Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeitschrift für Humor und Kunst 39

Gefrornes

nimmst die vier Kilo Kalbfleisch mit hinüber zu der Mutler."

— „Ia, Tant', ja." — „Mußl halt ein biffel schlau sein an
der Grenz." — „Ia, Tant', ja." — „Und daß sich's nicht
halt', brauchst kei Angst z' hab'n — da, pack's an — ganz
steif, gelt — direkt aus dem Eisschrank, weißt ..." Im
Lalbschlafblinzelnd, sah ich blonde Zöpfe, ein Pakel darunter,
auf die Grenze zu verschwinden. Im Traum dann gingen
mir die blonden Zöpfe, gingen mir Pakete s vier Kilo
Kalbfleisch, gingen mir spendefreudige Tanten, blonde Röserln
seltsam wohlig durcheinander - war's schon Zeit zu pfeifen...

Lui, da pfiff wer anders. Der einlaufende Zug war's
der an der kleinen Grenzstation verschnausen mußte. Grad'
noch, daß ich ihn erwischte. Glück muß man haben, dachte
ich geborgen in der Wagenecke — war's schon Zeit zu
pfeifen ...

Lalt, da drüben in der andern Wagenecke waren blonde
Zöpfe, griffen Röslhände sichtbarlich erleichtertan dieLüften,
flüsterte ein Röslmund zur Nachbarin: „Glauben Sie, daß
noch ein Grenzer kommen könnt — ?"

Whupp, kam er schon vom andern Wagen her, der Grenz-
mensch, der geschwollne. Whupp, setzte er sich ausgerechnet
neben die Rösl. Whupp, begann er ihr die Cour zu machen

— nein, es war wirklich noch nicht Zeit zu pfeifen —

Denn die Rösl wurde plötzlich arg verlegen. Denn
die Rösl fand es plötzlich nötig, ihre Iacke anzuziehn.
„Darf ich Ihnen helfen, liebes Fräulein?" sagte der Ge-
schwollne galant. And die Nösl wurde rot. !lnd noch
röter, als die Iacke noch viel zu kurz war. Also daß sie
ihren Schal fich um die Lüfte wickelte „Fräulein frieren?"
fragte der Galante voll Besorgnis.

„Wenn du wüßtest," dachte ich, „daß es in einem Eis-
schrank minus sieben Grad hat . .

„Ganz unerklärlich, Fräulein," schnäbelt der Geschwollne,
„wie man bei dieser Litze frieren kann trotz Iacke, Schal
und ..."

„Wenn du wüßtest," dachte ich, „daß unter diesem Schal
ein Kampf sich abspielt, ein Kampf zwischen vier Kilogramm
von minus siebcn Grad und — hm, etwa sechzig Ktlogramm
von ungefähr plus sechsunddreißig Grad. Die Waffen waren
ungleich, kein Zweifel, daß die minus sieben Grad zu Boden
geschlagen würden, unten durch sein würden —

Boden? unten durch? — hm, der feuchte Fleck dort
unten, der größer ward und größer — armes Rösl, wenn
ich deine Kräusellippen richtig schätze, hat fich mehr als
einer blutighart getan, dein Lerze aufzutauen — Kinderei
gegen die verborgne Tauerei, die dir jetzt auferlegt ward.
And bei alldem mußt du gar noch diesem Zöllner schönlun,
daß sich seine Aufmerksamkeit nach oben richtet statt nach
untcn, von der Mitte nicht zu reden. Mußt verheißend
lächeln, mußt gar tun, als wären Zöllnerküffe Möglichkeiten,
über die üch reden ließe. Darfst nicht mucken, wenn ein
Zöllnerarm beim Erzählen wie von ungefähr sich auf deine
Schulter legen möchte — halt, ntcht weiter, sehr verehrter
Zöllner, Liebenswürdigkeiten sind nur oberhalb des Schals
gestattet. Das, verehrter Grenzer, ist die Grenze, wo selbst
ein geheytes Zollwild bockig werden könnte. Wo ihm
alles gleich sein würde, wenn der schöne Wahn mit Schal
und Iacke risse und es feucht nach außen schlüge.

Bis zum Schal hlnunter mußt du diesem Menschen
freilich Chancen lächeln, die dein Lerz nicht kennt. Ach,
der Geist ist willtg, doch das Fleisch ist schwach. Lm nein,
der Geist ist schwach, das Fleisch dagegen stärker. Wieder
falsch, stolzer Geist und starres Fleisch, ste werden beide
weich. Nein, jetzt weiß ich's: der Geist ist willig und das


^eF/ — rrrre errr F'eö/a^/ — rrrr 2>a/--ke.
^> /7/o^e-r^/e/S r/? errrS <)rrSrr//?//a^.

Doc^ — rrrar-erm Ar'rr r'o^ rrrrr- /o rea////r/r^? —

Äerrr Lrrr/o/ /e/// /rr er'rre 7/rrrröerrrrrr-^e /

A/e L-e^/ errr? //e/^r/ eerr^r/r/re/rr/roH r'rr ?/e Drrr-Fe,

D/e errr öerrr D/er/'e eorrr-/e/ /e/eorrs rrr^//r/r/r//

Are L'e^/ errrö r-erösr-/ rrrr'/ öerrr e/orrr/Zr/o^
T>er-Fr-rr'rrr/err //ärrh'/rrr^ rrrrrrrerr« Mrr-rK üerrr^e.

So errr Sorre// — /e/ F°o// — es r// errr Dr-ee///errr /
/7//errr /a^orr ör'e ürrrrr-/e//e /rrrö Ae/a^r-//o^,

L/rrr) A/r'rrrrrrerrr- ec'r/S r-er-/rrrr^/, — /o «r///s öer- S/rre/i'er —

Ders />aee/errr eoo/rr/ rrr //ee/- o rre/rr rrr //ä///errr
r/rrr) r/?, ro- /e^ es /eK/ er//, r/errr//a- /rrer>/ro-
Nrrch rore -)/e /eK/e Ser/e, /-LokerrAchtker-.

Fleisch ist billig. Mtr will's freilich nichl in meinen Sinn,
wie eine lächeln kann und immer wieder lächeln, daß be-
sagtes Fleisch nicht teuer würde.

Armcs, schnatterndes, gefrornes Rösl, bei minus sieben
Grad zu glühn für einen faden Grenzer muß nicht leicht
sein. Gar wenn der Niederschlag nach außen und nach
unten immer unbarmherziger auf sein Daseinsrecht pocht
— klitsch klatsch — Rösl, Rösl, rede, rede, daß du's über-
tönst . . . Fidele Sache — hm. Rösl, wenn nicht du es
wärest, die die Zeche zahlen müßte, 's wär' wahrhaftig
Zeit zu pfeifen . . .

War's nicht Shakespeare, der einmal gesagt hat: „O
schmölze doch dies allzufeste Fleischl" Arglistiger Brite,
wußtest du, wie dreihundert Iahre später eine arme blonde
Iungfrau die Erfüllung deines Wunsches büßen mußte —
klitsch klalsch, klitsch klatsch - Rösl, das Geklatsch der
 
Annotationen