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Zeitschrift für Humor und Kunst
^iaßftab — ,'Sag Lansei — was habt's denn ös heuer sür Sommerfrischler?"
— „O mei, gar koane feinen Leut', die ham no net a bißl hamstern wollen."
Äas Paradies aus Erden A» moverne sage »r»> I«.
Es war einmal einer, der wollte das Paradies auf
Erden errichten. Das wäre nichts Außergewöhnliches; denn
heute will jeder ein Paradies einrichten. Außergewöhnlich
u>ar nur, daß er sich dabei keiner Landgranaten bcdiente.
versammelte das Volk unter freiem Limmel und hielt
eine große Rede. „Volksgenosfen," sprach er, „wir wollen
d»s Paradies auf dieser Erde errichten! (Bravol bravo!)
3eder hat Anspruch auf dieses Paradies! (Sehr richtig!)
3eder soll in ihm wohnen, alle wie ihr hier seid, alle ohne
Ausnahme. (So gehört stch's!) Das Paradies auf Erden
d>ird uns die Elektrizilät bringen. Erst wenn das ganze
Leben elektrisiert ist, wcnn alle unsere Landlungen, unser
Sanzes Tun und Treiben eleklrisch geworden sind, wenn
wir — das ist ganz wörllich zu verstehen — nur noch auf
^nen Knopf zu driicken brauchen, um alle unsere Wünsche
erfüllt zu sehen, dann ist das Paradies auf Erden ver-
w'rklichtl Der Staat wird dann nur noch ein großes
^eklrizitätswerk sein, das alle unsere Wünfche sofort in
f'ie Tat umsetzt. Wenn wir am Morgen erwachcn, brauchen
wir nur auf den Knopf zu drücken, dann ergießt fich die
3lut des Morgeichades über uns, ein Lahn beschert uns
das dampfende Frühstücksgetränk, ein anderer Knopf be-
fergt uns das Kaffeegebäck auf den Tisch, serviert uns das
Mittag- und Abendbrot und alle sonstigen Jmbisse, nach
denen unser Lerz begehrt. Das Diktaphon nimmt unsere
Vriefe auf, die wir ihm diktieren und gibt fie weiter an
den Emp^änger. Wünschen wir zu erfahren, was fich in
der VKlc eretgnet, so lesen wir keine Zeitung; der Mühe
stnd wir enthoben, wir schalten nur das Telegrammophon
^n, das uns die drahllosen Meldungen der ganzen Welt
^zählt und uns die Leitartikel vorpredigt. Wollen wir
^nssischx Mustk, so drücken wir auf einen anderen Schalter
und der ganze Raum ist von Beethovens Symphonien
erfüllt. Wünschen wir ein Lustspiel, so schalten wir einfach
ein und der lustigste Dialog plaudert uns entgegen und auf
die Zimmerwand wird die netteste Landlung projiziert. Wir
brauchen kein Zimmer zu säubern, das besorgt der elektrische
Vakuumreiniger und der elektrische Besen besser als die
lüchtigste Lausmagd von einst. Das Tafelgeschirr wird
elektrisch gespült, die Wäsche elektrisch geplättet. Wir
werden nicht mehr müde werden, jede Arbeit leistet die
Elektrizität. Sie fördert die Kohle, sie treibt die größten
Maschinen und die größten Eisenhämmer, die Eisenbahnen
rasen elektrisch durchs Land, in den Kaufhäusern werden
wir eleklrisch bedient, ein Druck auf den Knopf bringt uns
die gewünschte Ware. Jede menschliche und tierische Arbeit
ist überflüssig, der Tag des elektrischen Paradieses ist
angebrochen!"
Stürmischer Jubel brach bei diesen Worten los, ein Iubel,
wild-fortreißend wie ein entfeffeltes Element, ein Iubel,
der kein Ende fand. Die Anbekanntesten nannten einander
Brüder und Schwestern, umarmten einander immer wieder
vor begeisterter Freude. Man fiürzte sich auf den Redner,
jeder wollte ihn umarmen, jeder ihn küssen, man hob ihn
auf die Schultern der Menge und trug ihn wie einen ge-
waltigen Triumphator durch die Stadt.
Der Ruf seiner paradiefischen Lehre ging durchs ganze
Land, man wollte ihn überall hören, auf den lauten Plätzen
der Städte, in der Einsamkeit der Gebirgsdörfer. Aeberall
derselbe Iubel, dieselbe Begeisterung. Ein Ruf ging durchs
ganze Volk: „Er soll unser Führer, unser Lerr sein!"
Er ward es; er ergriff die Zügel der Regierung, um
sein Volk ins Paradies zu führen. Seine erste Regiernngstat
war ein großer Erlaß an das geliebte Volk: Das Para-
dies ist nahe, schon morgen könnt ihr, wenn ihr wollt.
