1Z2 Meggendorfer-Blätter, München
— „Wie machen Sie es nur, daß Sie mit jedem Pferd als erster
durchs Ziel gehen?"
— „Ich sag' dem Pferd bloß beim Endspurt ,Kaninchenwurst
ins Ohr, dann kriegt es Angst und ist nicht mehr zu halten."
Leere Drohung
— „Na. wart nur Schlingel, dir will ich die Lölle schon
heiß machenl"
— „Aber, Vater, da bin ich schon neugierig, womit denn?*
Klas Aebax uud sein Ochse Von Alfrev Manns
Der Bürgermeister und Viehverteilungs-Kommissar
Lüder Brägenhart zuckte bedauernd die Achseln:
„Klas Aebax, es geht wirklich nich. Du mußt ihn her-
geben. Was anderes wär' das, wenn du ihn als Zuchttier
nötig bätt'st."
„Tschä, Lüder," antwortete der kleine dicke Klas, mit
den verkniffenen Augen, aus denen, — man wußte nicht,
was mehr — Pfifftgkeit und Labgier blitzte, „tschä, Lüder,
das ts er doch."
„Och, KlaS, ne, süh', ich bin doch auch von' Lande und
weiß seit einige Zeit, daß ein Ochse keine Kälber gibt, so
nich unb so nich."
„Wer schnackt denn von so'ns, Brägenhart Vadder?
Den Ochsen hab' ich für meinen schweren Wagen als Zug-
tier nölig-Kälber, so'n Uiifinn-"
Lüder lachte: „Denn is da nichts an zu machen, und
in ein paar Tagen denn wird er abgeholt. Klas Aebax,
ich will dir wa« sagen, mußt nich so rachig sein, kriegst
doch eine ganz schöne Faust voll Geld dafür."
Klas wrang stch mit Daumen und Mittelfinger die
fletschige Nase geräuschvoll aus und schien mit dieser Land-
rcichung jeglichen Mißmut von sich getan zu haben. Er
lächelte entsagungsvoll, versöhnlich:
„Ne, bewahre, es is ja für der Allgemeinheit."
Der Bürgermeister runzelte die Stirn, räusperte
stch, grüßte kurz und ging. Dabei schimpfte er
vor sich hin, denn die Versöhnlichkeit gefiel ihm
garnicht:
„So'n Tunegel von Aebax, so'n Satan. Mit
den Ochsen, das geht nich gut, den kriegen wir nich,
und ich hab' da die Schereret von."
Als Lüder Brägenhart außer Sicht war, ver-
schwand die Milde und machte der Pfiffigkeit Platz.
„Sina!" rief er.
Aus dem Lause entwickelte sich etwas unsagbar
Langes, Dürres, was sozusagen auf den beiden Nasen-
warzen mehr Laar hatte, als auf dem Kopfe. Dieses
Etwas war Frau Sina Aebax, zum Anterschied von
den betden anderen Sinas im Dorfe auch Zahn-Sina
genannt, weil die beiden Zähne, die ste noch ihr eigen
nannte, vorn im Oberkiefer das Bestreben hatten,
das Volumen aller Fehlenden zu ersetzen.
„Sina, es is so."
„Tschä, Vadder, ich hab' das wohl gesehen, wie
Lüder, der Sagebock. an den Ochsen 'rumzufummeln
war, und Linnerk is hin zu Fiedi Krummbein seine
Kate, daß er gleich 'mal eben zufällig 'rüberkommt."
Ftedi Krummbein stammte irgendwo aus dem
Zentrum Deutschlands. Er ging, obschon erst 45 Iahre,
etwas gebückt, hatte stets schwarze Bartstoppeln und
keine auSgearbeiteten Lände, flickte im Lauptberuf
sehr wenig Kessel und war auch sonst ein recht brauch-
barer Mensch. Im Dorfe genoß er das Ansehen
einer Vertrauensperson, zwar nicht im Gemeinderat,
sondern in gewtffen ungewiffen Angelegenheilen mebr
privater Natur der einzelnen Bauern.
