Zeitschrift für Humor und Kunst
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si„d allzumal Sunder
»Na, Meinhardt/ redete sie
Hn nach einer flüchtigen, etwas
ileifen Begrüßung an, „wie geht's?
2ch will hoffen, daß alles in
Drdnung ist."
Der Rentmeister holte tief
dann erwtderte er mit fester,
lvenn auch gepreßter Stimme:
»Dhne Limschweife und Beschöni-
2"ng, gnädiges Fräulein — neinl
^ ist nicht alles in Ordnung.
^öenigstens für den Augenblick
"icht und streng kaufmännisch ge-
bvmmen."
Jch erschrak, und auch meine
^anie schien sichtlich betroffen.
»Meinhardt", rief fie mit
brohend gerunzelten Brauen und
erhobener Stimme, „was soll das
heißen?"
„Offen und gerade heraus,
gnädiges Fräulein," fuhr dieser
^vrt, „die Kaffe fiimmt gegen-
^iirtig nicht ganz. Da es mir
aber fern liegt, diesen Amstand
iu verheimlichen oder dessen Ent-
beckang einer Ncvision vorzube-
halt
Eingegaugen
en, gestehe ich es unumwun
ben ein und zwar um so bereit-
williger, als es lediglich eine vor-
übergehende Differenz betrifft, die
"rvrgen wieder ausgeglichen sein
ivird. Es handelt sich um fünf-
hundert Mark. Ich habe mir
brese Summe gestern entlehnt, da
^ eine plötzliche Zahlung zu
iristen hatte, die ohne großen
^chaden für mich keinen Aufschub
uidete und ich so große Bar-
blittel nicht ständig in Bereilschaft
hobe. Morgen wäre ich tn die
Etadt gefahren, um den Betrag
b»n Meinem Bankkonto zu erheben
b"b so die Kasse wiever auszu-
^irichen. Es mag nicht ganz kor-
brlt gehandelt gewesen sein, aber ich sah auch nichts Anehren-
hu^les darin, da die Amstände drängten und ich mehrfache
rckung fär die enlnommene Summe besitze."
Meine Tante schien äußerst peinlich berührt durch dtese
"vffnung, finster sah sie eine Weile vor stch nieder, dann
°b°r brachen stch ihre Gefühle in zorniger Auswallung Bahn,
b"b mit sittlicher Entrüstung sagte sie: „Was haben Sie
derartigen Eummen zu tun, die weit über Jhre Ver-
haltnisse gehen? Sie spekulieren, Meinhardt, und das ist umso
berwerfljcher, wenn der Weg dazu über meine Kaffe geht."
»Das letztere ist nicht der Fall," verteidigte sich der
Mann. „Wenn ich hie und da Geschäfte mache, um
weine Vermögenslage zu verbeffern, so geschieht dies doch
urchaus auf solider Bafis und imNahmen meiner verfüg-
.^ren Mittel. Lieber aber würde ich alles verlieren, ehe
'ch niich verleiten ließe, ftemdes Eigentum für meine Zwecke
bb»utasten."
, "Das sind Schlupflöcher und Winkelzüge," herrschte
h" Tante Regina mit der Miene eines Staatsanwaltes
Schuldner: „Nun bin ich von dem Gerichtsvollzieher doch
übertölpelt wordenl Bietet der Schlauberger mir nach sruchtlos
ausgefallener Pfändung heimtückisch eine Prise an, so daß ich
gezwungen war, die Lände aus der Tasche zu nehmen — natürlich
sieht er bei dieser Gelegenheit den Brillantring und pfändet ihn!"
an. „Eine Moral, die so locker sitzt, ist keinen Pfifferling
wert. Lcute entlehnen Sie und morgen nehmcn Sie. Sie
werden sich des Paktes erinnern, Meinhardt, den wir auf
Grund Ihrer Vergangenheit mit einander schlossen: Die
leiseste Abweichung von der Linie strengster Rechtlichkeit
und wir sind geschiedene Leute! Der Fall ist jetzt ein-
getreten. Sie haben mein Vcrtrauen mißbraucht und sich
damit selbst Ihr Arteil gesprochen. Es tut mir leid um Sie,
Meinhardt, aber durch schwächliche Nachsicht würde ich selbst
Sie in weitere Versuchungen führen. And darum reinen Ttsch I"
Der alte Meinhardt bemühte sich vergeblich nachzuweisen,
daß es doch ein großer Anterschied sei zwischen seiner Land-
lungSweise und einer unehrlichen Tat, aber es nützte ihm
nichts. Meine Tante widerlegte alle seine „laxen" Ein-
wendungen mit der unerbittlichen Logik einer geschärften
Moral, gespickt mit tugendhaften Sentenzen und lehrreichen
Bibelsprüchen. Dagegen war kein Aufkommen, und völlig
niedergeschmettert und widerstandslos verließ der Anglücks-
vogel endlich das Gemach.
