Meggendorfer-Blätter, München
Zimmer mit Bad
In Angarn sind die Badezimmer kommunisiert worden.
Es lebe die Reinlichkeit! ^ xroxos: Badezimmer . . . da
fällt mir eine Teschichle ein:
Diese Geschichte ereignete stch im Kriege, aber fie hat
mit Maschinengewehren nichts zu tun. Ganz im Gegenteill
Denn Franz Fix, der wackre Breslauer Mäzen, war aus
der Seidenbranche. And wer fich auf die einmal geworfen
hat, sür den ist das Maschinengewehr kein Artikel. Deshalb
war unser großer Franz Fix auch reklamiert.
Eines Morgens wurde ich — zwei Stunden, nachdem
ich zu Bette gegangen war, vom Briefträger, denn der
bringt in München auch die Geldanweisungen — heraus-
geklingelt. Jch erhielt eine rote Anweisung auf 5 Pfennig.
Auf dcm Abschnitte aber stand: „Am sicher zu sein, daß
Sie diese Nachricht erhalten, benutze ich diesen Weg, Ihnen
mitzuteilen, baß ich Sie um 9 Uhr bei mir im „Lotel
Riesenbau" erwarte. Der Geldbrieflräger wird Sie zur
rechten Zeit wccken l"
Es gibt sehr sparsame Mäzene. Der brave F>'x kam
bei 15 Pfennig Spesen zu dem gleichen Erfolge, der bei
Absendung eines „eingeschriebenen BriefeS" 30 gekostet hätte.
Ich aber verfluchte alle Geburtstagsfeiern und hielt mei-
ner eigcnen Angenügsamkeit eine längere Rede. Die dritte
Flasche Burgunder sei eine Ananständigkeit. Da helfe nun
weder Reue noch doppeltkohlensaures Natron. Löchstens
eine kalte Dusche und ein molliges Bad. Aber es war
schon dreiviertel acht und . . . Millionendonnerwetter ...
Ich fluchte, bis ich fertig angezogen war. Dann sah
ich mich im Spiegel an und fluchte weiter. Ich hatte eine
graue Leidensmiene. Selbst ein Vegetarianer hätte die
Arsache meines Leidens erkannt. F»x aber war gar kein
Begetariancr. Ich schämte riich schrecklich. Doch auch Lie
dadurch erhvffte Schamröte blieb ein leeres Versprechen
dieses als Phrase erkannten moralischen Vorgangs.
Als ich pünktlich um neun Ahr zwanzig im „Lotel
Riesenbau" angelangt war, wies man mich in ein üppiges
Appartement des ersten Stockes. !lnd richtigl Dort fand
ich unsern Fix, der eifrig in den Seidenmustern blätterte,
die ein großer Mensch aus seinens Lederkoffer nahm. Diescr
Mensch sah aus, als ob er von Lodler sei. Er war aber
nicht von Lodler, sondern von der Firma Grüttli und
Vonwiller, Seidcnfabrikation, St. 'Gallen. Er war mir
auf den ersten Blick unsympathisch. Ich vernahm alsbald
einige Fachausdrücke aus der Seidenbranche. Dann sagte
Fix: wenn ich Lust habe, noch eine halbe Stunde spazieren
zu gehen, dann solle ich mich nicht stören lassen. Solange
werde es noch dauern. Latte Fix etwa geahnt, daß ich
ihn anpumpen wollte? Sein Vorschlag deutete auf Linter-
hältigkeit. Mußte ich deswegen ungebadet und unausge-
schlafen mitten in der Nacht um neun Ahr morgens aus
Schwabing ins Stadlinnere? Epazicrengehen konnte ich
im Englischen Garten besser. And am allerbesten mittags
um drei. Ich wollte nicht spazieren gehen. Ich wollte mich
aber auch nicht in Seidenmustern auSbilden lassen. Ich stand
unschlüssig da. Fix lächelte: „Also . . . wollen Sie nicht?
Na, dann bleiben Sie eben hier oder gehn Sie baden!"
Baden .... das war eine Idee. Ich hatle bereits
einen Blick in das halbvffcne Badezimmer geworfen,
Dunnerchen! Dort ließ es stch gut seinl — Ich sagte:
„Wenn Sie nichls dagegcn haben, lieber Fix. dann tu ich
nach Ihrem Worte. Dann —bade ich. Sie gcstatten doch?"