Dieser Mann war es, der eine Vierlelstunde
später zufällig auf den Aebaxhof kam. Er ging
nicht gern her, denn bei einer Gelegenheit hatte ihn Klas
Aebax-aber das gehört nicht bierher, dcnn die
Lauptsache für diese Geschichte ist, daß Fiedi's gutes Lerz
schlteßlich den Widerwillen bestegte.
„Wie geht's euer Kalb?" fragte er teilnehmend, als
ob ihm die Sorge um das Wohlergehen der kleinen Kreatur
keine Ruhe mehr gelassen habe.
„Dank' für Nachfrage, das is ja so; man, seit drei
Monaten haben wir kein Kalb."
„So? Na, wie is das denn mit euch, wie geht 's dir,
Aebax Vadder und deine Sina?"
„Lm, tschä, Fiedi, nich gut."
„Och, was sür 'ne Krankheit is das denn?"
„ES is unser Ochse."
Fiedi wunderte sich nicht über dieses sonderbare Leiden.
Er hob dte Augen ein ganz klein wenig, machte einige
saugende Töne zwischen Zunge und Gaumen und wackelte
langsam, abwartend mit dem Kopf.
„Ia, Fiedi, weg soll er, und s so fetk und wo ich ihn
so bitter notwendig brauch' für den Wagen und sein Fleisch
in der Stadt 7 Mark gilt."
Fiedi Krummbein gluckste weiter.
„Magst wohl 'n Schluck Branntwein? Ich hab' noch
eincn im Buddel" — fragte Klas, mit Recht zuversichtlich.
— „Ia? Denn komm' man eben mit in der Stube."
„Abgemachtl Ich helf' jeden, wenn ich ein guteS Werk
tun kann," sagte Fiedi, als er eine halbe Stunde später
das Laus verließ, „besonders dir, Klas Acbax-
hupp-" hier erkolgte wieder ein sehr vergnüglicher,
aber doch etwas sonderbarer Augenaufschlag.
Klas nickte zufrieden.
— „Wie machen Sie es nur, daß Sie mit jedem Pferd als erster
durchs Ziel gehen?"
— „Ich sag' dem Pferd bloß beim Endspurt ,Kaninchenwurst
ins Ohr, dann kriegt es Angst und ist nicht mehr zu halten."
Leere Drohung
— „Na. wart nur Schlingel, dir will ich die Lölle schon
heiß machenl"
— „Aber, Vater, da bin ich schon neugierig, womit denn?*
Klas Aebax uud sein Ochse Von Alfrev Manns
Der Bürgermeister und Viehverteilungs-Kommissar
Lüder Brägenhart zuckte bedauernd die Achseln:
„Klas Aebax, es geht wirklich nich. Du mußt ihn her-
geben. Was anderes wär' das, wenn du ihn als Zuchttier
nötig bätt'st."
„Tschä, Lüder," antwortete der kleine dicke Klas, mit
den verkniffenen Augen, aus denen, — man wußte nicht,
was mehr — Pfifftgkeit und Labgier blitzte, „tschä, Lüder,
das ts er doch."
„Och, KlaS, ne, süh', ich bin doch auch von' Lande und
weiß seit einige Zeit, daß ein Ochse keine Kälber gibt, so
nich unb so nich."
„Wer schnackt denn von so'ns, Brägenhart Vadder?
Den Ochsen hab' ich für meinen schweren Wagen als Zug-
tier nölig-Kälber, so'n Uiifinn-"
Lüder lachte: „Denn is da nichts an zu machen, und
in ein paar Tagen denn wird er abgeholt. Klas Aebax,
ich will dir wa« sagen, mußt nich so rachig sein, kriegst
doch eine ganz schöne Faust voll Geld dafür."
Klas wrang stch mit Daumen und Mittelfinger die
fletschige Nase geräuschvoll aus und schien mit dieser Land-
rcichung jeglichen Mißmut von sich getan zu haben. Er
lächelte entsagungsvoll, versöhnlich:
„Ne, bewahre, es is ja für der Allgemeinheit."
