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Empfehlung — „Diese Badeseife kann ich Ihnen dringend empfehlen.

Ich selbst habe ein Srtick davon schon seit drei Iahrenl"

Der mechanische König

Er erst wird die Amwälzung vollenden, erst die groste
Revolution krönen, die Revolution durch die Mechanik.
Darum arbeitet er weiter unermüdlich in der Verwirk-
lichung seines Gedankens, der schon zur fixen Idee, zur
fixen Staatsidee geworden ist. Er sorgt sich nicht um das,
was um ihn vorgeht, was kümmert ihn das Raunen und
Murren des Volkes, was kümmern ihn die Schwätzereien
der konstituierenden Versammlung? Sie werden alle, Volk
und Deputierte, nicht das zuwege bringen, was er in seiner
kümmerlichen Werkstätte schafft, den neuen König, den König
der Zukunft. !lnd schon baut sich eine kleine Maschinerie
auf seinem Tische auf, verwirrt und verzwickt, Räder und
Stangen, Gezähne und Federn: die Seele des neuen
Königs, seine mechanische Seele. Die Seele, aus der seine
majestätischen Landlungen entspringen sollen, seine Schreib-
tätigkeit und sein Kopfnicken. Die Lauptsache ist geschaffen;
denn wenn die Seele fertig ist, dann ist die Konstruktion des
Körpers eine Leichtigkeit. Was braucht es da noch weiter
als ein Blechgehäuse, bunt angestrichen, wie es fich für könig-
lichen Prunk geziemt, würdevoll in der Laltung, mit ewig
gönnerhaftem Lächeln auf den Lippen, wie es das Volk
von einem König mal erwartet, und noch ein paar Stangen,
die von der Seele in den Arm und in den Kopf fahren,
um königliche Schreibkunfi und Kopfnicken exakt zu
regulieren. Er hämmert «rd klopft selbst den königlichen

Blechleib zurecht und geht dann zum Nachbar Malcouleur,
dem Malermeister, der sonst Blasengel und badende
Nymphen auf herrschaftliche Plafonds kleistert. Wer Engel
und Göttinnen malen kann, warum sollte der ausnahms-
weise nicht auch mal einen König zustande bringen? Nach
den sachverständigen Angaben Meister Durands schmiert
Malcouleur einige goldene Zacken oben auf den Blech-
rand — die Krone — dann pinselt er eine rofige Scheibe,
zerfließend in fragwürdigem Lächeln — das königliche Ant-
litz — und unter die lachende Scheibe pflanzt er einen
knallroten Klecks, der nach dem Gravitationsgesetz in
Strömen an dem Blechleib niederrinnt, so kommt der
Purpurmantel zustande.

Strahlend trug Meister Durand seinen Blechleib nach
Lause und nagelte ihn um die mechanische Seele. So ward
der neue König geschaffen. Ein König, wie ihn Frankreich
haben wollte, wie ihn Frankreich brauchte, ein aufziehbarer
König. Wonnebeglückt stellte er ihn an seinen Arbeits-
tisch, breitete ein revolutionäres Manisest vor ihm aus,
zog ihn auf und der König, gehorsam Meister Durand,
setzte den königlichen Namenszug „Louis" unter das Mani-
fest. Triumph des Meisters, der Könige nach seinem
Willen zwingt! !lnd dann spannte er eine andere Feder
und fragte den König: „Soll Meister Durand für sein
Meisterwerk nicht eine Million Francs aus der Staatskasse
erbaltes?" und willfährig «ickte die Majestät. !lnd er

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