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34 ^^^L^L/^cLXIX'2 Meggendorfer-Blätter, München

— „Was haben S' denn da in dem Korb drin?"

— „Unkraut."

— „Aber das frißt doch das Vieh nicht."

— „Na, aber d' Stadtleut' kaufen 's teuer als G'müs'."

Oie ^VsI^ruine

Im lVsIcis lisgl SIN ^lsuerverk,
8tsrk !m Vsrksil: von ikm ru Issen
Ist in üsr Ltironilr cier Vsrmeric,
bis ssi ein Kirctilein sinst gsvssen.

Osr Kenner msg nock msnctis 8pur
Osvon mit siciirsm fiugs tinüsn:
Oocti ivslctis lVsncilungsn erkutir
Osr 6su seit seiner 3uger>ci Zctnvincienl

V/o „8ursum corcis!" sinst im Ltior
Osr ?riestsr ssng, „birtiebt ciis
tierrsn!"

Oort ivsctisen sus cism 8cbutt bsrvor
tieut ?icktsnstsmms, scblsni« vie
Kerrsn.

V/o Kincier in 8oprsn unci 61t
6>nst lisüsn ibrs 8timmen klirigen,
Oort scbslit's von Vöglsin msnnigkslt,
diur cisü ciis iveitsus rsinsr singsn.

V/o kriscb ein kVlinistrsntenpssr
Linst scbsllts in cier k^orgsnkrüke,
Oort isutsn msncbesmsl Im 3skr
3strt ivsicisnö eines ?örsters Kübs.

Unci ivo cier ?ksrrksrr, okt mit I?scbt,
künst suk -isn Ksnrslrsnci gescbisgen,
Oort ksmmsrt bis unci cis ein Zpecbt
8Icb beut ciss 6rot kür ssinen
/vlsgen — — —

Verzweiflungsschrei

— „Dieses Anglück; verliere ich meinen
Geburtsschein — wäre ich doch nie
geboren worden!"

Der Klub der Jugend

In einer Wiener Zeitschrift wird eine neue Form der
Ehevermittlung vorgeschlagen.' In allen größeren Städten
soll unter städtischer Verwaltung ein „Klub der Iugend"
enlstehen, dem alle Ehelustigen beiderlei Geschlechts beitreten.
Alle Mitglieder haben ein ausführliches, jährlich zu er-
neuerndes Formular auszufüllen, das über alle für die
Eheschließung wichtigen Dinge: Stand, Bildungsgang, Alter,
Vermögen, Charakter, Liebhabereien usw. Aufschluß gibt.
Iedes Mitglied erhält eine Nummer, die sichtbar zu tragen,
als Registrierungsnummer in den Aklen gilt. Ohne peinliche
Fragen gibt daher der Einblick in die betresfenden Akten
gleich Aufschluß über jedes interessierende Mitglied. Der
Klub unterhält einen Restaurationsbetrieb, bietet gesell-
schaftliche Veranstaltungen usw. und soll so ein zwangloses
Einanderkennenlernen ermöglichen. —

Eulalia Schächtelein war im Spätblütenalter von vierzig
Iahren, als der „Klub der Iugend" gegründet wurde. Sie
meldete sich eiligst an, ward als erstes Mitglied aufgenom-
men, verjüngte sich in den Akten auf fünfundzwanzig, bekam
Blechmarke Nummer 1 auf die verjüngte Brust geheftet,
und ließ sich sogleich, ihre Blütenreize entfaltend, im Klub-
sessel nieder. Die Iugend strömte von allen Seiten in den
Klub. Eulalia Schächtelein nahm ste mit dem Lorgnett
aufs Korn. Ach, dieser schüchterne Iüngiing Nummer 10,

mit den träumerisch verschwommenen Wasseraugenl Eulalia
nagelte ihn unerbittlich mit ihrem niedlichen Bleisttftchen
in ihrem »iedlichen Notitzbüchlein fest. Ah, diese Recken-
gestalt, sonnverbrannt, mit dem kühnen Welterobererschritt,
Nummer 25! Er croberte im Flug ihr glückpochendes Lerz
und den zweiten Platz in ihrem Notitzbüchlein. O, diese
schneidigen Rassezüge, dieses lockend-blitzende Einglas, diese
feingepflegten Ländel Nummer 38! Eulalias zärtliches
Lerz schmachtete unaufhörlich, Eulalias niedlicher Stift flog
unermüdlich. And dann wälzte fle die Akten den ganzen
Tag. Sie kannte sie alle auswendig, all die sich täglich
mehrenden Nummern, kannte ihr ganzes Leben. Eulalia
war selbst die lebendige Aktenmappe. Nur ihre Nummer
schlug keiner nach, achtlos, verächtlich gingen sie alle an
ihr vorüber, der verschwommene Iüngling 10, der kühne
Wclteroberer 25, und das rasfige Einglas 38. Man schenkte
ihr, der im Klubsessel schmachtend Entfalteten keinen Blick,
kein Wort, man trat ihr nicht einmal eindrucksvoll auf die
vierzigjährigen Lühneraugen. Aber Eulalia ließ fich dadurch
nicht entmutigen. Sie hockte den ganzen Tag im Klub.
Sie frühstückte, gabelfrühstückte, mittagte, vesperte, abend-
brotete im Klub, vergeblich. Sie las fich im Lesezimmer
die Augen rot, vergeblich. Sie schrieb sich im Schreibzimmer
die Finger wund, vergeblich. Sie rauchte fich asthmatisch im
Rauchzimmer, vergeblich. Sie tanzte fich auf den Klubbällen

Lopyright 1919 by I. F. Lchreiber
 
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