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142

Meggendorfer-Blätter, München

Nr. 1496

— ^Ictzt stehe ich scho» eine halbe Stunde da und Sie haben
immer noch keinen Fisch gefangen."

— „Dia war'n a dumm, wenn s' Eahna z' Liab a'beiß'n täten."

Der Redakteur

Na, sehen Siel" brüllte er mich an.

Was soll ich denn sehen, Lerr Bürgermeister?"

Das ist doch unerhört! Nächstens werden Sie noch
berichten, daß ich mir eine Kalbskeule kauftel . . ."

Ahal" dachte ich und fragte ganz bescheidcn: „Von
wem denn?"

„— Von dem ... Das geht Sie ja gar nichts anl Aber
nächstens werden Sie auch das wohl noch berichten . . ."

„— Soll ich?" fragte ich ganz ergebenst.

Na, Sie! . ." stammelte der hohe Beamte. „Sie
spaffen wohll Lören Sie mal, ich bewerbe mich jetzt um
eine bessere Stelle und ich kann doch nicht Ihretwegen . . .
Na, Sie werden doch nicht, eh . . Wir sind doch sonst gute
Frcunde gewesen . . . ."

„— So?" stieß ich aus.

„— Na, ja doch!" crwiderte der Amtsvorsteher, „ich
habe doch die Anzeige über die Geburt meines Kleinen
und über den mir verliehencn Orden auch bei Ihnen
drucken lasscn."

„— Allerdings, allerdings!" beeilte ich mich, dem Mann
zu verstchern.

Na, sehen Siel" lächelte er wohlwollend, „Also,
eh . . Sie verstehen mich schonl . . ."

Er reichte mir zwei Finger und verabschiedete fich.
Aber kaum war er draußen, da kam der Lindenwirt, der
durch sein gewaltiges Aussehen und Gewicht in der Gegend
weit bekannt gcworden ist. Er grüßte mich sehr ernst.

holte zehn Pfennig aus der Tasche und sagte:

„— Schauen S' mal herl"

Ich „schaute" hin und sah, wie die Münze in seinen
fleischigen Fingern ganz ertrank. Als er dle Land wieder
öffnete, war aus dem Groschen etwas unbeschreibbar Zer-
drücktes und Entformtes geworden. Der Wirt sah mich
stolz und fragend an.

„— Ial Donnerschock!" bemerkte ich, „Sie haben aber
Kraftl"

Lab' ich auch! And ich werde fie verwenden!"

Wieso denn?" fragte ich, „wollen Sie denn das
Gofihaus verkaufen?"

„— Wat?" empörte fich der Dicke, „Sie werde ich
verkaufen!"

Meine Verwunderung batte keine Grenzen. Wie der
Mann sich wohl die Sache dachte? And an wen wollte er
mich verkaufen?

Solche Anverschämtheiten über einen ehrlichen
Bürger zu drucken, werde ich Ihnen nicht erlauben! Sie
Männeken, Siel" brllllte er.

Erlauben Sie!" versuchte ich mich zu verteidigen,
„ich habe doch nichts von Ihnen geschrieben."

„— Wat?" Er schleppke unser Blatt aus seiner Tasche
heraus und zeigte mir die unglückselige Notiz über die
Schleichhändler. „Lier, wat is 'n dat hier?"

„— Aber hier ist doch kein Name erwähnt!"

Ach, wat! Dat janze Nest red't schon darüber!
Mich kennt hier jeder Lümmel!" Er schlug mit der Faust
auf den Tisch. „So 'ne Anverschämlheit!"

Ir.6tls.ktion88eli1u6: 8. 2>.u^u8t 1919
 
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