Zeitschrift sür Humor und Kunst 101
— „Wenn ich nur den Kerl kennen tät, der mich eben umgerannt
hat. damit ich auf d' Seit'n gehn kann. wenn er wieder daberrastl"
Schneegefiöber. Etn Lerr und eine Dame
stehen in einem Lauseingang. Der Lerr
ruft eine Droschke herbei, aber die Dame
sagt: «Nein, die Droschke will ich nicht,
ich will ein Automvbil." Worauf der
Kutscher gemütlich erwidert: „Zahlen Sie
füns Mark und ich fahre Sie zum Stand
der Antomobile."
Liedcr ohne Worle
Pflicht etnes jeden war es,
für reichste Abwechslung zu
sorgen, und ich durfte schon oben
hervorheben, daß uns das an sich
geringe Stvffgebiet Raum genug
zur größten Kraftenlfaltung bot.
Wäre allerdings nicht diese
unbegrenzte Bewegungsfreiheit
gewesen, wer weiß, ob nicht doch
eines Tages tn der einen oder
anderen Stimme eine Wieder-
holung vorgekommen wäre.
So aber wachte der Dirigent
kraft seinesZwangswahlspruchs:
„Geben Sie Gedankenfreiheit!"
engherzig darüber, daß jeder
von der breitgetretenen Fahr-
straße des Rormalen jederzeit
so weit wie irgend möglich ab-
wich.
Der Dirigent war jeder von
uns vieren.
Wer sich eben am kräftigsten
fühlte, oder wem vom langen
Stillstehen der Atem ausging, oder wer fich sonst Luft
machen mußte, der ergriff den Taktstock.
!lnd er handhabte ihn gewalttg.
Die keines Anreizes bedurft hätten, die aus sich selbst
schon ihr Bestes hergeben wollten, die wurden durch diese
erpresserischen Drohungen des fuchtelnden WahnsinneS noch
um ihr Letztes gebracht.
ES gab schließlich keine Töne mehr, die aus uns nicht
herauszuholen gewesen wären.
Was Wunder, haß nun unmerklich im Laufe der Zeiten
unsere Stimmen verfiegten und unsere Kräfte versagten.
Zch als der Schwächlichste von allen war schon nach zehn
Eingerechnet
Poltzist: „Das ist ja ein neltes Kleeblatt betsammen!"
Stromer: „Ia... und gar 'n vierblättriges!"
Iahren solcher Tag für Tag gepflogenen stundenlangen
Uebungen ein gcbrochener Mann.
Ich erklärte meinen Austritt aus dem Quartelt und
brachte dadurch unter dem Stirnrunzeln meiner Gefährten
den ganzen Musentempel zu Fall.
Denn es ließ sich nicht erwarten, daß nach so langer
Eingewöhnung ein Ersatz für mich zu finden gewesen wäre.
Seitdem ist aber ein Stachel in mir zurückgeblieben.
Und wie sich Liebe wohl in Laß verwandeln kann, so mochte
ich von da ab keinen Männergesang mehr hören.
Weit ging ich solchen Tönen aus dem Wege, sie mochten
noch so verlockend immer wieder dieselben Worte, dieselbcn
Silben in tausend Wiederbolungen variieren
- mir widerstand dies Gröhlen ganz und gar.
Neulich aber wurde ich doch noch ein-
mal ein Opfer meines Mangels an Schwer-
hörigkeit.
Denn wie ich auf einer Neise aus mei-
nem Lotel abends um fieben !lhr eben mein
Auto bestieg, hörte ich aus dem Loka' gegen-
über vielstimmig den schaurigen Männer-
gesang:
„Ach erschrak der Kna- schrak der Kna-.
schrak der Kna— ach, erschrakakakakakak der
Knaknaknaknaknaa—bee I"
Ich riß die Kurbel herum und war
gerettet.
Seitdem aber liebe ich innig und auf-
richtig die Lieder ohne Worte.
