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— „In die Bauernhäuser kannst du jetzt aber wirklich nicht mitkommen,
Selma. Ich will doch den Leuten sagen, daß wir nolwendig Fett brauchen."

Der Mann mil dem Diamanten

Stubenmädchen erzähltcn, Lerr Froböse habe aus seine»
fllns großen Aebcrseekoffern mancherlei seltsame Dinge a»s-
gepackt, darunler auch cin ausgestopftes Krokodil. Das
heißt: die Angabe, es handclte sich um ein Krokodil, stammle
von dem Kellner, — das Stubenmädchen war in der Natur-
geschichte nicht so bcwandert.

Erst am vierten Abend ließ Detlev Froböse sich endlich
unten im großen Gastzimmer sehn, um ein uach Nickels-
hagener Begriffen zu reichliches Abendessen einzunehmen.
Dabei erschien sein Diener Ioao und präsentierke ihm eine
Flasche, aus der er anscheinend eine wllrzige Sauce seinem
Essen hinzufügte, was Lerr Ziehlke, der Gastwirt, als für
seine Küche beleidigend, und die Lerren ringsum an den
Stammtischen als eine gewisse lächerliche Aeberhebung an-
sahen. Froböse hatte beim Eintreten von niemand Notiz
genommen, später einigen der umsitzenden Lerren, deren
Gesichter ihm noch bekannt sein mochten, eine gemessene
Vcrbeugung gemacht und schließlich auch, als er wieder
ging, dem Brauereibesitzer Lehmkuhl, der ihn allerdings
mit einer jovialen Begrüßung anhielt, dem Kolonialwaren-
händler Steffens, dem Buchdruckereibesitzer und Verleger
des „Nickelshagener Boten" Marquart und dem Lolzhänd-
ler Ketterling die Land gereicht, mit dem Bemerken, er
freute sich, die Lerren so wohl wieder zu finden. Das war
aber auch allcs; auf mehr ließ er stch nicht ein, und darüber
war man empört. Denn wozu hatte der Mann so viel
Geld für seine Reisen ausgegeben und in merkwürdigen
Ländern jedenfalls merkwürdige Dinge erlebt, wenn man
jetzt nicht einmal durch Lören etwas davon genießen sollte!

Drei weitere Abende ließ man sich das gefallen, dann
aber schritt der Buchdruckereibesitzer Marquart endlich ein.
Er hatle noch ein ganz besonderes persönliches Interesse,

— er hoffte, für seinen „Nickelshagener Boten" von dem
Weltreisenden einige schätzenswerle, natürlich honorarfreie
Beiträge zu erhalten. Darum ging er auf Detlev Froböse,
als dieser seine Mahlzcit becndet halte, mit biedermännischer
Freundlichkeit zu und lud ihn ein, doch für ein halbes Stünd-
chen den Lerren am nächsten Tisch seine Gesellschaft zu
schenken. Dellev Froböse schien nicht gern zu schenken,

— er solgte der Einladung nur sehr langsam. Buchdruckerci-
besttzer Marquart aber, der in einer besonderen Ecke seines
„Nickelshagener Boten" regelmäßig einige „Sprüche der
Weisheit und Erfahrung" brachle, war der Meinung, man
müßte das Eisen schmieden, so lange es heiß wäre, und
fing gleich an zu sragen: „stnd wo sind Sie denn nun
eigentlich überall gewesen, Lerr Froböse?"

„In verschiedenen Gegenden," lautete die Antwort, und
das war so abweisend, daß eigentlich nicht weiter hätte ge-
fragt werden dürsen. Aber hier kam das Interesse der
Presse, nämlich des „Nickelshagener Boten" in Frage, und
da gibt es kein Nachlassen. Lerr Marquart crkundigte sich
also weiter: „Vielleicht in Aegypten?" (Lierbei dachte er
an das Krolodil, das durch den Kellner identifiziert wor-
den war.)

Detlev Froböse schüttelte den Kopf. „Nein, in Aeghp-
ten nicht."

„So, — dann vielleicht in Indien?" (Zn Indien gibt
es auch Krokodile.)

„Ia, in Indien allerdings, — anfangs."

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