Fix sah erst mich und dann den Schweizer Lerrn ein-
mal an. Dann lachte er und schließlich sagte er: „Wenn's
Ihnen ein Bedürfnis ist, alsdann baden Sie!"
Es war mir etn Bedürfnis. Aber ich fiihlte mich zu eincr
Erklärung verpflichtet: „Ich bin nämlich eben erst aufgestanden
Nr. 1488
. . . und es ist gistern ein bißchen spät geworden . . ."
Ich ließ die Lerren bei ihrer Seidenbranche und schloß
die Tür des Badezimmers hinter mir zu. Dann drehte
ich die Lähne auf und freute mich des Wassersalls.
Fix führt cin komfortables Badeleben. Ich fand in
seinem Seifennetz ein violettes Stück der schönen englischen
Badeseifen entschwundener Zeiten, fand Froltiertücher und
Mantel, fand Schwamm und Zahnbürste und etliche wohl-
riechende össenzen. Es wird der schönen Leserin eine Be-
ruhigung sein, zu vernehmen, daß ich nicht von all diesen
Bequemlichkeiten Gebrauch machte. Gegen sremde Zahn-
bürsten habe ich nun einmal eine Idiosynkrasie.
Merklich erfrischt, nach warmem Bad und kalter Dusche
trat ich ins Zimmer zurück.
„Ferligi" sagte ich.
„Wir auch" erwtderte Fix.
„Alsdann, mein lieber Fix," fuhr ich fort, „bleibt mir
nichts anderes übrig, als Ihnen sür den großen Genuß,
den mir das Bad verschcfft hat, in aller Form und Lerzlich-
keit meinen tiefstgefühllen Dank auSzusprechenI"
Da sah Fix mich mit seinen blödcsten Augen groß an
und sagte:
„Ia, bester Freund, aber . .. Sie brauchen doch mir
nicht zu danken. Das ist ja gar nicht mein Zimmcr. Der
Ober hat uns nur schnell hier hereingeführt, weil bei mir
noch nicht aufgeräumt ist. Der Besitzer dieses Zimmers
hat nämlich eine kleine Tour in die Berge gemacht . .
Fremder Lerr, du, in dessen Abwesenheit der Ober
fremde Leute in dein teuer bezahltes Zimmer führt . . .
fremder Lerr, den ich nie kennen gelernt habe, lies diese
Zeilen und sei sür deine Gastfreundschaft bedankt. !lnd
bitte alle Domestiken um Verzeihung, so du sie, nach deiner
Leimkehr, im Verdacht hattest, deine Frottiertticher benntzt
zu haben, deine echt englische Badeseife und die Wohl-
gerüche, die ich mit der mir eigenen Geste Lppig in das
warme Wasser gegossen hatke . . . Richa>r> Rieß
Zpiel
Man spieit äas größke äpiel cicr Wellgeschichte,
Der Spieler weiß, es geht um liops uml Rumpf.
6n Dculschlanäs Srenzen lauern Schreckgesichte.
— Im Innern gröhlt cs aus Verstecken: „Trumpf!"
Da sitzen sie — vergnügte Herrn unä Damcn.
NIs wär r.icht kirieg gewesen, ttampf unä Nor.
Anä spielenä schlagen sie — in golänem Rahmen —
Alit Hunäerttausenäen äie Srunäen tor.
Der gute Bürger schültelt letzte ttrötcn
6us äcm beäcnklich äünn geworänen Ltrumpf.
Er weiß, äem Baterlanä sinä si- von Nöten.
— Dort holt sich Tausenäe äas Wörichen: Trumpfl
Dcm größten Lpiel verschließen sic äie Ohrcn
Anä schauen weg äavon — äas scige pack.
Für sie ist nur gewonnen unä verloren
Lrfolg im ttlub — bcim poker oäer Bac.
Raus äa — mit uns äas Lctzte zu erwarlen.
Anä nicht nach cuern Trümpfen mehr geschielr
In Stunäen äa mit unsrcr Norne ttarten
Das Schicksal selbft um Deutschlanäs Zukunft spielt.
F. K.
Mit diescr Nummer beginnt das lil. Quartal Iglü der
Meggendorfer-Blätter.
Damit tn der regeimäßigen Zusendung ieine rinkerbreclning
staktfindct, bikten wir dieFreunde unsere» Biattes, das Abonne.
meut sofort erneuern zu wollen.
