Zeitschrift für Humor und Kunst 85
Etn König wird gesucht V°» z Frank
Das Volk von Salvador war der Republik überdrüsstg.
Das war um so erklärllcher, als schon alle einigermaßen
erwachsenen Salvadorcr auf dem Präsidenlenstuhl gesessen
hatten und keiner dem anderen zum zweitenmal diese Ehre
gönnte. Deshalb beschloß die Volksvertretung, daß man
sich in Europa nach einem Fürsten umsehen sollte, der ge-
eignet und würdig wäre, den noch unbefleckten Thron von
Salvador zu besteigen. Da die Salvadorer als echte Re-
publikaner keinerlei Beziehungen zu Königshäusern unter-
hielten, so verfielen sie auf den nicht mehr ungewöhnlichen
Weg, in der Zeitung nach einem zu inserieren. Bald darauf
las man in großen europäischen Zeitungen folgende ver
lockende Annonce: „Die Republik Salvador, der Demokratie
überdrüsfig, sucht einen König aus nachweisbar guter Familie,
der schon srüher ähnliche Stellungen mit Erfolg bekleidet
hat. Derselbe muß imstande sein, selbständig zu handeln,
und Erfahrung in Polttik haben. Es wollen stch nur solche
Äerren melden, die angenehme Amgangsformen und reprä-
sentatives Auftreten befitzen und in wohlgeordneten Ver-
mögensverhältnissen leben. Zwecks Ersparung von Kosten
wäre es sehr erwünscht,
wenn Bewerber Thron-
sesselund sonstige könig-
liche Requisttien mit-
bringen könnle. An-
gebote mit lückenlosem
Lebenslauf, Zeugnisab-
schriften, Photographie
und Gehaltsforderun-
gen an den Landtag
von Salvador."
Der Fürst Leinrich
vonBücklinghausen, der
im Auftrag der Groß-
mächte schon die Throne
aller firittigen Welt-
gegenden absolviert, au-
genblicklich aber stellen-
los nur den Tennisklub
von Bücklinghausen zu
protegieren hatte, las
das Inserat der Repu-
blik Salvador. So ein
südamerikanischer Kö-
nig, das war noch etwas
Verlockendes! Die ge-
ftellten Bedingungen
konnte er restlos erfüllen.
Scine gute Familie
konnte er aus dem Go
thaischen Almanach
nachweisen, von dem er
gleich ein paar Duhend
Bände zusammenpackte.
Seine Erfolge in der
Politik bewies schon
der Amstand, daß ihn
die Großmächte, wenn
er irgendwo rausge-
schmissen worden war,
gleich wieder wo anders
angestelllhatten.Throne
konnte er verschiedene
mitbringen, er wollte sie
jedoch, da sie alle etwas beschädigt waren, auf eigene Kosten
frisch überziehen lassen. Majestätisches Auftreten sicherte
er unter allen Amständen zu. Seine Vermögensverhältnisse
wären so gute, daß er noch nie einen StaatSbankrott ver-
ursacht hätte. Als Lebenslauf sandte er die Bücklinghauser
Zeitung ein, die seit seiner Geburt alle fürstlichen Lebens-
umstände von der täglichen Speisekarle bis zur Landschuh-
nummer getreu registriert hatte. Anstatt der gewünschten
einen Photographie konnte er mit zwanzig Iahrgängen einer
beliebten Zeitschrift aufwarten, die ihn in jeder ihrer
Nummern mindestens einmal ganz oder teilweise veröffent-
licht hatte. Die Gehaltsfrage wollte er vollständig der
Großmut des Volkes von Salvador anheimstellen. Zwei-
hundert beschäftigungSlose Fürsten meldeten sich. Da aber
keiner so wenig wie der Bücklinghauser verlangte, so entschied
sich das großmütige Volt von Salvador für ihn. Es hieß
ihn in seinem neuen Königreich als Leinrich I willkommcn.
In einem Berliner Caft saß der blaue Leinrich, Loch-
stapler von Weltruf, und studierte gerade die Zeitungen,
um zu sehen, wie fie wieder seine neuesten Leistungen re-
zensiert hatten. Aber er fand heute ausnahmsweise einmal
Sttlkke Konkurrenz Arzt: „Wer ist da?" Frcmder: „Bleiben Sie nur oben, Lerr
Doktorl Ich hatte zur Vorsicht bei allen drei Aerzten hier in der
Straße geklingelt . . . aber da kommen scho» zwei angerannt!"
