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— „A Maß Vollbier möcht' i; aba voll muaß d' Maß sein."

— „Dös kost' aba 'n doppelten Preis!"

— „Ia, warum denn?"

— „No, a Maß Vollbier und a Maß voll Bier, dös san scho mei Lebtag zwoa Maß."

Die Aehnlichkeit

Karl Egon war immer ein Gent gewesen. Schon in
Sekunda vorbildlich in Kleidung. In Anterprima hatte man
bereits zu ihm aufgesehn. Schon damals haite er unsern
harmlosen Gemükern die Kenntnis mondäner Lerreneleganz
übermittelt. Er trug die ersten Breeches, die ersten sesten
Manschetten, die erste Krawattennadel. Er war der erste,
der uns lehrte, daß man die Farbe des Anzuges mit
der des Schlipses in Einklang bringen oder geschickt kon-
trastieren könne. Er ging verbotenerweise mit Lut spazieren
und mit Mädchen. Er verließ die Prima als fertiger Lebe-
mann — nebenbei bemerkt, vor dem Abitur.

So viel überragende Weltkenntnis gibt ihrem Träger
eine gewisse Würde und Sicherheit. Karl Egon besaß beides.
Er hielt stch zurück, er wählte seinen Verkehr, er gefiel sich
in der Rolle des überlegenen Outsiders, und manche waren
froh, wenn er sie einer Ansprache würdigte. So war er
unnahbar und bewundert. And, um seinen Glanz vollkommen
zu machen: er hatte eine Aehnlichkeit, eine frappante Aehn-
lichkeit mit dem ältesten Sohn des regierenden Fürsien zu
Rolsenheim, dem Erbprinzen Ikonius.

Diese Aehnlichkeit war das Rückgrat seines vornehmen
Daseins, war der Regisseur seiner Allüren, war der Schlüssel
zu seiner Seele. Wenn man ihn gewinnen wollte, brauchte
man bloß darauf anzuspielen. Dann lächelte er geschmeichelt,
seufzte pretiös und fragte geringschätzig: „So, meinst du
wirklich?" und war fllr zehn Minuten ein strahlender Gott.

Nach Iahren traf ich ihn wieder, die Aehnlichkeit war
womöglich noch größer geworden. Man sah, er hatte sie
sorgsam kultiviert. Ich sprach ihn an, er war abweisend,
aber rechtzeitig fiel mir das Schlüsselwort ein und siehe:
er war zehn Minuten ein strahlender Gott.

Ganz kürzlich nun traf ich ihn wieder. Er war inzwischen
fieben Iahre älter geworden und ich natürlich auch. Immer
noch lief er wie eine Parallele neben dem Erbprinzen her.
aber ein ganz klein wenig schienen mir doch die beiden Linien
zu divergieren. Die Aehnlichkeit war etwas verblaßt. Das
durfte ich ihn natürlich nicht merken lassen. Zur Einführung
sagte ich also das Schlüsselwort. Aber Karl Egon gefror
zu Marmor und ließ mich kaltlächelnd stehen.

2

Ich überlegte. Was konnte denn inzwischen — ? Also
war er wirklich reifer geworden, so daß ihm die Aehnlich-
keit kein Verdienst mehr schien? Erfreulich für Karl Egon!

Aber dann stel es mir auch gleich ein: wir haben nämlich
inzwischen Revolution gehabt. A. W.

Die Herren Absolventen

Eine Schneiderfirma in München hat angezeigt:

IINO IVL8rL
kür äis Ilerrsn ^bsolvsutsn
vornsbms u.sIöA.Hnskübrunx
LI. 1100.—.

Das Abiturium ist allerdings ein wichtiges Ereignis
im Leben eines jungen Mannes, und für das mündliche
Examen ein schickliches Gewand anzulegen, geziemt sich wohl.
So ist das Angebot der Firma durchaus am Platze. Ver-
mißt wird allerdings die Lose, die neben dem Cutaway und
der Weste in vornchmer und eleganter Ausführung doch
nicht zu entbehren ist. Aber schließlich tut es ja auch eiu
älteres Exemplar, — beim Examen ist ja ohnehin manchmal
die Lose in gewisser Linsicht gefährdet.

Man wende nicht ein, daß eine Anschasfung von 1100
Mark für einen Gymnasiasten in der gegenwärtigen, Spar-
samkeit heischenden Zeit doch nicht ganz angebracht sei.
O nein! Mancher Papa würde mit Vergnügen noch viel
mehr, ja ein kleines Kapital hergeben, wenn sein Sohn das
Abiturium machen könnte. Aeberhaupt wird es mit dem
Cutaway und der Weste allein nicht getan sein. Die Lerren
Absolventen werden die Examenskneipe doch jedenfalls im
Frack feiern wollen. !lnd sie werden natürlich nur Sekt
trinken.

Sollten freilich einige Väter nicht in der Lage sein,
ihren Söhnen solch einen Cutaway mit Weste zu kaufen,
so ist trotzdem nicht zu befürchten, daß im Kreise der Exa-
minanden einzelne durch geringere Tracht unliebsam auf-
fallen. Denn diese werden vielleicht grade diejenigen sein,
die von der mündlichen Prüfung befreit werden. -on.

Copyrlghk 1S2l bp I. F. Schrclber
 
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