— „Nu sagen Sie bloß, Lerr Bampfer: wie sind Sie denn aus den Gedanken
gekommen, auch in diese unbekannte Sommerfrische zu gehn?"
— „Na, Sie haben ja den ganzen Winter geschimpft, daß Sie vorigen Sommer
hier waren. Daraufhin hab' ich's jetzt probiert, und wahrhaftig: Sie haben recht,
— man sollte es niemand verraten, wie glänzend man hier aufgehoben ist."
Die schwarze Katze
Bruno Brunoni stand
aufgelöst.
Seine Stirne war feucht.
Seine Augen starrlen
verglast.
Er fuhr stch mit der
Land an die Schläfen und
stöhnte:
„Ich wußte es! — Ich
ahnte es!"
„Aber Bruno — ich
bitte dich!"
„Laß mich! Ich hab'
es kommen sehen. Es ist
aus."
„Was ist aus?"
„Alles."
„Aber Bruno — ich
bitte dich. Wegen der
dummen Katze. Daran
glaubt doch kein vernünf-
tiger Mensch."
„Bin ich etwa keiner?"
„Doch — ja — ja ge-
wiß."
Da schlug die Turmuhr
ein viertel acht Ahr.
Frau Laura nahm einen
Anlauf.
„Bruno, so komm doch!
Du wirst dich verspäten."
Sie faßte ihn amMantel-
knopf, bemüht, ihn vor-
wärts zu zerren.
Aber der Knopf blieb
in ihren Fingern.
„Wagees!"schrieBruno;
„keine Macht der Welt soll
mich zwingen, diesen Weg zu
gehen, che ein anderer nicht das Verhängnis totgetreten hal!"
Aber es trat es keiner tot. Aus dem einfachen Grunde
nicht, weil die Straße um diese Zeit immcr wie ausgestorben
war.
Frau Laura restgnierte.
„Also schön," fagte sie, „warten wir."
Sic warteten.
Langsam zog ein feiner Wolkenschleier über den Limmel
und deckte die Sterne zu.
„Wenn es nur," dachte Frau Laura, „vorhin schon so
trüb gewesen wäre, dann hätte er das verdammte Katzen-
vieh gar nicht gesehen."
Es schlug ein halb acht Ahr.
Ein feiner Regen rieselte herniedcr und schlug klirrend
auf die jungen Blätter. Bruno Brunoni schlug fröstelnd
seinen Kragen hoch und wartete schweigend, grimmig, zorn-
verbissen.
Frau Laura neigte sich von seiner Seite und trippelte
auf ihren dünnen Schuhen frierend hin und her.
And es schlug drei viertel acht Ahr.
Frau Laura sagte restgniert: „Nun kommt keiner mehr."
„Wohl," schnaubte Bruno Brunoni, „dann werde ich
die Vorstellung abtelephonieren."
Aber da sprang Frau Laura auf ihn los. „Nein!"
schrie ste, „das wirst du nicht tun!"
Bruno Brunoni wehrtc heftig ab. — „Laß mich, kein
Mensch soll mich hindern!"
Sie rangen miteinander.
„Er wird handgreiflich!" schluchzte Laura. „Er wird
handgreiflich! Er will mich fchlagen!" Sie haschte nach
seiner drohend erhobenen Nechten.
In diesem Augenblick schrillte drinnen das Telephon.
Sie hörten es beide, hielten beide inne und sagten ein-
stimmig: „Das Theaterbüro." And Bruno Brunoni stol-
perte in so rasendem Tempo die Treppe hinauf, daß er seine
Gummischuhe verlor.
Dann war's mit Frau Lauras Laltung aus. —
Sie lehnte gegen das Gartengittcr. „O lieber Gott!"
schluchzte ste, „o lieber Gott! Der Mann ist verrückt
geworden!"
Der verrückt gewordene Mann brüllte indes in das
Telephon, und Worte wie „Lächerlich" Anmöglich" „Gemcin-
heit!" hallten mehr als einmal zu der unglücklichen Frau
hinüber.
Dann hörte man die Elektrische heransummen.
„Bruno!" schrie sie, „Bruno! Rasch! Eile dich!"
Bruno eilte sich.
Er vergaß, abzuklingeln, ließ Lörer, Klavierauszug,
Regcnschirm und Landschuhe auf dem Schreibtisch liegen,
ließ die Tür hintcr sich offen, fiel über seine Gummischuhe,
vcrzerrte schmerzhaft das Gesicht, rieb sich die Knieschcibe.
