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Nachtvirlung — „N»n darf man sich doch aLe möglichen Lebensmittel wieder
kaufen, aber es ist doch merktvürdig: wcnn man mit was Gutem vom Markt heimgeht,
und man sieht 'nen Schutzmann, — da kriegt man doch immer noch 'nen Schreck."

Das Meisterstllck

Sports halber gern Teil genom-
men hälte. Leider mußte er ein-
sehen, daß er im Raffinement des
Quälens gegenüber den Fett-
menschen ein Stümper war, und
er gestand sich, daß selbst die her-
vorragend tüchtige Großmutter
es mit diesen Menschen nicht auf-
zunehmen vermocht hätte.

Das Gefühl der eigenen An-
zulänglichkeit löste in dem jungen
Teufel leider nicht das Bestreben
aus, nun recht fleißig zu lernen,
um den bewunderten Borbildern,
wenn auch nicht gleich, so doch
näher zu kommen, nein, es trug
vielmehr dazu bei, sein Nache-
bedürfnis zu steigern. Das war
sehr unschön von ihm, wenn auch
zu seiner Verteidigung gesagt
werden mag, daß der crzwungene
Müßiggang einen wesentlichen An-
teil an diesem Tiefstand der Moral
hatte. Zu tun gab es nämlich
rein garnichts für Pelzcpup, denn
alle Personen, auf deren Kund-
schaft er hätte Wert legen können,
standen schon in festem Kontrakt-
verhältnis zur Firma.

Es war abscheulich langweilig,
den „Geist, der stets verneint,"
zu spielen. Er wollte der Kon-
kurrenz im Limmel 'mal ins Land-
werk pfuschen. Das mußte plä-
sierlich sein und würde Großmutter
schändlich ärgern. Ia, das wollte er, mochte daraus für ihn
entstehen, was wollte.

Nun ist das Wohltun aber für einen Teufel keine
Kleinigkeit, selbst nicht, wenn es aus purer Niedertracht
geschieht. Aber Pelzepup war kein dummer Teufel.

Eines Tages, als er bei dem neu- und steinreichen
Agenten Schröpfkopf, einem Geschäftsfreunde des Vaters,
zu Besuch war und vor Mißmut einige fürchterliche Teufels-
lästerungen ausstieß, kam er auf dem Wege durch den Garten
an einer dichtbewachsencn Laube vorbei, aus der ein ver-
haltenes Schluchzen drang, so trostlos, daß Pelzepup die
Gallenblase im Leibe lachte.

Er blieb stehen und wußte sogleich, daß es Flörchen,
Schröpfkopfs einzige Tochter war . . Das gefiel dem jungen
Teufel ganz besonders; denn im Gegensatz zu deren Vater
war ihm das Mädchen entschiedcn unsympathisch.

Da ertönte eine leise männliche Stimme, die Pelzepup
als die Müllers, des von ihm verabscheuten jüngsten Kommis'
im Lause Schröpfkopfs, erkannte.

„Flörchen," sagte Müller, „ich wußte, daß dein Vater
nicht einwilligen würde. Die Zeit ist kurz, wir müssen Ent-
schlüsse faffen. Ich habe ein winziges eigenes Vermögen,
das mir die Mittel gibt, uns bei ehrlicher Arbeit eine Zu-
kunst zu suchen, die im Anfang sehr bescheiden sein wird.
Aber ich habe Kraft und Geschick, ich weiß, ich komme hoch,
wenn auch auf andere Weise, als dein Vater. Du bist in
Wohlleben und Aeppigkeit erzogen, und wenn du auch ein
goldiges Lerz hast, du mußt dich prüfen, ob du alles das
für meine Liebe im Stich lassen kannst."

„Ia, ja," hörte der Lauscher das Flörchen freudig ent-
schlossen sagen, dann eilte er fort. Bei so viel Redlichkeit
und Liebe wurde ihm übel.

Plötzlich blieb er stehen und meckerte fröhlich vor sich
hin, ja, er machte sogar ein paar Bocksprünge: „Endlich
eine Gelegenheit."

Sofort lief er zu Schröpskopf, einem fetten, schwam-
migen Lerrn mit roten Aeuglein und einem ewigen Lächeln
auf den dicken, nassen Lippen. Dem hielt Pelzepup ein
Vertragsformular unter die Burgundernase und verlangte,
daß der Agent seincm jüngsten Kommis das Flörchen zur
Frau geben solle. Man sieht, daß die Verderbtheit des
Satanssohnes schon so weit ging, mit feierlichen Dokumenten
Anfug zu treiben. Schröpfkopf lächelte zwei Minuten nicht,
seine Lippen wurden trocken und seine Augen noch röter;
dann sagte er „Ia!"

Etwas ängstlich wurde Pelzepup bei seinem Mute, doch
die Angst machte ihn nur noch verstockter; er sah sich nach
Möglichkeiten zu weiteren Wohltaten um.

!Im Mitternacht kam er an einem kleinen, hellerleuch-
teten 5iause vorbei, aus dessen geöffneten Fenstern heimat-
liche Düfte von Schwefelwasserstoff und rauchender Salpeter-
säure drangen. Interessiert trat Pelzepup näher und ge-
wahrte im Zimmer einen Mann, der hieß Doktor Schnepel.
Dieser Mann saß vor vielen Gläsern, Retorten, und ein
Tisch war ganz bedeckt mit Notizen und Zahlen.

In den Augen des Mannes lag eine Qual sondergleichen.
Immer, wenn er am Ende zu sein glaubte, fehlte ihm das
Schlußglied.

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