Eben so viel — „3hr mir vier nette Geschwister, — keins will was lernenl Daß die Buben so
faul find, — na, dafür sind's schlietzlich Buben, aber ihr Mädels solltet euch schämen."
— „Lerr Lehrer, unser Vater hat gesagt: Mädels müssen jetzt grad' so viel lernen
wie die Buben."
Liervnymus der Iunggcselle
war, sagte er sich: „Vielleicht ist das noch das einzige Stu-
dium, das wirklichen Wert hat." Icden Abcnd brach er
das Studium unbefriedigt ab. Die Forschungsergebnisse
entsprachen leider nicht seinen Erwartungen. Wenn Licro-
nymus in der Ehe blotz eine Einrichtung gesehen hätte, die
ihn in der Strumpfreparatur ablösen sollte, dann hätte ec
sein Lebensstudium schon am crsten Forschungsabend be-
schließen können. Aber er stand auf dem Standpunkt, daß
auch in der Ehe das Angenehme mit dem Nützlichcn ver-
bunden, d. h. daß mit der nütz'ichen Strumpfreparatur auch
finanzielle Annchmlichkeiten verknüpft sein müssen. !lnd
dann war Lieronymus alt und müde geworden und wünschte,
daß sein schwer errungener Quietismus i» Zukunst keinerlei
wesentlichen Störungen mehr ausgesetzt sein möchte. Bei dcm
heutigen schlechten Geldstande hatte er als soüde Basis seines
Quietismus eine Million angesetzt, aber da sein Lebens-
studium leider keine Ergebnisse zeitigte, die auch nur im ent-
ferntesten seinem finanziellen Eheidcal nahe gekommen wären,
so sah er sich schweren Lerzens gezwungen, seine idcalen
Forderungen auf eine halbe Million zu reduzieren. Bei
äußerster Sparsamkeit im Verbrauch der Zinsen konnte
eventuell auch da sein Quietismus noch unangefochten bleiben.
Es dauertc jedoch trotzdem noch Monate, bis er endlich ein-
mal im Abendblatt eine Dame entdeckte, die seinen herab-
gesetzten Idealforderungen entsprach. Diese Dame besaß
aber außer der verlangten solid-quietistischen Basis noch
sämtliche weiblichen Vorzüge, wie sie als Ideal einer unschäd-
lichen Romanliteratur gang und gäbe sind. Für die abso-
lute Richtigkeit dieses mit einer halbcn Million ausgcstatteten
Charakterbildes bürgte am Schlusse eine gewisse Frau Blum-
reisingcr, die sich als „Büro für Lebensbündnisse" bezeichnete.
Lieronymus hätte gerne seine Ehe mit diesem vorzüglichen
Charakterbilde ohne Mitwirkung der Frau Blumreisinger
eingegangen, da er wußte, daß diese bündnisschließende Dame
mindestens zehn Prozent seiner herabgesetzten Idealforder-
ungen für das Zustandekommen eines Vundes beanspruchte,
der doch schon nach der Bibcl nicht in ihrcm Büro, sondern
im Limmel geschlossen wurde. Lieronymus sah gar nicht
ein, warum er an Frau Blumreisinger zehn Prozent Pro-
vision für einen Bnnd zahlen sollte, der also gar nicht in
ihrem Geschäftsbercich zustande kam, unrsomehr als durch
diese Provision seine künftige Gattin nur entwertet wurde,
was cr aus Gründen der Ritterlichkeit sowohl wie der Finanz-
politik nicht ertragen konnte. Er sann deshalb auf Mittel
und Wege, sich Namen und Adresse seiner zukünftigen
Lebcnsgefährtin gratis zu verschaffen. Als er lange und müh-
sam gesonnen, währcnddesscn die neudurchlöchcrten Strümpfe
im Linblick auf seine bevorstehende Vermählung in allen
Zimmerccken sich reparaturbedürftig stapclten, fand er, daß
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faul find, — na, dafür sind's schlietzlich Buben, aber ihr Mädels solltet euch schämen."
— „Lerr Lehrer, unser Vater hat gesagt: Mädels müssen jetzt grad' so viel lernen
wie die Buben."
Liervnymus der Iunggcselle
war, sagte er sich: „Vielleicht ist das noch das einzige Stu-
dium, das wirklichen Wert hat." Icden Abcnd brach er
das Studium unbefriedigt ab. Die Forschungsergebnisse
entsprachen leider nicht seinen Erwartungen. Wenn Licro-
nymus in der Ehe blotz eine Einrichtung gesehen hätte, die
ihn in der Strumpfreparatur ablösen sollte, dann hätte ec
sein Lebensstudium schon am crsten Forschungsabend be-
schließen können. Aber er stand auf dem Standpunkt, daß
auch in der Ehe das Angenehme mit dem Nützlichcn ver-
bunden, d. h. daß mit der nütz'ichen Strumpfreparatur auch
finanzielle Annchmlichkeiten verknüpft sein müssen. !lnd
dann war Lieronymus alt und müde geworden und wünschte,
daß sein schwer errungener Quietismus i» Zukunst keinerlei
wesentlichen Störungen mehr ausgesetzt sein möchte. Bei dcm
heutigen schlechten Geldstande hatte er als soüde Basis seines
Quietismus eine Million angesetzt, aber da sein Lebens-
studium leider keine Ergebnisse zeitigte, die auch nur im ent-
ferntesten seinem finanziellen Eheidcal nahe gekommen wären,
so sah er sich schweren Lerzens gezwungen, seine idcalen
Forderungen auf eine halbe Million zu reduzieren. Bei
äußerster Sparsamkeit im Verbrauch der Zinsen konnte
eventuell auch da sein Quietismus noch unangefochten bleiben.
Es dauertc jedoch trotzdem noch Monate, bis er endlich ein-
mal im Abendblatt eine Dame entdeckte, die seinen herab-
gesetzten Idealforderungen entsprach. Diese Dame besaß
aber außer der verlangten solid-quietistischen Basis noch
sämtliche weiblichen Vorzüge, wie sie als Ideal einer unschäd-
lichen Romanliteratur gang und gäbe sind. Für die abso-
lute Richtigkeit dieses mit einer halbcn Million ausgcstatteten
Charakterbildes bürgte am Schlusse eine gewisse Frau Blum-
reisingcr, die sich als „Büro für Lebensbündnisse" bezeichnete.
Lieronymus hätte gerne seine Ehe mit diesem vorzüglichen
Charakterbilde ohne Mitwirkung der Frau Blumreisinger
eingegangen, da er wußte, daß diese bündnisschließende Dame
mindestens zehn Prozent seiner herabgesetzten Idealforder-
ungen für das Zustandekommen eines Vundes beanspruchte,
der doch schon nach der Bibcl nicht in ihrcm Büro, sondern
im Limmel geschlossen wurde. Lieronymus sah gar nicht
ein, warum er an Frau Blumreisinger zehn Prozent Pro-
vision für einen Bnnd zahlen sollte, der also gar nicht in
ihrem Geschäftsbercich zustande kam, unrsomehr als durch
diese Provision seine künftige Gattin nur entwertet wurde,
was cr aus Gründen der Ritterlichkeit sowohl wie der Finanz-
politik nicht ertragen konnte. Er sann deshalb auf Mittel
und Wege, sich Namen und Adresse seiner zukünftigen
Lebcnsgefährtin gratis zu verschaffen. Als er lange und müh-
sam gesonnen, währcnddesscn die neudurchlöchcrten Strümpfe
im Linblick auf seine bevorstehende Vermählung in allen
Zimmerccken sich reparaturbedürftig stapclten, fand er, daß
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