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— „Was hat eigentlich Ihr Bub, daß er gar so borstig ausschaut?"

— „Das is a traurige G'schicht: der is als kleins Kind in Saustall krochen
und hat mit de kleine Farkel trunken, und dös hängt ihm heut uoch nach!"

Das Titelbild dieser Nummer
„Tänzerin"
ist von I. Cardona.

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Der Blick in die Zukunft

Erstes Kapitel.

Die Witwe Auguste Kreidebaum hat ein gut gehendes,
ein vorzüglich gehendes Gejchäft, aber jeweils im Ianuar
geht es ain vorzüglichsten. Da kann sie kaum ihre Mittags-
pause einhalten; ihre Kunden nehmen gar keine Rücksicht
darauf, trotzdem an ihrer Tür ausdrücklich stcht: Sprech-
stunden von 9 bis 12 und von 2 bis 6 Ahr. Wer nichts
Näheres über die Witwe Auguste Kreidebaum weiß, kann
natürlich auch keine Ahnung haben, welcher Art diese Sprech
stunden sein mögen. Da muß nun gesagt werden, daß
Auguste Kreidebaum das tut, was sehr viele Leute gerade
in gegenwärtiger Zeit auch sehr gern tun möchten, — sie
schaut nämlich in die Zukunft. Was sie dort sieht, teilt
sie in jenen Sprechstunden allen Leuten mit, die es zu
wissen wünschen und dafür bezahlen. Weil aber stets im
Anfang des Iahres die Leute am liebsten was von der
Zukunft wissen möchten, deshalb hat die Witwe Auguste
Kreidebaum um diese Zeit so sehr viel zu tun.

Neulich also kam zu Augufte Kreidebaum ein freund-
licher dicker Lerr. Er hatte es sehr eilig, denn es war
schon ein halb nach zwölf Ahr, und er wollte wohl zum
Mittagessen nach Lause. Die Witwe Kreidebaum hatte es
auch eilig; sie wollte auch zu Mittag esscn, und zwar zwei
Schweinskoteletten — die kann sie sich nämlich sehr gut
von ihren Einnahmen leisten. Deshalb erhellte sich ihre
etwas düstere Miene, als der sremde Äerr sosort erklärte:
„Ich will Sie gar nicht aufhalten. Erlauben Sie mir,
Ihnen hier hundert Mark zu überreichen. (Die Miene
der Witwe Kreidebaum erhellte sich ncch mehr.) And nun
passen Sie, bitte, recht genau auf. Leute nachmittag wird
eine Dame zu Ihnen kommen, die einen kleinen Leberfleck
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auf der rechten Backe und einen linken Eckzahn mit einer
Goldkappe hat. Außerdem trägt sie an der rechten Land
außer dem Trauring noch drei Ninge: Brillant, Saphir uud
Türkis. Sie werden die Dame also ganz sicher erkennen. Wo°
her ich weiß, daß die Dame zu Ihnen kommen wird? Ganz
einfach: meine — die Damc wollte ich sagen, hat sich für
heute Ihre Adresse notiert. Das Notizbuch habe ich zufällig
auf dem Nähtisch meiner Frau gesehn. Ia also — nuu
erzählen Sie der Dame folgendes. Dieses Iahr wird im
allgemeinen ein ganz glückliches für sie werden; sie braucht
stch keine Sorgen zu machen. Nur vor einigen Dingen muß
sie sich hüten. Zuerst einmal soll sie die großc Abend
gesellschaft nicht geben, die sie für heute über vierzehn Tage
vor hat. So was ift ja ein Blödsinn heutzutage! Aber
nein, das sagen Sie der Dame nicht! Erzählen Sie ihr,
einer von den Gästen würde im Anfangsstadium der Grippe
und ein anderer sich in dem der Blattern befinden, — also
eine sehr gefährliche Geschichte. Weitcr: das Abonnenient
für die Oper soll meine — — soll die Dame dieses Iahr
nicht erneuern. Das kostet ja cin Leidengeld! Aber nein,
das sagcn Sie ihr auch nicht. Erzählen Sie ihr, sie würde
bei einem Besuch der Oper Anglttck haben, ein Bein würde
sie sich im Theater brechen. And ihre Köchin soll die Dame
nicht entlassen. Das gibt dann wieder den gräßlichsten
Krach und Verdruß. Aber das brauchen Sie ihr nicht zu
erzählen, — erklären Sie nur, die nächste Köchin würde
noch schlimmer sein. Ia, und nun das Wichtigste: die Dame
soll dieses Iahr unter gar keinen Amständen eine Sommer-
reise machen wollen. Voriges Iahr habe ich nämlich fünf-
tausend Mark — ach so, das gehört nicht hierher. Sagen
Sie der Dame einfach, sie soll ja zu Äause bleiben. Wenn
sie in einen Kurort ginge, da würde sie Anglück haben. Sie
würde einem wütenden Bullen begegnen, und der wttrde

Lopyright IS2I by I. F. Schreiber
 
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