Eine verfehlte Spekulation
— „So oft ich ein bißerl einnicke, nimmt mir dieser verdammte Kollege
mcine Fcder weg. Damit das aber ein Ende hat, hab' ich mir jetzt ein
-Autschü!-"
Ein ganz Scharfer
— „Meinen Mann haben s' zum Schöffen gcwählt — na, da könncn
die Angeklagten sich sreuen — der läßt s' all' hinrichten!"
Im ersten Schreck
— „Isi Ihnen wohl 'ne teuere Geschichte geworden, als Ihr Auto in
das Schaufenster der Pelzhandlung hineinsuhr?"
— „And ob! Die Scheibe war zwar versichert, aber mcine Frau hat sich
im ersten Schreck eine Blaufuchsgarnitur für 30000 Mark ausgesuchl!"
4
Äor orfto ^ationt V»n Artur Wagner
Dr. Steinhaus hatte gerade das Schild
an der Lauslüre bcfestigt: Dr. med Erwin
Steinhaus. FacharztsürNöntgcnologie. Prak-
tischer Arzt. Er hatte es selbst mit §>olzklötz-
chen und Gips in der Mauer verankert, denn
einen Arbeiter deswegen kommen zu laffen,
nein, das lohnte sich nicht. Die Leute ließen
sich neuerdings ja nicht mehr den Wert, son-
dern die Dauer der Arbeit bezahlen, und wa-
rum sollte es so einem »icht einfallen, scchs
Stunden lang an dcr Befestigung eines Schil-
des zu arbeiten? Nein, das konnte man sich
nicht lcistcn. Da hatke cr es lieber selbst gc-
macht; denn schließlich — er lächelte über den
Witz — war er ja praktischer Arzt.
Er nahm das neue Stück Lysoformseife
und reinigte sich die Lände von Schmuh und
Ziegelstaub. Gurgelnd und wirbelbildend wurdc
das Waffcr in den Boden der Porzellanwanne
eingeschluckt, als er dc» nickelnen Lcbel in Be-
wegung geseht hattc. O ja, es war famos
eingerichtet, sein Sprechzimmer!
Der vor Sauberkeit blinkende Glasschrank
mik den Instrumentcn in der Fensterecke, das
blühcndwciß bezogene Untersuchungsbett längs
dcr Wand, der Tisch mit dem funkelnden Mi-
kroskop und dcn hämatologischen Apparaten.
Dr. Steinhaus drllckte eine Klinke auf. Eine
lleine Tür öffnete sich in einen mittelgroßen,
dunklen Raum. Es roch neulackiert. Glatte,
blanke Stangen und Äandgriffe nahmen all-
mählich Gestalt und Licht an. Eine Sckunde
lang biß das Licht einer starken Glühbirne
in die Dunkelheit, dann drehte er wieder ab
und schloß die Tür zum Nöntgenzimmer hin-
ter sich.
Befriedigt schritt er zur andern Seite des
Sprechzimmers. Zwei Türen warcn zu öffne»,
dann stand man im Warteznnmer. Es war
einfach, hygienisch nackt und doch nicht nüchtern
eingerichtet. Das Wartezimmer! Man sah cs
ihm ordentlich an, daß es wartete, es wartete
nur zu deutlich — bcinah höhnisch. Lm! Wie
lange würde es wohl warten müssen. würde
es sich füllen, so daß er die Leute cinen nach
dem andern ins Sprechzimmer bitten lönnte?
Würden die Leute überhaupt koinmen, die
Leute, die er nicht kannte und auf dercn Ent-
schlüsse er kcinen Einfluß hatte, gerade zu ihm
kommen, der sich ebcn niedergelassen hatte?
Teufel, warum solltcn sie denn geradc zu ihm
kommen? Es gab doch genug Llerztc in dcr
Stadt! Waren vielleicht alle Leute schon mit
Aerzten vcrsehcn?
Dr. Steinhaus brach diese unangcnehme
Gedankenreihe ab, odcr vielmehr, er wurde
aus ihr herausgerissen. Es läutcte draußen,
schrill und schncidend — die Glocke war auch
noch so unangenehm neu wie die ganze übrige
Einrichtung. Er wartete cinen Moment, aber
es regle sich nichts. Das Mädchen war wohl
gerade nicht da. Ach nein, das Mädchen hatte
cr ja sclbst fortgeschickt, damit cs sich seine
— „So oft ich ein bißerl einnicke, nimmt mir dieser verdammte Kollege
mcine Fcder weg. Damit das aber ein Ende hat, hab' ich mir jetzt ein
-Autschü!-"
Ein ganz Scharfer
— „Meinen Mann haben s' zum Schöffen gcwählt — na, da könncn
die Angeklagten sich sreuen — der läßt s' all' hinrichten!"