^eer'^ Meggendorfer-Blätter, München/Pcrusastr.s.
Zimmer mit Bad
In Angarn sind die Badezimmer kommunisiert worden.
Es lebe die Reinlichkeit! ^ xroxos: Badezimmer . . . da
fällt mir eine Teschichle ein:
Diese Geschichte ereignete stch im Kriege, aber fie hat
mit Maschinengewehren nichts zu tun. Ganz im Gegenteill
Denn Franz Fix, der wackre Breslauer Mäzen, war aus
der Seidenbranche. And wer fich auf die einmal geworfen
hat, sür den ist das Maschinengewehr kein Artikel. Deshalb
war unser großer Franz Fix auch reklamiert.
Eines Morgens wurde ich — zwei Stunden, nachdem
ich zu Bette gegangen war, vom Briefträger, denn der
bringt in München auch die Geldanweisungen — heraus-
geklingelt. Jch erhielt eine rote Anweisung auf 5 Pfennig.
Auf dcm Abschnitte aber stand: „Am sicher zu sein, daß
Sie diese Nachricht erhalten, benutze ich diesen Weg, Ihnen
mitzuteilen, baß ich Sie um 9 Uhr bei mir im „Lotel
Riesenbau" erwarte. Der Geldbrieflräger wird Sie zur
rechten Zeit wccken l"
Es gibt sehr sparsame Mäzene. Der brave F>'x kam
bei 15 Pfennig Spesen zu dem gleichen Erfolge, der bei
Absendung eines „eingeschriebenen BriefeS" 30 gekostet hätte.
Ich aber verfluchte alle Geburtstagsfeiern und hielt mei-
ner eigcnen Angenügsamkeit eine längere Rede. Die dritte
Flasche Burgunder sei eine Ananständigkeit. Da helfe nun
weder Reue noch doppeltkohlensaures Natron. Löchstens
eine kalte Dusche und ein molliges Bad. Aber es war
schon dreiviertel acht und . . . Millionendonnerwetter ...
Ich fluchte, bis ich fertig angezogen war. Dann sah
ich mich im Spiegel an und fluchte weiter. Ich hatte eine
graue Leidensmiene. Selbst ein Vegetarianer hätte die
Arsache meines Leidens erkannt. F»x aber war gar kein
Begetariancr. Ich schämte riich schrecklich. Doch auch Lie
dadurch erhvffte Schamröte blieb ein leeres Versprechen
dieses als Phrase erkannten moralischen Vorgangs.
Als ich pünktlich um neun Ahr zwanzig im „Lotel
Riesenbau" angelangt war, wies man mich in ein üppiges
Appartement des ersten Stockes. !lnd richtigl Dort fand
ich unsern Fix, der eifrig in den Seidenmustern blätterte,
die ein großer Mensch aus seinens Lederkoffer nahm. Diescr
Mensch sah aus, als ob er von Lodler sei. Er war aber
nicht von Lodler, sondern von der Firma Grüttli und
Vonwiller, Seidcnfabrikation, St. 'Gallen. Er war mir
auf den ersten Blick unsympathisch. Ich vernahm alsbald
einige Fachausdrücke aus der Seidenbranche. Dann sagte
Fix: wenn ich Lust habe, noch eine halbe Stunde spazieren
zu gehen, dann solle ich mich nicht stören lassen. Solange
werde es noch dauern. Latte Fix etwa geahnt, daß ich
ihn anpumpen wollte? Sein Vorschlag deutete auf Linter-
hältigkeit. Mußte ich deswegen ungebadet und unausge-
schlafen mitten in der Nacht um neun Ahr morgens aus
Schwabing ins Stadlinnere? Epazicrengehen konnte ich
im Englischen Garten besser. And am allerbesten mittags
um drei. Ich wollte nicht spazieren gehen. Ich wollte mich
aber auch nicht in Seidenmustern auSbilden lassen. Ich stand
unschlüssig da. Fix lächelte: „Also . . . wollen Sie nicht?
Na, dann bleiben Sie eben hier oder gehn Sie baden!"
Baden .... das war eine Idee. Ich hatle bereits
einen Blick in das halbvffcne Badezimmer geworfen,
Dunnerchen! Dort ließ es stch gut seinl — Ich sagte:
„Wenn Sie nichls dagegcn haben, lieber Fix. dann tu ich
nach Ihrem Worte. Dann —bade ich. Sie gcstatten doch?"
