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In der Badeanstalt — „Nee, wärmer als

Bad nicht machen, das kostet zu viel. Da müffen Sie
— „Zwei? Na, hören Sie mal, — da überschreite ich ja

26 Grad darf ich Ihnen das
schon zwei Bäder bezahlen."
meinen Iahresetat."

Seltsame Geschichte von vier Deutschen

Von Peter Robtnson

Das genaue Datum ist nicht zu ermitteln, und auch
über dcn Ort wiffen wir nur so viel, daß es sich um die
gemäßigte Zone der südlichen Äemisphäre gehandelt haben
muß. Die Geschichte hat manches Anwahrscheinliche an
sich, aber gerade darum mag sie wahr sein, denn wir wissen
ja aus den letzten Iahren, daß die unwahrschein-
lichen Dinge am ehesten passieren. Sie fängt aber
damit an, daß an einem angenehmen Sommertage
im Dezember — dieser Amstand eben weist auf die
südliche Lalbkugel — über eine nach einem heftigen
Sturm eben erst beruhigte Meeresfläche ein Boot
sich langsam bewegte, in dem vier Deutsche saßen.

Diese waren der Assessor Dr. Grosch, der Kanzleirat
Krausewenz, der Postsekretär Schwingel und ein
gewisser Bollert, der als einziger keinen Titel besaß.
Bollert war kein Beamter, sondern ein schlichter
Bürger, ein Mann von 36 Iahren, von denen die
letzten 18 ihm in verschiedener rüstiger Erwerbs-
tätigkeit vergangen waren. Wie diese vier deutschen
Männer in jenes Boot und unter jenen Limmels-
strich gekommen waren, ist für die Geschichte völlig
nebensächlich. Begnügen wir uns mit der Annahme,
daß ste Schiffbruch erlitten hatten.

Das Boot bewegte sich also langsam. Es hätte
schneller von der Stelle kommen können, denn an
Rudern fehlte es nicht, aber nur einer der Insassen
ruderte. Dieser eine war Bollert, und er tat es mit
einer Art müder Ergebenheit, aus der er zeitweilig
emporschreckte, wenn ihn ein mahnender Blick des am
Slern des Bootes ihm gegenüber sitzenden Assessor
Dr. Grosch traf. Dr. Grosch handhabte das Steuer;
es lag dabei viel mehr Wichtigkeit und Energie in
seiner Miene, als diesem Geschäfle entsprach, das
mangels eines Kompasses und einer sonstigen Orien-

tierungsmöglichkeit sowie eines
Zieles überhaupt ziemlich zweck-
los war. Der Kanzleirat Krau-
sewenz schlief; der Postsekrelär
Schwingel starrte stumpfsinnig
vor sich hin und hängte bald
einmal die rechie, bald die linke
Land ein bißchen ins Wasser.

Scbließlich fand er eine
andere Beschäftigung für seine
Lände. Er preßie sie nämlich
auf die Magengegend seincs
Körvers.

Affessor Dr. Grosch ließ
das Steuer fahren. „Sie haben
reckt, Lerr Sekretär." sagte
er; „wir müssen wieder einmal
ans Effen denken. Verteilen
Sie die Rationen!" Lierauf
nahm Schwingel einen Sack
mit Sch.ffszwieback hervor, den
er dem Asseffor darbot. Dr.
Grosch holte sich nach bedäch-
t gem Suchen drei große Zwie-
backe heraus. Die gleiche An°
zahl reichte der Sekrctär dem
inzwischen erwachten Kanzlei-
rat, versorgte sich selbst und
verabfolgte dann an Bollert
eine Landvoll Bruchstücke des
„So, das wird wohl drei aus-
„Smd verdammt viel zerbrochene

harten Matrosengebäcks
machen," erklärte er.
darunter."

„Na, und überhauptl" brummte Dr. Grosch, während
er mißmutig kaute. „Lätten auch für anständigen Proviant
sorgen können, Bollert! Bloß den einen elenden Sack mit
dem harten Dreckzeug!"

— „Kannst du dich nicht rechts halten, Ben.gel?"

— „Rechts?-Oller Neaktionär!"

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