Im ersten Schreck
— „Isi Ihnen wohl 'ne teuere Geschichte geworden, als Ihr Auto in
das Schaufenster der Pelzhandlung hineinsuhr?"
— „And ob! Die Scheibe war zwar versichert, aber mcine Frau hat sich
im ersten Schreck eine Blaufuchsgarnitur für 30000 Mark ausgesuchl!"
4
Äor orfto ^ationt V»n Artur Wagner
Dr. Steinhaus hatte gerade das Schild
an der Lauslüre bcfestigt: Dr. med Erwin
Steinhaus. FacharztsürNöntgcnologie. Prak-
tischer Arzt. Er hatte es selbst mit §>olzklötz-
chen und Gips in der Mauer verankert, denn
einen Arbeiter deswegen kommen zu laffen,
nein, das lohnte sich nicht. Die Leute ließen
sich neuerdings ja nicht mehr den Wert, son-
dern die Dauer der Arbeit bezahlen, und wa-
rum sollte es so einem »icht einfallen, scchs
Stunden lang an dcr Befestigung eines Schil-
des zu arbeiten? Nein, das konnte man sich
nicht lcistcn. Da hatke cr es lieber selbst gc-
macht; denn schließlich — er lächelte über den
Witz — war er ja praktischer Arzt.
Er nahm das neue Stück Lysoformseife
und reinigte sich die Lände von Schmuh und
Ziegelstaub. Gurgelnd und wirbelbildend wurdc
das Waffcr in den Boden der Porzellanwanne
eingeschluckt, als er dc» nickelnen Lcbel in Be-
wegung geseht hattc. O ja, es war famos
eingerichtet, sein Sprechzimmer!
Der vor Sauberkeit blinkende Glasschrank
mik den Instrumentcn in der Fensterecke, das
blühcndwciß bezogene Untersuchungsbett längs
dcr Wand, der Tisch mit dem funkelnden Mi-
kroskop und dcn hämatologischen Apparaten.
Dr. Steinhaus drllckte eine Klinke auf. Eine
lleine Tür öffnete sich in einen mittelgroßen,
dunklen Raum. Es roch neulackiert. Glatte,
blanke Stangen und Äandgriffe nahmen all-
mählich Gestalt und Licht an. Eine Sckunde
lang biß das Licht einer starken Glühbirne
in die Dunkelheit, dann drehte er wieder ab
und schloß die Tür zum Nöntgenzimmer hin-
ter sich.
Befriedigt schritt er zur andern Seite des
Sprechzimmers. Zwei Türen warcn zu öffne»,
dann stand man im Warteznnmer. Es war
einfach, hygienisch nackt und doch nicht nüchtern
eingerichtet. Das Wartezimmer! Man sah cs
ihm ordentlich an, daß es wartete, es wartete
nur zu deutlich — bcinah höhnisch. Lm! Wie
lange würde es wohl warten müssen. würde
es sich füllen, so daß er die Leute cinen nach
dem andern ins Sprechzimmer bitten lönnte?
Würden die Leute überhaupt koinmen, die
Leute, die er nicht kannte und auf dercn Ent-
schlüsse er kcinen Einfluß hatte, gerade zu ihm
kommen, der sich ebcn niedergelassen hatte?
Teufel, warum solltcn sie denn geradc zu ihm
kommen? Es gab doch genug Llerztc in dcr
Stadt! Waren vielleicht alle Leute schon mit
Aerzten vcrsehcn?
Dr. Steinhaus brach diese unangcnehme
Gedankenreihe ab, odcr vielmehr, er wurde
aus ihr herausgerissen. Es läutcte draußen,
schrill und schncidend — die Glocke war auch
noch so unangenehm neu wie die ganze übrige
Einrichtung. Er wartete cinen Moment, aber
es regle sich nichts. Das Mädchen war wohl
gerade nicht da. Ach nein, das Mädchen hatte
cr ja sclbst fortgeschickt, damit cs sich seine