Fix sah erst mich und dann den Schweizer Lerrn ein-
mal an. Dann lachte er und schließlich sagte er: „Wenn's
Ihnen ein Bedürfnis ist, alsdann baden Sie!"
Es war mir etn Bedürfnis. Aber ich fiihlte mich zu eincr
Erklärung verpflichtet: „Ich bin nämlich eben erst aufgestanden
Nr. 1488
. . . und es ist gistern ein bißchen spät geworden . . ."
Ich ließ die Lerren bei ihrer Seidenbranche und schloß
die Tür des Badezimmers hinter mir zu. Dann drehte
ich die Lähne auf und freute mich des Wassersalls.
Fix führt cin komfortables Badeleben. Ich fand in
seinem Seifennetz ein violettes Stück der schönen englischen
Badeseifen entschwundener Zeiten, fand Froltiertücher und
Mantel, fand Schwamm und Zahnbürste und etliche wohl-
riechende össenzen. Es wird der schönen Leserin eine Be-
ruhigung sein, zu vernehmen, daß ich nicht von all diesen
Bequemlichkeiten Gebrauch machte. Gegen sremde Zahn-
bürsten habe ich nun einmal eine Idiosynkrasie.
Merklich erfrischt, nach warmem Bad und kalter Dusche
trat ich ins Zimmer zurück.
„Ferligi" sagte ich.
„Wir auch" erwtderte Fix.
„Alsdann, mein lieber Fix," fuhr ich fort, „bleibt mir
nichts anderes übrig, als Ihnen sür den großen Genuß,
den mir das Bad verschcfft hat, in aller Form und Lerzlich-
keit meinen tiefstgefühllen Dank auSzusprechenI"
Da sah Fix mich mit seinen blödcsten Augen groß an
und sagte:
„Ia, bester Freund, aber . .. Sie brauchen doch mir
nicht zu danken. Das ist ja gar nicht mein Zimmcr. Der
Ober hat uns nur schnell hier hereingeführt, weil bei mir
noch nicht aufgeräumt ist. Der Besitzer dieses Zimmers
hat nämlich eine kleine Tour in die Berge gemacht . .
Fremder Lerr, du, in dessen Abwesenheit der Ober
fremde Leute in dein teuer bezahltes Zimmer führt . . .
fremder Lerr, den ich nie kennen gelernt habe, lies diese
Zeilen und sei sür deine Gastfreundschaft bedankt. !lnd
bitte alle Domestiken um Verzeihung, so du sie, nach deiner
Leimkehr, im Verdacht hattest, deine Frottiertticher benntzt
zu haben, deine echt englische Badeseife und die Wohl-
gerüche, die ich mit der mir eigenen Geste Lppig in das
warme Wasser gegossen hatke . . . Richa>r> Rieß
Zpiel
Man spieit äas größke äpiel cicr Wellgeschichte,
Der Spieler weiß, es geht um liops uml Rumpf.
6n Dculschlanäs Srenzen lauern Schreckgesichte.
— Im Innern gröhlt cs aus Verstecken: „Trumpf!"
Da sitzen sie — vergnügte Herrn unä Damcn.
NIs wär r.icht kirieg gewesen, ttampf unä Nor.
Anä spielenä schlagen sie — in golänem Rahmen —
Alit Hunäerttausenäen äie Srunäen tor.
Der gute Bürger schültelt letzte ttrötcn
6us äcm beäcnklich äünn geworänen Ltrumpf.
Er weiß, äem Baterlanä sinä si- von Nöten.
— Dort holt sich Tausenäe äas Wörichen: Trumpfl
Dcm größten Lpiel verschließen sic äie Ohrcn
Anä schauen weg äavon — äas scige pack.
Für sie ist nur gewonnen unä verloren
Lrfolg im ttlub — bcim poker oäer Bac.
Raus äa — mit uns äas Lctzte zu erwarlen.
Anä nicht nach cuern Trümpfen mehr geschielr
In Stunäen äa mit unsrcr Norne ttarten
Das Schicksal selbft um Deutschlanäs Zukunft spielt.
F. K.
Mit diescr Nummer beginnt das lil. Quartal Iglü der
Meggendorfer-Blätter.
Damit tn der regeimäßigen Zusendung ieine rinkerbreclning
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meut sofort erneuern zu wollen.
^eer'^ Meggendorfer-Blätter, München/Pcrusastr.s.