I8.i
gekommen, auch in diese unbekannte Sommerfrische zu gehn?"
— „Na, Sie haben ja den ganzen Winter geschimpft, daß Sie vorigen Sommer
hier waren. Daraufhin hab' ich's jetzt probiert, und wahrhaftig: Sie haben recht,
— man sollte es niemand verraten, wie glänzend man hier aufgehoben ist."
Die schwarze Katze
Bruno Brunoni stand
aufgelöst.
Seine Stirne war feucht.
Seine Augen starrlen
verglast.
Er fuhr stch mit der
Land an die Schläfen und
stöhnte:
„Ich wußte es! — Ich
ahnte es!"
„Aber Bruno — ich
bitte dich!"
„Laß mich! Ich hab'
es kommen sehen. Es ist
aus."
„Was ist aus?"
„Alles."
„Aber Bruno — ich
bitte dich. Wegen der
dummen Katze. Daran
glaubt doch kein vernünf-
tiger Mensch."
„Bin ich etwa keiner?"
„Doch — ja — ja ge-
wiß."
Da schlug die Turmuhr
ein viertel acht Ahr.
Frau Laura nahm einen
Anlauf.
„Bruno, so komm doch!
Du wirst dich verspäten."
Sie faßte ihn amMantel-
knopf, bemüht, ihn vor-
wärts zu zerren.
Aber der Knopf blieb
in ihren Fingern.
„Wagees!"schrieBruno;
„keine Macht der Welt soll
mich zwingen, diesen Weg zu
gehen, che ein anderer nicht das Verhängnis totgetreten hal!"
Aber es trat es keiner tot. Aus dem einfachen Grunde
nicht, weil die Straße um diese Zeit immcr wie ausgestorben
war.
Frau Laura restgnierte.
„Also schön," fagte sie, „warten wir."
Sic warteten.
Langsam zog ein feiner Wolkenschleier über den Limmel
und deckte die Sterne zu.
„Wenn es nur," dachte Frau Laura, „vorhin schon so
trüb gewesen wäre, dann hätte er das verdammte Katzen-
vieh gar nicht gesehen."
Es schlug ein halb acht Ahr.
Ein feiner Regen rieselte herniedcr und schlug klirrend
auf die jungen Blätter. Bruno Brunoni schlug fröstelnd
seinen Kragen hoch und wartete schweigend, grimmig, zorn-
verbissen.
Frau Laura neigte sich von seiner Seite und trippelte
auf ihren dünnen Schuhen frierend hin und her.
And es schlug drei viertel acht Ahr.
Frau Laura sagte restgniert: „Nun kommt keiner mehr."
„Wohl," schnaubte Bruno Brunoni, „dann werde ich
die Vorstellung abtelephonieren."
Aber da sprang Frau Laura auf ihn los. „Nein!"
schrie ste, „das wirst du nicht tun!"
Bruno Brunoni wehrtc heftig ab. — „Laß mich, kein
Mensch soll mich hindern!"
Sie rangen miteinander.
„Er wird handgreiflich!" schluchzte Laura. „Er wird
handgreiflich! Er will mich fchlagen!" Sie haschte nach
seiner drohend erhobenen Nechten.
In diesem Augenblick schrillte drinnen das Telephon.
Sie hörten es beide, hielten beide inne und sagten ein-
stimmig: „Das Theaterbüro." And Bruno Brunoni stol-
perte in so rasendem Tempo die Treppe hinauf, daß er seine
Gummischuhe verlor.
Dann war's mit Frau Lauras Laltung aus. —
Sie lehnte gegen das Gartengittcr. „O lieber Gott!"
schluchzte ste, „o lieber Gott! Der Mann ist verrückt
geworden!"
Der verrückt gewordene Mann brüllte indes in das
Telephon, und Worte wie „Lächerlich" Anmöglich" „Gemcin-
heit!" hallten mehr als einmal zu der unglücklichen Frau
hinüber.
Dann hörte man die Elektrische heransummen.
„Bruno!" schrie sie, „Bruno! Rasch! Eile dich!"
Bruno eilte sich.
Er vergaß, abzuklingeln, ließ Lörer, Klavierauszug,
Regcnschirm und Landschuhe auf dem Schreibtisch liegen,
ließ die Tür hintcr sich offen, fiel über seine Gummischuhe,
vcrzerrte schmerzhaft das Gesicht, rieb sich die Knieschcibe.
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