalität gegen
ihn zu erfüllen? In meinem Pachtkontrakt ftand nichts
Aufklärung
— „Das ift doch sonderbar, der Lund kann
das Wasser nicht leiden!"
— „Wo haben Sie 'n denn her?"
— „Aus München."
— „Dann ift es doch nicht sonderbar. Das
wär's, wenn er das Wasser leiden könnt!"