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si„d allzumal Sunder
»Na, Meinhardt/ redete sie
Hn nach einer flüchtigen, etwas
ileifen Begrüßung an, „wie geht's?
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Drdnung ist."
Der Rentmeister holte tief
dann erwtderte er mit fester,
lvenn auch gepreßter Stimme:
»Dhne Limschweife und Beschöni-
2"ng, gnädiges Fräulein — neinl
^ ist nicht alles in Ordnung.
^öenigstens für den Augenblick
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bvmmen."
Jch erschrak, und auch meine
^anie schien sichtlich betroffen.
»Meinhardt", rief fie mit
brohend gerunzelten Brauen und
erhobener Stimme, „was soll das
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„Offen und gerade heraus,
gnädiges Fräulein," fuhr dieser
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^iirtig nicht ganz. Da es mir
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übergehende Differenz betrifft, die
"rvrgen wieder ausgeglichen sein
ivird. Es handelt sich um fünf-
hundert Mark. Ich habe mir
brese Summe gestern entlehnt, da
^ eine plötzliche Zahlung zu
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^chaden für mich keinen Aufschub
uidete und ich so große Bar-
blittel nicht ständig in Bereilschaft
hobe. Morgen wäre ich tn die
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b»n Meinem Bankkonto zu erheben
b"b so die Kasse wiever auszu-
^irichen. Es mag nicht ganz kor-
brlt gehandelt gewesen sein, aber ich sah auch nichts Anehren-
hu^les darin, da die Amstände drängten und ich mehrfache
rckung fär die enlnommene Summe besitze."
Meine Tante schien äußerst peinlich berührt durch dtese
"vffnung, finster sah sie eine Weile vor stch nieder, dann
°b°r brachen stch ihre Gefühle in zorniger Auswallung Bahn,
b"b mit sittlicher Entrüstung sagte sie: „Was haben Sie
derartigen Eummen zu tun, die weit über Jhre Ver-
haltnisse gehen? Sie spekulieren, Meinhardt, und das ist umso
berwerfljcher, wenn der Weg dazu über meine Kaffe geht."
»Das letztere ist nicht der Fall," verteidigte sich der
Mann. „Wenn ich hie und da Geschäfte mache, um
weine Vermögenslage zu verbeffern, so geschieht dies doch
urchaus auf solider Bafis und imNahmen meiner verfüg-
.^ren Mittel. Lieber aber würde ich alles verlieren, ehe
'ch niich verleiten ließe, ftemdes Eigentum für meine Zwecke
bb»utasten."
, "Das sind Schlupflöcher und Winkelzüge," herrschte
h" Tante Regina mit der Miene eines Staatsanwaltes
Schuldner: „Nun bin ich von dem Gerichtsvollzieher doch
übertölpelt wordenl Bietet der Schlauberger mir nach sruchtlos
ausgefallener Pfändung heimtückisch eine Prise an, so daß ich
gezwungen war, die Lände aus der Tasche zu nehmen — natürlich
sieht er bei dieser Gelegenheit den Brillantring und pfändet ihn!"
an. „Eine Moral, die so locker sitzt, ist keinen Pfifferling
wert. Lcute entlehnen Sie und morgen nehmcn Sie. Sie
werden sich des Paktes erinnern, Meinhardt, den wir auf
Grund Ihrer Vergangenheit mit einander schlossen: Die
leiseste Abweichung von der Linie strengster Rechtlichkeit
und wir sind geschiedene Leute! Der Fall ist jetzt ein-
getreten. Sie haben mein Vcrtrauen mißbraucht und sich
damit selbst Ihr Arteil gesprochen. Es tut mir leid um Sie,
Meinhardt, aber durch schwächliche Nachsicht würde ich selbst
Sie in weitere Versuchungen führen. And darum reinen Ttsch I"
Der alte Meinhardt bemühte sich vergeblich nachzuweisen,
daß es doch ein großer Anterschied sei zwischen seiner Land-
lungSweise und einer unehrlichen Tat, aber es nützte ihm
nichts. Meine Tante widerlegte alle seine „laxen" Ein-
wendungen mit der unerbittlichen Logik einer geschärften
Moral, gespickt mit tugendhaften Sentenzen und lehrreichen
Bibelsprüchen. Dagegen war kein Aufkommen, und völlig
niedergeschmettert und widerstandslos verließ der Anglücks-
vogel endlich das Gemach.