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36 Meggendorfer-Blätter, München

— „So geht's nimmerl 's kimmt ja koa Menschenseel. Müaß ma
halt heut als fiamefische Zwillinge austreten, Paulal"

— „Mit dir fei nimmerl Da hab' i scho zu schlechte Erfahrungen
g'macht. Bal mi 's Publikum kitzelt, vergißt du regelmäßi dös Lachen I"

im Schweiße seines Angesichtes das tempera-
turgemäße Feuilleton.

Spät abends kam ich wieder. Aber —
ich fand kein Manuskript.

Ich fand nur Petschel. !lnd ich sah ihn
fragend an. Da sagte er:

„Ich hab' den Aufsatz geschrieben. !lnd
dann hab' ich ihn selber gelesen und dann —
es ist ja schließlich gleich, ob Sie 's tun odcr
ich — nun, da hab' ich ihn eben selber gleich
in den Papierkorb geworfen..

— „Mann, der GerichtSvollzieher kommt!"

— „Gut. Sei so freundlich, gieb ihm einen
Stuhl."

— „Ich fürchte, er will mehr habenl"

Eigentümlicher Fortschritt

Die Gattin des Kranken: „Ietzt geben Sie
zu, daß das Leiden meines Mannes unheilbar
ist, früher haben Sie immer das Gegenteil
behauptetl"

Arzt: „Ia, inzwischen hat die Wissenschaft
nämlich bedeutende Fortschritte gemacht, liebe

Fcaul"

Der Volontär Von Rtchard Rteß

„Lerr Petschel wird bei uns volontieren," sagte der
Chef zu mir. „Ich bitte Sie, ihn im Fewlleton zu be-
schäftigen."

„Schönl" erwiderte ich, machte eine Verbeugung zum
Chef und eine andere zu Lerrn Petschel, schob den Zeitungs-
berg vom „anderen" Stuhl auf die Ecde und sagte: „Wenn
Sie Platz nehmen wollen..."

!lnd dann „beschäftigte" ich Lerrn Petschel. „Aeber-
morgen ist die Eröffnung der Rtndviehausstellung. Schrei-
ben Sie mir eine kleine Skizze über.... Volontäre ....
Verzeihen Sie ... nein!... über: Die Schönheiten des
Landlebens."

Lerr Petschel nickte sehr intensiv, und dann schrieb er.

!Ind dann las ich.

!lnd dann nahm ich das Manuskript und warf es
schweigend in den Papierkorb.

Lerr Petschel aber hatte sein Tagewerk getan.

Anderntags kam er wieder. Ich beschäsligte ihn wie-
der. Er schrieb wieder. Ich las es wieder und — warf
es wieder schweigend in den Papierkorb. Obwohl das
Manuskript diesmal nur wenige orthographtsche Fehler
aufwies.

Tag für Tag ging das so. Er kam, bat um Arbeit,
bekam sein Thema, schrieb... ich las das Manuskript und
warf es in den Papierkorb. Gesprochen wurde dabei so
gut wie nicht.

Etnmal mußte ich mir für den Nachmittag Arlaub
nehmen.

„Schreiben Sie heut mal eine kleine Iuli-Plauderei"
empfahl ich, ehe ich mich empfahl.

Petschel beugte fich über sein Papier. Petschel dichtete

Eiuschränkung — „In meinem ganzen Leben

setze ich keincn Fuß mehr auf ein Schiff! — Das heißt,
mit AuSnahme des einen. das mich hoffentlich hier abholt."
 
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