Etn König wird gesucht V°» z Frank
Das Volk von Salvador war der Republik überdrüsstg.
Das war um so erklärllcher, als schon alle einigermaßen
erwachsenen Salvadorcr auf dem Präsidenlenstuhl gesessen
hatten und keiner dem anderen zum zweitenmal diese Ehre
gönnte. Deshalb beschloß die Volksvertretung, daß man
sich in Europa nach einem Fürsten umsehen sollte, der ge-
eignet und würdig wäre, den noch unbefleckten Thron von
Salvador zu besteigen. Da die Salvadorer als echte Re-
publikaner keinerlei Beziehungen zu Königshäusern unter-
hielten, so verfielen sie auf den nicht mehr ungewöhnlichen
Weg, in der Zeitung nach einem zu inserieren. Bald darauf
las man in großen europäischen Zeitungen folgende ver
lockende Annonce: „Die Republik Salvador, der Demokratie
überdrüsfig, sucht einen König aus nachweisbar guter Familie,
der schon srüher ähnliche Stellungen mit Erfolg bekleidet
hat. Derselbe muß imstande sein, selbständig zu handeln,
und Erfahrung in Polttik haben. Es wollen stch nur solche
Äerren melden, die angenehme Amgangsformen und reprä-
sentatives Auftreten befitzen und in wohlgeordneten Ver-
mögensverhältnissen leben. Zwecks Ersparung von Kosten
wäre es sehr erwünscht,
wenn Bewerber Thron-
sesselund sonstige könig-
liche Requisttien mit-
bringen könnle. An-
gebote mit lückenlosem
Lebenslauf, Zeugnisab-
schriften, Photographie
und Gehaltsforderun-
gen an den Landtag
von Salvador."
Der Fürst Leinrich
vonBücklinghausen, der
im Auftrag der Groß-
mächte schon die Throne
aller firittigen Welt-
gegenden absolviert, au-
genblicklich aber stellen-
los nur den Tennisklub
von Bücklinghausen zu
protegieren hatte, las
das Inserat der Repu-
blik Salvador. So ein
südamerikanischer Kö-
nig, das war noch etwas
Verlockendes! Die ge-
ftellten Bedingungen
konnte er restlos erfüllen.
Scine gute Familie
konnte er aus dem Go
thaischen Almanach
nachweisen, von dem er
gleich ein paar Duhend
Bände zusammenpackte.
Seine Erfolge in der
Politik bewies schon
der Amstand, daß ihn
die Großmächte, wenn
er irgendwo rausge-
schmissen worden war,
gleich wieder wo anders
angestelllhatten.Throne
konnte er verschiedene
mitbringen, er wollte sie
jedoch, da sie alle etwas beschädigt waren, auf eigene Kosten
frisch überziehen lassen. Majestätisches Auftreten sicherte
er unter allen Amständen zu. Seine Vermögensverhältnisse
wären so gute, daß er noch nie einen StaatSbankrott ver-
ursacht hätte. Als Lebenslauf sandte er die Bücklinghauser
Zeitung ein, die seit seiner Geburt alle fürstlichen Lebens-
umstände von der täglichen Speisekarle bis zur Landschuh-
nummer getreu registriert hatte. Anstatt der gewünschten
einen Photographie konnte er mit zwanzig Iahrgängen einer
beliebten Zeitschrift aufwarten, die ihn in jeder ihrer
Nummern mindestens einmal ganz oder teilweise veröffent-
licht hatte. Die Gehaltsfrage wollte er vollständig der
Großmut des Volkes von Salvador anheimstellen. Zwei-
hundert beschäftigungSlose Fürsten meldeten sich. Da aber
keiner so wenig wie der Bücklinghauser verlangte, so entschied
sich das großmütige Volt von Salvador für ihn. Es hieß
ihn in seinem neuen Königreich als Leinrich I willkommcn.
In einem Berliner Caft saß der blaue Leinrich, Loch-
stapler von Weltruf, und studierte gerade die Zeitungen,
um zu sehen, wie fie wieder seine neuesten Leistungen re-
zensiert hatten. Aber er fand heute ausnahmsweise einmal
Sttlkke Konkurrenz Arzt: „Wer ist da?" Frcmder: „Bleiben Sie nur oben, Lerr
Doktorl Ich hatte zur Vorsicht bei allen drei Aerzten hier in der
Straße geklingelt . . . aber da kommen scho» zwei angerannt!"