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Zeitschrift für Humor und Kuuft v>/vv^vvvvv^v^ 103

Richlung — „Was habt's riacha ihr für a politische Richtung?"
— „Mir — san arbeitswilligl"

Dte Amertkanerin

seiner Tochter gar nicht bezahlen ließ. Die durch
die Trüffelsauce anqebahnte Bekanntschaft wandelte
sich allmählich in Frenndschaft dank dem Lehrbuch
für englische Konversation, das ich mir schnell in der
Buchhandlung gekauft hatte. Wir steckten den ganiien
Tag zusammen in angeregtester Anterhaltung. Mr.

Smith laS eine englische Zeitung. Miß Ethel einen
englischen Roman und ich sagte alle halbe Stunde
..blotv cic> xou cic>?". !lm die Anterhaltung noch
lebhafter zu gestalten schaltete ich dann alle Viertel-
stunden eine Bemerkung übers Wetter ein. Natürlich
aus dem englischen Konversationsbuch. Bald wußte
ich die zebn ersten Seiten des Buches auswendig,
so daß ich schon an das kühne Wagnis denken konnte
mich mit Miß Ethel in einen richtigen amerikanischen
Flirt einzulaffen. Wenn man noch nie amerikanisch
geflirtet hat, dann kommt einem die Sache ziemlich
spanisch vor. Miß Ethel fand fie aber riesig unker-
baltend; denn sie brachte ihre Goldzähne gar nicht
mehr zu vor Lachen. Aber beim Flirt blieb es nicht —
es ist eine alte Geschichte, beim Fltrt bleibt es nie —
ich verliebte mtch in die Miß. Aber so eine ameri
kanische Liebe hat ihre Schwierigkeiten; im Konver-
sationsbuch stand nämlich nichts über dies Thema.

Alles war enthalten, was man sagen muß, wenn
man eine Fahrkarte löst, wenn man im Lotel ab-
steigt, wenn man ins Theater geht, wenn man ein
Paar Landschuhe kauft, aber nichts, wenn man fich
verliebt. Der Verfaffer schien ein Weiberfeind zu
sein. Ich eilte in meine Buchhandlung: „Ein englisches
Konversationsbuch von einem frauenfreundlichen Ver-
sasser, bitte." Der Kommis legte mir zwanzig Kon-
versationsbücher vor: „Lauter Verfasser, die die
Frauen gerne haben. Dafür übernehme ich volle
Garantiel" Ich blätterte, fand aber kein Liebeskapitel:

„Ich möchle ein ausgesprochenes Konversationsbuch
für Liebende." „Das gibt es nicht," erklärte grausam
der Kommis. „Wie, liebt man denn in Enqland nicht oder
in Amerika?" „Das wohl, aber ein Deutscher kann doch
ruhig eine Dcutsche lieben, dann erspart er sich solche Aus-
gaben. Für Sie gibt es wohl nicht genug deutsche Mädchen?"
Ich eilte wütend hinaus. Ich war also auf meine Schul-
kenntnisse in der englischen Liebe angewiesen. Es ist gut,


— .Laffen Se mich aus mit Ihrer prozentualen Verlust-
berechnung. Reden Se deitsch und sagen Se,nebbich'I"

wenn man einmal Shakespeare gelesen hat. Man weiß
nie, ob man ihn später nicht noch verwenden kann. Da
heißt es doch im Lamlet: I love zcou, Opiielis. Das

war ja eine prächtige, eine schlechtweg klassische Liebeser-
klärung. Die konnte ihre Wirkung auf meine qebildete
Miß nickl verfehlen. Am nächsten Morgen beim Frühstück
zitierte ich ihr sofort den Lamlet. Sie war einfach
svrachlos, vermutlich über meine klassischen Kenntniffe.
Das ermuligte mich im Anschluß an Lamlet gleich
um ihre Land anzuhalten. Sie schnappte dreimal:
„O, o, o," schwieg und setzte dann ganz sachlich hinzu:
„O, das ist eine geschäftliche Angelegenheit. Da muß
ich erst morgen meincn Vater fragen, heute liest er
seine Zeitung."

Am nächsten Morgen warf ich mich in Gehrock
und Lackschuhe, um die Erklärung des Lerrn Smily
mit gebübrender Feierlichkeit entgegen zu nehmen.
„VVell," sagte er. „Sie möchten meine Tochter hei-
raten, «sl!, wollen Sie mir Referenzen aufgeben,
Referenzen erster Läuser und die Adressen von einigen
AuSkunflsbüros." Ich schrieb ihm einige Dutzend
Adreffen auf. Er schien befriedigt: „VVell, in acht
Tagen will ich Ihnen Antwort geben, ob ich Ihnen
meine Tochter verheiraten kann." Ich war über-
glücklichl

In acht Tagen kam Lerr Smith mit einem Pack
Briefe: „Man hat mir sehr gute Auskunft über Sie
 
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