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Zeitschrift für Humor und Kunst


Auf dem landwirtschaftlichen Fest

Fremder: „Wie sehen denn die drei Weiber aus, die da eben aus dem
Saal fortgehen?"

Wirt: „Wissen S', bei der Fefilichkeit ist 'ne SchönheitSkonkurrenz gewesen
.und da sind die drei um den ersten Preis sich in die Laare geraten l"

Mein Steuerpregramm

ich hab's vor meiner Ehe auch nicht ge-
glaubt — kann ich Jhnen die Äutrech-
nungen meiner Frau schicken. Da wür-
den Sie Augen machenl Ich wäre zu-
frieden, wenn meine Frau nur vier Liite
brauchlel Aber lassen wir meine Frau
aus dem Spiel, sonfi müssen Sie fich auch
noch darüber ärgern. Diese vorsichtige
Rechnung ergibt also einen jährlichen
Mindestbedarf von 60 Millionen männ-
licken und 120 Millionen weiblichen
Lüten. Auf diese Lüte wird nun eine
Progresfivsteuer gelegt, ein Lut von
10 Mark bringt 10 Prozent Steuer,
ein Lut von 20 Mark 20 Prozent, einer
von 30 Mark und darüber 50 Prozcnt.

Sie werden fick über die Progressivsteuer
vielleicht ärgern, weil dann jeder sich
einen Lut um 10 Mark kaufen würde.

Aber Sie können mir schon so viel staats-
männische Schlauheit zutrauen, ich habe
die niedrige Progressivn von 10 und 20
Prozent nur angesetzt, weil stch das auf
dem Papier sehr schön ausnimmt und
den Steuerzahlern wohltut. Aber prak-
tische Bedeutung hat das gar nicht, denn
heute gibt es schon lange keinen Lut
um lO Mark mehr. Der billigste männ-
liche Lut kostet mindestens 30 Mark,
und der billtgste weibliche — es ist wirk-
lich eine Blasphemie, da noch von billig
zu reden — mindestens 60. Sie werden
zugeben, daß ich das wissen muß; denn
ich muß ja die Nechnungen meiner Frau
bezahlen. Also kann die Lutsteuer von
vorneherein mit einem Erträgnis von
50 Prozent der Lutpreise rechnen, da
ja seder Lut von 30 Mark aufwärts mit
50 Prozent versteuert wird. 60Millionen
männliche Lüte L 30 Mark ergeben 60
Millionen X 15 Mark Steuer — 900
Millionen Mark. 120 Millionen weib-
liche Lüte ä 60Mark ergeben 120M>llio-
nen X 30 Mark Steuer — 3600 Millio-
nen Mark. Also insgesamt 4'/- Milliarden. Iährlich, nota-
bene! Das ist aber noch nicht allesl Die Steuer muß
rückwirkende Kraft haben. Es werden also auch alle alten
Lüte versteuert. Lassen Sie im ganzen Reich Laussuchung
halten und Sie werden erstaunt sein, wie viel alte Deckel
da noch zum Vorschein kommen! Auf jeden deutschen Mann
rechne ich mindestens 2, auf jede deutsche Frau mtndestens
10 alte Deckel, Das gibt 60 Millionen männliche und 300
Millionen weibliche Deckel. Die ösfentltche Gerechtigkeit
verlangt nalürlich, daß ein alter Deckel nicht so hoch be-
steuert wird wie ein neuer. Aber fünf Mark für einen
männlichen und 10 Mark für einen weiblichen Deckel können
Sie heute bei jedem Trödler bekommen. Wer also für
einen alten Deckel keine Steuer bezahlen will, dem nimmt
ihn eben das Reich gratis ab und richtet selbst einen großen
Trödlerladen ein. Es wird die glänzendsten Geschäfte dabei
machen. Also die 60 Millionen alten männlichen Deckel
ertragen 60 Millionen X 5 Mark — 300 Millionen und
die 300 Millionen weiblicben 300 Millionen X 10 Mark
— 3 Milliarden, insgesamt 3,3 Milliarden Deckeisteuer. Zu-

sammen mit der obenerrechneten Steuer für neue Lüte
7,8 Milliarden Steuer. Im ersten Iahrl Nehmen Sie, bitte,
meine Steuer an, dann ist jede Finanznot behobenl Ge-
finnungstüchtigen Gruß Ihr ergebener Antertan."

Auf diesen langen Brief traf am nächsten Tag folgendes
desto kürzere Telegramm ein: „Ihre Idee ist einfach groß-
artig. Wir laden Sie ein, sofort das Reichsfinanzmini-
sterium zu übernehmen."

Eine solche Einladung hatte ich noch nie bekommen.
Ich nahm natürlich an, man wird nicht alle Tage einge-
laden, Finanzminister zu werden.

Mein Steuerprojekt wurde natürlich sogleich verwirklicht.
Das Nesultat übertraf alle Erwartungen. Es stellte sich
heraus, dab im Deutschcn Reich noch 100 Millionen mehr
weibliche Lüte vorhanden waren. Das ergab nochmals
3 Milliarden Steuer. Wir halten also innerhalb weniger
Wochcn fast 11 Milliarden neue Reichseinnahmen.

Davon hörte auch die Entente. Die hört es immer
gleich, wenn es irgendwo tn Dcutschland Geld gibt. Sie
telephonierte mich sofort an: „I^onsieur le Ilziniztrs, find
 
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