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lS7

Zeitschrift für Humor und Kunfi

Strahenpolitik — „Meine Äerren, schließen Sie fich an mich an! Ich verwirkliche

das Paradies auf Erden: Täglich füns Pfund Speck! Mein Gegner
dort drüben verspricht Ihnen nur ein Pfund Limburger Käse."

Der tausendste Zahn

bei Suppe und Kaffee in acht. Aber cr hatte schon zu viel
versäumt, und nun suchte ihn, urplötzlich eines Nachts,
furchtbare Vergeltung heim: rasendes Zahnweh befiel ihn.
Iammervoll wälzte er fich im Bett und sah alle fünf Mi-
nuten nach der !lhr, ob denn nicht endlich der Morgen
tagen wollte, der ihm Erlösung bringen sollle. Denn: „Der
Satan muß raus I" schrie er, und seine Entschlossenheit —
es ist in solchem Fall freilich sehr leicht, entschlossen zu
sein — war so unbeugsam, daß er, als es endlich neun !>.hr
geworden war, rlchtig im Wartezimmer des Lerrn Den-
tisten Ewald August Knaus saß, eines in den Vereinigten
Staaten ausgebildeten Zahnkünstlers.

Warum Äerr Dotschke gerade zu diesem gegangen
war? Sehr einfach: der Zahnkünstler Knaus hatte sich
ihm angelegentlichempfohlen,ihm
wie allen anderen, die seine Lilfe
brauchen konnten, und zwar in
einem stattlichen Inserat, das seit
Iahresfrist in jeder zweiten Num-
mer der Abendzeitung zu lesen ge-
wesen war, mit der üeberschrift:

Ewald August Knaus — bringt
alle Zähne schmerzlos raus! —
einer Aeberschrift, die den Ge-
hirnen der Zeitungsleser fich des-
halb besonders einprägen mußte,
weil das Wort Knaus durch einen
Rebus dargestellt war, nämlich
durch ein Laus und die davor
gesetzten Buchstaben Kn sowie
einen, die Ausmerzung des h
anzeigenden Apostroph. Lerr
Dolschke hatte schon seit Monaten
über dieses Inserat gedankenlos
hinweggelesen, aber als er nun
in der Nacht der großen Schmer-
zen immer wieder die Worte:

„Der Satan muß raus!" gebrüllt
hatte, da war ihm auch, wie eine
Erlösung, der Reim Knaus ein-
gefallen.

Wäre Lerr Dotschke zu einem
anderen Vertreter der Zahnheil-
kunde gekommen, dann hälte der

ihm vielleicht geraten, den erkrankten Nerv des Zahnes ab-
töten und entfernen, den Zahn sclbst aber entsprechend be-
handeln und füllen zu lassen, damit er zu wohl noch langem
Dienste gerettet würde. Das wäre auch sehr richtig gewesen,
denn ein Zahn ist mehr wert als ein Diamant, wie der
Ritter Don Quixote gesagt hat, wobei allerdings zu be-
merken ist, daß es zu dessen Zeiten noch keine künstlichen
Zähne gegeben hat, die den Wert der natürlichen immerhin
etwas herabgedrückt haben. Lerr Knaus aber war, wie
schon seine Znserate bewiesen, durchaus für das Ausreißen.
Da er wegen seiner marktschreierischen Anpreisung in der
Zeilung wohl niemand sympathisch sein wird, darf vielleicht
die Annahme ausgesprochen wcrden, daß Lerr Knaus bei
seiner Vorliebe für das radikale Beseitigen von dem Ge-
danken ausging: Ie mehr Zähne ich ausziehe, desto mehr

Das Stelldichein

Sehr geehrter Lerr! Im Besitze Ihres lteben Schreiben,
teile Ihnen mit, daß ich zur angegebenen Zeit im Stadlpark er°
scheinen werde! - Erkennungszeichen: Sonnenblume im Knopfloch!
 
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