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Das Schauspicl der Gölter

„And ob l" beteuert Trabisch,
der Anparteiische, und wiederholt
dann Wort fllr Wort,was Wenzel-
mann zu Lerrn Emil Klobig ge-
sagt hat.

„Na, da hört sich doch alles aufl"
meint Funk. „Läßt sich der ver-
dammte Kerl das alles ruhig ins
Gestcht sagen. Nu brate mir einer
'nen Storch, — das hätte ich nicht
für menschenmöglich gehalten."

„O. ich schon!" sagt Wenzel-
mann gleichgültig. Er steckt von
den Lundertmarkscheinen fünf in Symptome
die Tasche und behält die andern
fünf in der Land. „Die Voraus- -
setzung war doch.daß ich mich keiner lörperlichenBeschädigung
bei der Sache aussetzte. Na. und deshalb habe ich vorhin
dem Klobig versprochen, ihm die Lälfte abzugeben."

— „Mein Lerr. ich bin enttäuschtl Nun haben Sie aus-
gesprochene O-Beine und können doch nicht Bogenfahren!"

And dann geht Wenzelmann noch einmal zu Klobig,
um ihm die ebe» verdienten fünfhundert Mark zu bringen.

Robinsvn

— „Eigentlich eine blödsinnige Nedensart, die Vetter
Franz immer gebraucht: ich bin nicht im Bilde."

— Er gebraucht sie aber wenigstens richtig, denn er
fällt ebenso oft aus dem Rahmen."

Der Llrteilsspruch der seligen Groß-
tante Euphrosyne V°n IosefFr-nk

Die selige Großtante Euphrosyne hat die
ganze Geschichte auf ihrem verschiedenen Ge-
wissen. Niemand anders. Es gibt leider
Frauen — Gott sei's geklagt, — die auch noch
in der Ewigkeit Intriguen spinnen müssen.
Als wenn sie nicht wüßten, daß von ihren
diesseits Linterbliebenen derlei Zeug nicht schon
genug gesponnen wurde. Großtante Euphro-
syne war aus dieser Welt ganz urplötzlich ab-
gerufen worden, so urplötzlich, daß sie ihre
wichtigste Frauenaufgabe nicht mehr hatte er-
füllen können: ihre Großnichte Trude unter
die Laube zu bringen. Die Anbehaubtheit
ihrer Großnichte ließ ihr auch im Ienseits
keine Ruhe, darum erschien ste allabendlich bei
den Seancen der ganzen Verwandtschaft, um
ihre Großnichte der versammelten spiritisterlen
Männlichkeit angelegentlichst zu empfehlen.
Lebende Frauen Pflegen sich bei Empfehlung
jüngerer behandlungsfähiger Verwandten meist
diplomatischer Mittel zu bedienen. Verstorbene
setzen sich über jede Diplomatie hinweg. And
auch oft über den guten Ton. Für Geister
scheint der alte Knigge nicht zu gelten, obwohl
er doch selbst schon längst Geist geworden.
So ist's auch bei der seligen Großtante Eu-
Phrosyne. Das mag peinliches Erstaunen bei
allen erregen, die die alte Tante im Leben ge-
kannt haben. Aber das scheint nun einmal
allgemeines Los aller Geister zu sein: Sobald
jemand gestorben ist, büßt er den letzten Rest
seiner guten Erziehung ein. Drum empfiehlt
jetzt Großtante Euphrosyne, wenn sie abends
aus dem Ienseits am wackelnden Familientisch
erscheint, ihr Großnichtchen Trude nicht mehr
mit rein diplomatischen Mitteln, nein,
sie drängt sie förmlich auf. Eine zudringliche
Totel Sie kommandierr die Verlobung, setzt
den Tag für die Lochzeit an, womöglich noch
die Dauer der Lochzeitsreise und der Flitter-
 
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