— „Wenn ich nur den Kerl kennen tät, der mich eben umgerannt
hat. damit ich auf d' Seit'n gehn kann. wenn er wieder daberrastl"
Schneegefiöber. Etn Lerr und eine Dame
stehen in einem Lauseingang. Der Lerr
ruft eine Droschke herbei, aber die Dame
sagt: «Nein, die Droschke will ich nicht,
ich will ein Automvbil." Worauf der
Kutscher gemütlich erwidert: „Zahlen Sie
füns Mark und ich fahre Sie zum Stand
der Antomobile."
Liedcr ohne Worle
Pflicht etnes jeden war es,
für reichste Abwechslung zu
sorgen, und ich durfte schon oben
hervorheben, daß uns das an sich
geringe Stvffgebiet Raum genug
zur größten Kraftenlfaltung bot.
Wäre allerdings nicht diese
unbegrenzte Bewegungsfreiheit
gewesen, wer weiß, ob nicht doch
eines Tages tn der einen oder
anderen Stimme eine Wieder-
holung vorgekommen wäre.
So aber wachte der Dirigent
kraft seinesZwangswahlspruchs:
„Geben Sie Gedankenfreiheit!"
engherzig darüber, daß jeder
von der breitgetretenen Fahr-
straße des Rormalen jederzeit
so weit wie irgend möglich ab-
wich.
Der Dirigent war jeder von
uns vieren.
Wer sich eben am kräftigsten
fühlte, oder wem vom langen
Stillstehen der Atem ausging, oder wer fich sonst Luft
machen mußte, der ergriff den Taktstock.
!lnd er handhabte ihn gewalttg.
Die keines Anreizes bedurft hätten, die aus sich selbst
schon ihr Bestes hergeben wollten, die wurden durch diese
erpresserischen Drohungen des fuchtelnden WahnsinneS noch
um ihr Letztes gebracht.
ES gab schließlich keine Töne mehr, die aus uns nicht
herauszuholen gewesen wären.
Was Wunder, haß nun unmerklich im Laufe der Zeiten
unsere Stimmen verfiegten und unsere Kräfte versagten.
Zch als der Schwächlichste von allen war schon nach zehn
Eingerechnet
Poltzist: „Das ist ja ein neltes Kleeblatt betsammen!"
Stromer: „Ia... und gar 'n vierblättriges!"
Iahren solcher Tag für Tag gepflogenen stundenlangen
Uebungen ein gcbrochener Mann.
Ich erklärte meinen Austritt aus dem Quartelt und
brachte dadurch unter dem Stirnrunzeln meiner Gefährten
den ganzen Musentempel zu Fall.
Denn es ließ sich nicht erwarten, daß nach so langer
Eingewöhnung ein Ersatz für mich zu finden gewesen wäre.
Seitdem ist aber ein Stachel in mir zurückgeblieben.
Und wie sich Liebe wohl in Laß verwandeln kann, so mochte
ich von da ab keinen Männergesang mehr hören.
Weit ging ich solchen Tönen aus dem Wege, sie mochten
noch so verlockend immer wieder dieselben Worte, dieselbcn
Silben in tausend Wiederbolungen variieren
- mir widerstand dies Gröhlen ganz und gar.
Neulich aber wurde ich doch noch ein-
mal ein Opfer meines Mangels an Schwer-
hörigkeit.
Denn wie ich auf einer Neise aus mei-
nem Lotel abends um fieben !lhr eben mein
Auto bestieg, hörte ich aus dem Loka' gegen-
über vielstimmig den schaurigen Männer-
gesang:
„Ach erschrak der Kna- schrak der Kna-.
schrak der Kna— ach, erschrakakakakakak der
Knaknaknaknaknaa—bee I"
Ich riß die Kurbel herum und war
gerettet.
Seitdem aber liebe ich innig und auf-
richtig die Lieder ohne Worte.