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— „Sie klage» »un »icht »rehr über Ihre» Nuhestaud,
Lerr Obcrstudienrat. Entbehre» Sie jeyt Ihr Gyin-
nasium nicht mehr?"

— „Nur gegenwärtig nicht, — es sind ja jetzt Ferien.

Das Schauspiel für Götter

V o r s p i e l.

Im „Kaffee zur goldenen Ecke" sitzen Trabisch, Funk
und Wenzelmann. Sie haben eine Zeillang sehr angeregt
über eine Materie gesprochen, die sie „innere Zustände"
»ennen, aber dann ist das Gespräch, wie man zu sagen
pflegt, etwas eingeschlafen. Oder nein: eingeschlafen doch
grade nicht, das wäre zu viel gesagt, — in Lalbschlummer
gesunken wäre der richtige Ausdruck. Denn die drei Lerren
brummen noch dies und jenes vor sich hin. Trabisch knurrt:

„So ein Saustall, so ein verfluchter!" Funk meint: „Man
könnte sich jedes Laar einzeln ausraufen!" Wenzelmann
sagt: „Da hilft alles nichts; man muß sich eben mit den
Dingen abfinden." Es ist zu bemerken. daß von den drei
Lerren Wenzelmann derjenige ist, der am meisten dazu
neigt, sich abzufinden. Die beiden andern tun es ja schließ-
lich auch, aber sie sagen es nicht so offen.

Da schlägt auf einmal Funk wütend mit der Land auf
den Tisch. „Da ist er schon wieder! Sowie ich den ver-
fluchten Kerl nur zu sehn kriege, tritt mir die Galle ins
l8

Ln Zehler

Ich hätt's vielleicht uf dere Welt
Aach könne ;u was bringe,

So sächt öer Detter Lhrischöian
Un öut sei Schöppche schwinge.

's hätt an Verschtanö gewiß nit g'fehlt,
Ich habb -ie beschte Uote
In meiner Schulzeit g'hatt, un öoch
Is 's Lewe mir nit g'rote.

Un öoöran war nix anners schulö,
Der Dunner soll's verschlagel
Als weil ich halt nit grob sei' kann —
Loßt's euch ;ur Warnung sagel

En Mann, öer wo net grob sei' kann,
Iallt immer newwa runner
Un bringt's ;u nix auf öere Welt —
Es is e Kreu;, ;um Dunner?

Rcirl Frank

Blut," sagt er und deutct nach der gegenüber-
liegenden Ecke des Lokals, wo sich eben ein
in seinem Aeußeren mit etwas überflüssigen
Formen ausgestatteter und beinahe in mehr als
zulässigem Grade gewöhnlicher Lerr nieder-
gelaffen hat.

„Nanu?" wundern sich Trabisch und
Wenzelmann. „Was regen Sie sich denn
so auf? Lat Ihnen der Mann was getan?"

Funk schnappt wütend nach Luft. „Das
ist doch Klobig!" erklärt er, „Emil Klobig,
der grötzte Lund und Schieber. Laben Sie
eine Ahnung, wieviel der Kerl in den letzten
Iahren zusammengeschoben hat!"

„Na wenn schon," meint Wenzelmann.
„Deshalb brauchen Sie doch nicht gleich platzen
zu wollen."

Aber Funk wird so rot im Gesicht, als
wenn er doch platzen wollte. „Der Kerl war
ja früher mein Teilhaber," brüllt er. „Aber dann ist er
ausgetretcn und hat seine Geschäste allein gemacht, seine
hundsgemeinen Schwindelgeschäfte und Wuchereien. Was
hat der Schuft nicht alles geschoben! So ein Lump müßte
eigcnllich längst an den Galgen gehängt worden sein. Aber
nein, ganz fidel lebt er. Wenn ihm wenigstens jemand
mal gründlich die Wahrheit sagen würde! Ich kann das
schließlich doch nicht gut machen; bei mir wllrde es nicht
objektiv aussehn, weil er doch mal mein Sozius gewesen ist.
Aber wenn sich sonst jemand fände, — tausend Mark würde
ich auf der Stelle geben! Das Gestcht von Klobig, — ein
Schauspiel für Götter würde das sein!"

„Tausend Mark wollen Sie hergeben? Im Ernst?"
fragt Wenzelmann mit großem Intereffe.

Funk holt seine Brieftasche heraus, zählt zehn Lundert-
markscheine ab, legt ste aufden Tisch und spricht nur: „Bitte!"

Wenzelmann kratzt stch den Kopf und überlegt. „Also
schön, — ich werde die Sache machen. Vorausgesetzt aller-
dings, daß ich mich dabei keiner törperlichen Beschädigung
(Fortsetzung auf Seite 2l)

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