Der Bürgermeister runzelte die Stirn, räusperte
stch, grüßte kurz und ging. Dabei schimpfte er
vor sich hin, denn die Versöhnlichkeit gefiel ihm
garnicht:
„So'n Tunegel von Aebax, so'n Satan. Mit
den Ochsen, das geht nich gut, den kriegen wir nich,
und ich hab' da die Schereret von."
Als Lüder Brägenhart außer Sicht war, ver-
schwand die Milde und machte der Pfiffigkeit Platz.
„Sina!" rief er.
Aus dem Lause entwickelte sich etwas unsagbar
Langes, Dürres, was sozusagen auf den beiden Nasen-
warzen mehr Laar hatte, als auf dem Kopfe. Dieses
Etwas war Frau Sina Aebax, zum Anterschied von
den betden anderen Sinas im Dorfe auch Zahn-Sina
genannt, weil die beiden Zähne, die ste noch ihr eigen
nannte, vorn im Oberkiefer das Bestreben hatten,
das Volumen aller Fehlenden zu ersetzen.
„Sina, es is so."
„Tschä, Vadder, ich hab' das wohl gesehen, wie
Lüder, der Sagebock. an den Ochsen 'rumzufummeln
war, und Linnerk is hin zu Fiedi Krummbein seine
Kate, daß er gleich 'mal eben zufällig 'rüberkommt."
Ftedi Krummbein stammte irgendwo aus dem
Zentrum Deutschlands. Er ging, obschon erst 45 Iahre,
etwas gebückt, hatte stets schwarze Bartstoppeln und
keine auSgearbeiteten Lände, flickte im Lauptberuf
sehr wenig Kessel und war auch sonst ein recht brauch-
barer Mensch. Im Dorfe genoß er das Ansehen
einer Vertrauensperson, zwar nicht im Gemeinderat,
sondern in gewtffen ungewiffen Angelegenheilen mebr
privater Natur der einzelnen Bauern.
Dieser Mann war es, der eine Vierlelstunde
später zufällig auf den Aebaxhof kam. Er ging
nicht gern her, denn bei einer Gelegenheit hatte ihn Klas
Aebax-aber das gehört nicht bierher, dcnn die
Lauptsache für diese Geschichte ist, daß Fiedi's gutes Lerz
schlteßlich den Widerwillen bestegte.
„Wie geht's euer Kalb?" fragte er teilnehmend, als
ob ihm die Sorge um das Wohlergehen der kleinen Kreatur
keine Ruhe mehr gelassen habe.
„Dank' für Nachfrage, das is ja so; man, seit drei
Monaten haben wir kein Kalb."
„So? Na, wie is das denn mit euch, wie geht 's dir,
Aebax Vadder und deine Sina?"
„Lm, tschä, Fiedi, nich gut."
„Och, was sür 'ne Krankheit is das denn?"
„ES is unser Ochse."
Fiedi wunderte sich nicht über dieses sonderbare Leiden.
Er hob dte Augen ein ganz klein wenig, machte einige
saugende Töne zwischen Zunge und Gaumen und wackelte
langsam, abwartend mit dem Kopf.
„Ia, Fiedi, weg soll er, und s so fetk und wo ich ihn
so bitter notwendig brauch' für den Wagen und sein Fleisch
in der Stadt 7 Mark gilt."
Fiedi Krummbein gluckste weiter.
„Magst wohl 'n Schluck Branntwein? Ich hab' noch
eincn im Buddel" — fragte Klas, mit Recht zuversichtlich.
— „Ia? Denn komm' man eben mit in der Stube."
„Abgemachtl Ich helf' jeden, wenn ich ein guteS Werk
tun kann," sagte Fiedi, als er eine halbe Stunde später
das Laus verließ, „besonders dir, Klas Acbax-
hupp-" hier erkolgte wieder ein sehr vergnüglicher,
aber doch etwas sonderbarer Augenaufschlag.
Klas nickte zufrieden.