Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Ei» seltsanier Tag Peter

Schlemihls

zu können, nnd gar nicht,
wie ich es sonst gern ge-
tan hätte, mich erkun-
digte, ob denn wohl in
neuerer Zeit kein Gold
mehr auf der Erde ge-
fördert werde, daß es
gar so sehr im Preise
gestiegen wäre.

Ich zog nun wieder
die Pantoffeln von mei-
nen Stiefeln und wan-
derte stracks nach We-
sten, denn ich war hung-
rig geworden und wollte
in Amsterdam, wo man
vortrcfflich speist, ein
tiichtiges Gabelfrühstück
einnchmen. Bei Brack
in der Doelenstraat,
dicht am Kloveniers-
Burgwal, kehrte ich ein.

Ich bin ein alter, un-
scheinbarer Mann ge-
worden; mein Rock sieht
auch nicht nach elwas
Besonderem aus, und
so nahm ich es dem
Kellner nicht weiter
übel, daß er, als ich ein
gutcs Effen und eine
Flaschc Burgunder be-
stellt hatle, mich zuerst
fragte, ob ich auch bezah-
len könnte. Nicht ohne
einigen Stolz zeigte ich
ihm mein vieles Geld.

Da aber holte er einen
zweiten Kellner; beide
packten mich und warfen
mich auf die Straße,
wobeiste mirnachriefen,
ich hätte Zechprellerei
verüben wollen und
sollte mich mit meinem
Lumpengeld anderswo-
hin scheren.

Bestürzt trollte ich
aufs Geratewohl dahin,

und ehe ich mich dcssen vcrsah, stand ich vor cincm Turm,
der mir der Stephansturm zu sein schie». Wirklich, ich war
in Wien. Vielleicht bekam ich in dieser Stadt, deren Ge-
mütlichkeit mir noch in guter Erinnerung war, doch etwas
zu essen. Aber zuerst wollte ich mich vergewissern, wie es
mit meinem Gelde stände. Zch trat in ein Wechselkontor
und zeigte meine Banknoten vor. Der Inhaber schlug er-
freut in die Äände und sagte, er würde mir das Gcld mit
dem größten Vergnllgcn wechseln Dann schleppte er Papier-
geld herbei, — meiner Schäyung nach mindestens zwölfmal
so viel, als ich ihm gab. Ich mußte eine» großen Packen
davon machen, den ich kaum tragen konnte. In einem vor-
nehmen Speisehaus am Graben aß ich dann ganz vortreff-
lich zu Mittag. Zch wurde sehr gut bedient; der Kellner

Der Verleger

— „Ich bin nicht abgeneigt, gnädiges Fräulein, das von
Ihnen versaßte Kochbuch zu verlegen . . . Zunächst müßten
Sic allerdings erst drei Iahre als Köchin in meinem Laus-
halt zu meiner vollsten Zufriedenheit tätig gewesen sein ....!"

schien mich für einen alten Amerikaner zu halten, der sich
aus Laune so schlicht angezogen hätte.

Ein kleiner Spaziergang führte mich danach an den
Genfer See, wo ich im Gasthof zum Anker in Ouchy Kaffee
trank. Ich hatte dort in meiner Iugend einmal eine Woche
gewohnt, — gerade als der Lord Byron dort war und sei-
nen „prisoner ok Lkiüon" dichtete. Der Kaffee war sehr
gut, und ich aß »och ein Sahnetörtchen dazu. Als ich aber
bezahlen wollte und meine Scheine zeigte, sah mich der
Kellner mitleidig an und sagte, er wollte mir den Kaffee
und das Törtchen schenken. Solche Scheine hätte er ganzc
Säcke voll gehabt, aber er hätte sie seinem Bruder, der
Landwirt wäre, gegeben. und der hätte ste als Streu für
die Schweine verwendet.

37
 
Annotationen