Nr. 1502
Zeitschrift für Humor und Kunst
25
Dcr Aukogramm-Fabrikanl
Struppel wurde vermögend, ja reich. Obwohl er Tag
und Nacht jchmierte, war die Nachfrage nicht mehr zu
bewältigen; ja, er begann schon selbst die Anterschriften zu
verwechseln, den energischen Namenszug Napoleons mit
den kokelten Federstrichlein der Soubrette Loly Lola. Es
ging nicht mehr; er mußte stch nach einer Lilfskraft um-
sehcn. Aber zu seiner Kunst konnte er keinen beliebigen
Sliimper brauchen, sondern ein Genie, das mit überlegener
Meisterschaft die Feder führte wie Raffael einst seinen
Pinsel. Das war nicht leicht. And eine zuverlässige, lreue
Seele mußte es sein, die, wie ein Bruder mit dem Bruder,
die schwere und vcranlwortungsvolle Bürde tragen half.
Das war noch schwerer.
Wie er so sehnsüchtig nach dieser Seele suchte, kam
eines Tages ein junger Vetter zu ihm, auch ein Struppel,
aber noch ein Länschen. Der machte ein recht trübseliges
Gesicht und klagte ihm seine Not. Er sei vom Gymnafium
davon gejagt worden, wcil er, aus Furcht vor seinem Vater,
das Osterzeugnis gefälscht habe. Struppel fuhr mit be-
geistert funkelnden Augen in die Löhe, riß den verdutzten
Vetter jubelnd in seine Arme: „Komm an meine Brust,
du bist mein Mann!"
Länschen war starr vor Staunen, aber ließ es ge-
schehen, daß man ihn auf einen Stuhl setzte, eine Feder
in seine Land drückte und ihn hieß, hundert Mal Napoleon
und zweihundert Mal Schiller aufs Papier zu malen.
Länschen entwickelte stch sehr gut, er ward eine wtrk-
liche Stühe des großen Lans. Der Iunge war so eifrig,
so tüchtig, so ehrgeizig. Er war ein wirklichcs Genie; an
Kühnheit der Phantafle übertraf er weit seinen Meifier:
Schon nach vier Wochen hatte er eigenhändig die Anter-
schrift Adams und des klasfischen Schweinehirten Eumäus
erfunden. Dem alten Lans liefen manchmal Tränen der
Rührung über die Backen, wenn cr sah, wie seinem jungen
Vetter die Arbeit von der Land ging. Er war glückltch,
überglücklich, rieb fich die Lände vor Vergnügen heiß und
freute sich seines soliden Geschäfts. Aber jetzt wollte er
sich 'einmal einige Monate Erholung gönnen, seinen Reich-
tum genießen. Amerika gedachte er aufzusuchen, das Land,
wo er die echle Lebenskunst, die wahre Solidität gelernt
hatte. Reiscmunter ging er zu seiner Bank und schrieb
sich mit Behagen einen feisten Scheck aus.
„Bedauere," sagte der Beamte mit dienstlicher Teil-
nahme, „tut mir sehr leid, gestern hat ein junger Mann
Zhr ganzes Guthaben von 200000 Mark auf einen Scheck
mit Jhrer Unterschrift abgehoben."
„Das war mein tüchtiger Vetterl" hauchte Struppel
und klappte zusammen. Lekuba
üebertrumpft
— „Mein Vadder hat 'n Lahn, der kräht englisch!"
— „Mensch, det is noch jarnischt — mein Vadder hat 'ne
Lenne, die legt bloß Auslandseierl"
Lei ^.uti».^<ii inu! üor-lelluu^eu vvolleu 8>o oiol» uut «.tior-v ^oit-soiiritt. iio^ioiiou.
Zeitschrift für Humor und Kunst
25
Dcr Aukogramm-Fabrikanl
Struppel wurde vermögend, ja reich. Obwohl er Tag
und Nacht jchmierte, war die Nachfrage nicht mehr zu
bewältigen; ja, er begann schon selbst die Anterschriften zu
verwechseln, den energischen Namenszug Napoleons mit
den kokelten Federstrichlein der Soubrette Loly Lola. Es
ging nicht mehr; er mußte stch nach einer Lilfskraft um-
sehcn. Aber zu seiner Kunst konnte er keinen beliebigen
Sliimper brauchen, sondern ein Genie, das mit überlegener
Meisterschaft die Feder führte wie Raffael einst seinen
Pinsel. Das war nicht leicht. And eine zuverlässige, lreue
Seele mußte es sein, die, wie ein Bruder mit dem Bruder,
die schwere und vcranlwortungsvolle Bürde tragen half.
Das war noch schwerer.
Wie er so sehnsüchtig nach dieser Seele suchte, kam
eines Tages ein junger Vetter zu ihm, auch ein Struppel,
aber noch ein Länschen. Der machte ein recht trübseliges
Gesicht und klagte ihm seine Not. Er sei vom Gymnafium
davon gejagt worden, wcil er, aus Furcht vor seinem Vater,
das Osterzeugnis gefälscht habe. Struppel fuhr mit be-
geistert funkelnden Augen in die Löhe, riß den verdutzten
Vetter jubelnd in seine Arme: „Komm an meine Brust,
du bist mein Mann!"
Länschen war starr vor Staunen, aber ließ es ge-
schehen, daß man ihn auf einen Stuhl setzte, eine Feder
in seine Land drückte und ihn hieß, hundert Mal Napoleon
und zweihundert Mal Schiller aufs Papier zu malen.
Länschen entwickelte stch sehr gut, er ward eine wtrk-
liche Stühe des großen Lans. Der Iunge war so eifrig,
so tüchtig, so ehrgeizig. Er war ein wirklichcs Genie; an
Kühnheit der Phantafle übertraf er weit seinen Meifier:
Schon nach vier Wochen hatte er eigenhändig die Anter-
schrift Adams und des klasfischen Schweinehirten Eumäus
erfunden. Dem alten Lans liefen manchmal Tränen der
Rührung über die Backen, wenn cr sah, wie seinem jungen
Vetter die Arbeit von der Land ging. Er war glückltch,
überglücklich, rieb fich die Lände vor Vergnügen heiß und
freute sich seines soliden Geschäfts. Aber jetzt wollte er
sich 'einmal einige Monate Erholung gönnen, seinen Reich-
tum genießen. Amerika gedachte er aufzusuchen, das Land,
wo er die echle Lebenskunst, die wahre Solidität gelernt
hatte. Reiscmunter ging er zu seiner Bank und schrieb
sich mit Behagen einen feisten Scheck aus.
„Bedauere," sagte der Beamte mit dienstlicher Teil-
nahme, „tut mir sehr leid, gestern hat ein junger Mann
Zhr ganzes Guthaben von 200000 Mark auf einen Scheck
mit Jhrer Unterschrift abgehoben."
„Das war mein tüchtiger Vetterl" hauchte Struppel
und klappte zusammen. Lekuba
üebertrumpft
— „Mein Vadder hat 'n Lahn, der kräht englisch!"
— „Mensch, det is noch jarnischt — mein Vadder hat 'ne
Lenne, die legt bloß Auslandseierl"
Lei ^.uti».^<ii inu! üor-lelluu^eu vvolleu 8>o oiol» uut «.tior-v ^oit-soiiritt. iio^ioiiou.