— „Nee, Äerr Schmiltchen, mit Ihnen tanzen? Sie sind
ja »och deinah' wie 'n Kind. Ich glaube, Sie fahren noch
auf der Straßenbahn umsonst." — „Na, Fräulein Leh-
mann, — Sie werden manchmal wohl auch schwarz fahren."
Seltsame Geschichte von vier D->ntlchen
später stieß das Boot a» ein Aestade, das wir
uns als dasjenige irgend einer kleinen, weitab
vom Schiffsverkehr gelegenen, unb wohnten
aber nicht unfruchtbaren Insel der Südsee zu
denken haben. Wenn Schiffbrüchige an einem
unbewohnken Gestade landen, so haben sie —
das ist aus hunderten von Geschichten bekannt
— zunächst drei Dinge zu erledigen: ihr Boot
und ihre sonstigen Besttztümer zu bergen, von
einem nahe gelegenen hohen Punkt die!Im-
gebuiig ihres Landungsplatzes zu untersuchen
und schließlich süc das erste Nachtquartier zu
sorgen, wofür gewöhnlich eiue Löhle da ist.
In dem hier beschriebenen Falle lag keine Ver-
an'assung vor, von der hergebrachten Ordnung
abzuweichen. Bollert zog also zuerst das Boot
so hoch auf den Strand, wie er nur konnte.
Er mußte das allein besorgen. Afstffor Dr.
Grosch paßte auf, daß er es auch mit Auf-
wendung aller Kräfte tat; der Postsekretär
Schwingel half beim Aufpassen. Der Kanzlei-
rat Krausewenz vertrat sich ein bißchen nach
dem langen Sitzen die Beine. Dann wollte
Bollert aus dem Voot nehmen, was darin
verstaut war, — wie es ihm gerade am be-
quemsten war. Aber Assessor Dr. Grosch
sprach: „Lalt! Lier muß ordnungsgemäß ver-
fahren werden. Vor allen Dingen muß eine
schriftlicheAufnahme des Inveniars stattfinden.
Ist Schreibpapier zur Land?" — Postsekretär
Schw'ngel hatte welches, und nun notierte er
nach dem Diktat des Assessors: Ein Sack mit
Schiffszwieback --drei Spaten — — vier
Aexte-- und so weiter. Bei einem Gegen
stand stockte Dr. Gro,ch. „Nanu, was ist denn
das für ein Ding?" — „Ein Stemmeisen," gab
Bollert zur Auskunft und so wollte Postsekretär
Schwingel auch nolierell, aber der Assessor ver-
besserte ihn: „Schreiben Sie — — ein als
Stemmeisen bezeichnetes Znstrument." — Das
Verzeichnis wurde schließlich dem Kanzleirat
Krausewenz übergeben, derzum Lagerverwalter
über die später an stcherer S.elle zu bergenden
Gegenstände ernannt wurde.
Nun kam es darauf an, den nahe gelegenen hohen Punkt
aufzusuchen. Ein Lügel war zu diesem Zwccke da. Kanz-
leirat Krausewenz konnte ihn n cht ersteigen, er fühlie sich
zu schwach dazu; der Postsekrelär Schwingel war seiner
Kurzsichligkeit wegen nicht geeignet. „Ia, ich selbst muß
jedenfalls hier an Ort und Stelle bleiben," erklärte Assessor
Dr. Grosch, „da dies vorläufig unser einziger Stützpunlt ist.