Zeitschrift für Humor und Kunst
^iaßftab — ,'Sag Lansei — was habt's denn ös heuer sür Sommerfrischler?"
— „O mei, gar koane feinen Leut', die ham no net a bißl hamstern wollen."
Äas Paradies aus Erden A» moverne sage »r»> I«.
Es war einmal einer, der wollte das Paradies auf
Erden errichten. Das wäre nichts Außergewöhnliches; denn
heute will jeder ein Paradies einrichten. Außergewöhnlich
u>ar nur, daß er sich dabei keiner Landgranaten bcdiente.
versammelte das Volk unter freiem Limmel und hielt
eine große Rede. „Volksgenosfen," sprach er, „wir wollen
d»s Paradies auf dieser Erde errichten! (Bravol bravo!)
3eder hat Anspruch auf dieses Paradies! (Sehr richtig!)
3eder soll in ihm wohnen, alle wie ihr hier seid, alle ohne
Ausnahme. (So gehört stch's!) Das Paradies auf Erden
d>ird uns die Elektrizilät bringen. Erst wenn das ganze
Leben elektrisiert ist, wcnn alle unsere Landlungen, unser
Sanzes Tun und Treiben eleklrisch geworden sind, wenn
wir — das ist ganz wörllich zu verstehen — nur noch auf
^nen Knopf zu driicken brauchen, um alle unsere Wünsche
erfüllt zu sehen, dann ist das Paradies auf Erden ver-
w'rklichtl Der Staat wird dann nur noch ein großes
^eklrizitätswerk sein, das alle unsere Wünfche sofort in
f'ie Tat umsetzt. Wenn wir am Morgen erwachcn, brauchen
wir nur auf den Knopf zu drücken, dann ergießt fich die
3lut des Morgeichades über uns, ein Lahn beschert uns
das dampfende Frühstücksgetränk, ein anderer Knopf be-
fergt uns das Kaffeegebäck auf den Tisch, serviert uns das
Mittag- und Abendbrot und alle sonstigen Jmbisse, nach
denen unser Lerz begehrt. Das Diktaphon nimmt unsere
Vriefe auf, die wir ihm diktieren und gibt fie weiter an
den Emp^änger. Wünschen wir zu erfahren, was fich in
der VKlc eretgnet, so lesen wir keine Zeitung; der Mühe
stnd wir enthoben, wir schalten nur das Telegrammophon
^n, das uns die drahllosen Meldungen der ganzen Welt
^zählt und uns die Leitartikel vorpredigt. Wollen wir
^nssischx Mustk, so drücken wir auf einen anderen Schalter
und der ganze Raum ist von Beethovens Symphonien
erfüllt. Wünschen wir ein Lustspiel, so schalten wir einfach
ein und der lustigste Dialog plaudert uns entgegen und auf
die Zimmerwand wird die netteste Landlung projiziert. Wir
brauchen kein Zimmer zu säubern, das besorgt der elektrische
Vakuumreiniger und der elektrische Besen besser als die
lüchtigste Lausmagd von einst. Das Tafelgeschirr wird
elektrisch gespült, die Wäsche elektrisch geplättet. Wir
werden nicht mehr müde werden, jede Arbeit leistet die
Elektrizität. Sie fördert die Kohle, sie treibt die größten
Maschinen und die größten Eisenhämmer, die Eisenbahnen
rasen elektrisch durchs Land, in den Kaufhäusern werden
wir eleklrisch bedient, ein Druck auf den Knopf bringt uns
die gewünschte Ware. Jede menschliche und tierische Arbeit
ist überflüssig, der Tag des elektrischen Paradieses ist
angebrochen!"
Stürmischer Jubel brach bei diesen Worten los, ein Iubel,
wild-fortreißend wie ein entfeffeltes Element, ein Iubel,
der kein Ende fand. Die Anbekanntesten nannten einander
Brüder und Schwestern, umarmten einander immer wieder
vor begeisterter Freude. Man fiürzte sich auf den Redner,
jeder wollte ihn umarmen, jeder ihn küssen, man hob ihn
auf die Schultern der Menge und trug ihn wie einen ge-
waltigen Triumphator durch die Stadt.
Der Ruf seiner paradiefischen Lehre ging durchs ganze
Land, man wollte ihn überall hören, auf den lauten Plätzen
der Städte, in der Einsamkeit der Gebirgsdörfer. Aeberall
derselbe Iubel, dieselbe Begeisterung. Ein Ruf ging durchs
ganze Volk: „Er soll unser Führer, unser Lerr sein!"
Er ward es; er ergriff die Zügel der Regierung, um
sein Volk ins Paradies zu führen. Seine erste Regiernngstat
war ein großer Erlaß an das geliebte Volk: Das Para-
dies ist nahe, schon morgen könnt ihr, wenn ihr wollt.