Also denn nur los, Bollert!" — !lnd Bollert marschierte
gehorsam ab, kletterte, schaute aus, kam nach einer Stunde
zurück und berichtete, daß man stch auf einer verhältnis-
mäßig kleinen, stellenweise bewawelen Insel befände, auf
der Spuren menlchlicher Niederlassung nicht zu entdecken
wären. „Wie groß ist die Insel?" sragte Asscssor Dr. Grosch;
„wieviel Quadratkilometer?" Ia, das wüßte er nicht,
meinte Bollert; daiaufhin hätte er die Insel nicht abgeschätzt;
er könnte wirklich nicht sagen, ob sie drei Quadratkilomcter
groß wäre oder fünf oder sechs. — Darüber reate sich Asscssor
Dr. Grosch sehr auf; er nannte Bollert sogar einen Lorn-
ochsen, worüber Postsekretär Schwingel sich sreute. Bollert
war sehr betrübk.
Am liebsten hätte der Asscssor Vollert noch einmal auf
den Lüqel hinaufgeschickt, aber es war keine Zeit dazu, —
Bollcrt mußte jetzt die Löhle für das Nachtquartier suchen.
Da es sich um eine Insel handeltc, auf der Schiffbrüchige
gelandet waren, mußte selbsiverständlich solch eine Liöhle
da sein, aber Bollert sand sie doch erst mit Mühe nach
längercm Suchen, weil ihr Eingang dnrch Gestrllpp verdcckt
war. Es war eme ganz nettc, hübichc Löhle, über die Bollcrt
sich sehr sreu'e, und umsomehr betrübie es ihn, daß s ine
drei Schicksalsgefäbrten gar nicht mii ibr zufruden waren.
Ka»zleirat Krausewenz meinte, dic Löhle wäre nicht trocken
genug, und sein schlummeinder Nheümat smus würde darin
wicder aufgeweckt wcrden; Postsekretär Schwingel fand den
Boden darin zu hart und die Dccke zu niedrig, und Assessor
Dr.Grosch meinte schimpfend,das wäre jedenfalls die elendeste
Löhle auf der ganzen Insel, es wären sicherlich nvch viel
bessere da, und Bollert hätte sich nur keine ordentliche Mühe
beim Suchen geqeben. Da nun aber die Nacbt hereinbrach,
mußte man sich doch in der so beanstandcten Löhle zur Nuhe
begeben, nachdem Bollert noch Laub und Gras zu emem
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ja »och deinah' wie 'n Kind. Ich glaube, Sie fahren noch
auf der Straßenbahn umsonst." — „Na, Fräulein Leh-
mann, — Sie werden manchmal wohl auch schwarz fahren."
Seltsame Geschichte von vier D->ntlchen
später stieß das Boot a» ein Aestade, das wir
uns als dasjenige irgend einer kleinen, weitab
vom Schiffsverkehr gelegenen, unb wohnten
aber nicht unfruchtbaren Insel der Südsee zu
denken haben. Wenn Schiffbrüchige an einem
unbewohnken Gestade landen, so haben sie —
das ist aus hunderten von Geschichten bekannt
— zunächst drei Dinge zu erledigen: ihr Boot
und ihre sonstigen Besttztümer zu bergen, von
einem nahe gelegenen hohen Punkt die!Im-
gebuiig ihres Landungsplatzes zu untersuchen
und schließlich süc das erste Nachtquartier zu
sorgen, wofür gewöhnlich eiue Löhle da ist.
In dem hier beschriebenen Falle lag keine Ver-
an'assung vor, von der hergebrachten Ordnung
abzuweichen. Bollert zog also zuerst das Boot
so hoch auf den Strand, wie er nur konnte.
Er mußte das allein besorgen. Afstffor Dr.
Grosch paßte auf, daß er es auch mit Auf-
wendung aller Kräfte tat; der Postsekretär
Schwingel half beim Aufpassen. Der Kanzlei-
rat Krausewenz vertrat sich ein bißchen nach
dem langen Sitzen die Beine. Dann wollte
Bollert aus dem Voot nehmen, was darin
verstaut war, — wie es ihm gerade am be-
quemsten war. Aber Assessor Dr. Grosch
sprach: „Lalt! Lier muß ordnungsgemäß ver-
fahren werden. Vor allen Dingen muß eine
schriftlicheAufnahme des Inveniars stattfinden.
Ist Schreibpapier zur Land?" — Postsekretär
Schw'ngel hatte welches, und nun notierte er
nach dem Diktat des Assessors: Ein Sack mit
Schiffszwieback --drei Spaten — — vier
Aexte-- und so weiter. Bei einem Gegen
stand stockte Dr. Gro,ch. „Nanu, was ist denn
das für ein Ding?" — „Ein Stemmeisen," gab
Bollert zur Auskunft und so wollte Postsekretär
Schwingel auch nolierell, aber der Assessor ver-
besserte ihn: „Schreiben Sie — — ein als
Stemmeisen bezeichnetes Znstrument." — Das
Verzeichnis wurde schließlich dem Kanzleirat
Krausewenz übergeben, derzum Lagerverwalter
über die später an stcherer S.elle zu bergenden
Gegenstände ernannt wurde.
Nun kam es darauf an, den nahe gelegenen hohen Punkt
aufzusuchen. Ein Lügel war zu diesem Zwccke da. Kanz-
leirat Krausewenz konnte ihn n cht ersteigen, er fühlie sich
zu schwach dazu; der Postsekrelär Schwingel war seiner
Kurzsichligkeit wegen nicht geeignet. „Ia, ich selbst muß
jedenfalls hier an Ort und Stelle bleiben," erklärte Assessor
Dr. Grosch, „da dies vorläufig unser einziger Stützpunlt ist.
Also denn nur los, Bollert!" — !lnd Bollert marschierte
gehorsam ab, kletterte, schaute aus, kam nach einer Stunde
zurück und berichtete, daß man stch auf einer verhältnis-
mäßig kleinen, stellenweise bewawelen Insel befände, auf
der Spuren menlchlicher Niederlassung nicht zu entdecken
wären. „Wie groß ist die Insel?" sragte Asscssor Dr. Grosch;
„wieviel Quadratkilometer?" Ia, das wüßte er nicht,
meinte Bollert; daiaufhin hätte er die Insel nicht abgeschätzt;
er könnte wirklich nicht sagen, ob sie drei Quadratkilomcter
groß wäre oder fünf oder sechs. — Darüber reate sich Asscssor
Dr. Grosch sehr auf; er nannte Bollert sogar einen Lorn-
ochsen, worüber Postsekretär Schwingel sich sreute. Bollert
war sehr betrübk.
Am liebsten hätte der Asscssor Vollert noch einmal auf
den Lüqel hinaufgeschickt, aber es war keine Zeit dazu, —
Bollcrt mußte jetzt die Löhle für das Nachtquartier suchen.
Da es sich um eine Insel handeltc, auf der Schiffbrüchige
gelandet waren, mußte selbsiverständlich solch eine Liöhle
da sein, aber Bollert sand sie doch erst mit Mühe nach
längercm Suchen, weil ihr Eingang dnrch Gestrllpp verdcckt
war. Es war eme ganz nettc, hübichc Löhle, über die Bollcrt
sich sehr sreu'e, und umsomehr betrübie es ihn, daß s ine
drei Schicksalsgefäbrten gar nicht mii ibr zufruden waren.
Ka»zleirat Krausewenz meinte, dic Löhle wäre nicht trocken
genug, und sein schlummeinder Nheümat smus würde darin
wicder aufgeweckt wcrden; Postsekretär Schwingel fand den
Boden darin zu hart und die Dccke zu niedrig, und Assessor
Dr.Grosch meinte schimpfend,das wäre jedenfalls die elendeste
Löhle auf der ganzen Insel, es wären sicherlich nvch viel
bessere da, und Bollert hätte sich nur keine ordentliche Mühe
beim Suchen geqeben. Da nun aber die Nacbt hereinbrach,
mußte man sich doch in der so beanstandcten Löhle zur Nuhe
begeben, nachdem Bollert noch Laub und Gras zu emem
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