Das Dollar-St
so wie die Magnete dabei immer
stärker und zugkräftiger werden,
so wurdcn auch Kremin und
Woyke immer zäher in ihren
Anstrengungen.
Jn diesenAnstrengungen nun
lag es begründet, daß am Mitt-
woch vor Ostern in den beiden
Schippenburger Zeitungen fol-
gende Anzeige erschien:
Ostereierl Ostereier!
Zum bevorstehenden Oster-
feste empfehle ich meine reiche
Auswahl in Ostereiern aller
Arten. Vesonders aufmerksam
machen möchte ich meine ver-
ehrte Kundschast auf die unter
Verwendung 'allerfeinsten Ma-
terials von mir eigens in der
Anzahl von nur 50ll Stiick
hergestellten großen Schokolade-
Ostereier. Eines dieser Eier
enthält
Horojkop
— „Ia, wenn ich nicht
— „Na, da wird er's im
einen Dollarü!
Der Schein ist selbstverständ-
lich von sterilisiertemPaPier um-
hüllt, und werde ich ihn von dem
glücklichen Finder auf Wunsch
jederzeit zum Tageskurse wieder zuriicknehmcn.
Lochachtungsvoll
Iulius Woyke
Konditorei und Zuckerwarenfabrik, gegr.! 890.
Diese Anzeige nun las, ünd das war ja auch ihr Zwcck,
das ganze Schippenburger Publikum. Gewiß, es mögen
schon einige Leute gewesen sein, die sie nicht zu Gepcht
bekamen, aber die zählen nicht mit, — wer solche großen
Inserate nicht liest, gehört eben nicht zum Publikum. Das
Publikum nahm regcs Intcreffe an Woykes Anzeige, es
nahm sogar fabelhaftes Interesse, und das war begreislich,
dcnn diese Anzeige enthielt ja ein Wort von so zauberischcr
Kraft, wie sie in dcr Iehtzeit kaum einer anderen Vokabel
innewohnt. Dieses eben war das Wort: Dollar. — O, man
konnte also einen Dollar gewinnen, cinen ganz echten Dollar,
einen von jcnen, wie jeder, der sie sieht, anerkennen muß,
mit dem Werte des Gegenstandes durchaus cntsprechender
Kunst (bei dcn deutschen Geldscheinen ist das allerdings auch
der Fall) ausgeführten Scheincn, die gegenwärtig das ?Xaß
wenn auch nicht aller, so doch dcr meisten und vielcr sehr
notwendiger Dinge bilden! Durch einen glücklichcn Zufall
konnte man ihn viellcicht gcwinnen, so ganz nebcnher bei
dem ohnehin wohl notwendigen Kauf einigcr Ostereier.
Natllrlich würde man seine Ostereier dicsmal bci Iulius
Woyke kaufen, Konditorei und Zuckerwarenfabrik, gcgr. 1890.
„Natürlich würde man das tun!" Das sagte s:ch auch
Albert Kremin sosort, als er die Anzeige gelesen hatke,
womit er übrigens nur unter großer Anstrengung fertig
wurde, denn schon auf dem halbeu Wege der Lektüre ergriff
ihn ein so heftiges Zornbeben, daß ihm die Buchstaben vor
dcn Augen verschwammen. Dann fluchte er auf ^ulius
Woyke. „Das ist ja ein verdammter Schweinehund!" sagte
er. „Der will wvhl ganz Schippenburg allein mit Ostereiern
versorgen, der Schweinehund!"
— „Sie laufen ja so sehr mit dem Kindcrwagen, Fräulein?"
ganz forsch fahre, ist der Bengel unzufrieden und brüllt."
Leben zu was bringen, — der wird mal 'n Auto haben wollen."
^ Das war nun wirklich ein unpaffender Ausdruck. Nicht
elwa hinsichtlich seiner Kernigkeit, dcnn da braucht man die
Grenzen nicht allzu eng zu ziehn, sondern dein Sinne nach.
Denn mit der Ostereierversorgung wird niemals der Lund
in Bcrbindung gebracht, sondcrn nur der Lase. Kremin
hätte also richtiger von Woyke sagen müssen: Der vcr-
dammte Schweinehase!
Immerhin: der „Schwcinehase" hätte ihn jedenfalls in
seinem Grimme nicht so erleichtert wie der „Schweinehund".
Die Erleichterung abcr war sehr wichtig für ihn, denn nun
erst konnte cr Woykcs Anzcige kritisch prüfen. „Zum
bevorstehendcn Osterseste-" Blödsinn! Zum Osterfeste,
— das hätte genügt. „Bevorstehend — —" das war doch
selbstverständlich. Wenn das Osterfest schon vorüber ge-
wesen wäre, hätte kein Mensch mehr Ostereier gebraucht.
Weiter: seine verehrte Kundschaft wollte Moyke aufmerk-
sam machen? Das war eine Gemeinheit, das war unlaulerer
Wettbewerb. Denn Woyke wollte nicht allein seine Kund-
schaft, sondcrn auch andere Lcute aufmerksam machen und
eben dadurch crst zu einer verehrten Kundschaft heranbilden.
!lnd natürlich rechnete der Schweinehund — Kremin blieb
nun einmal bei dem Lund — darauf, daß darunter manche
Leute scin würden, die bisher zu der nicht minder vcrehrten
Kundschaft Albert Kremins gehört hatten. „In der Anzahl
von 500 Stück-Lllge, niederlrächtige Lüge! Dcr Kerl
würde natürlich so viel Schokoladeneier verkaufen, wie die
Leute nur haben wollten. Wenn der Vorrat etwa am
Abend des Gründonnerstags schon verbraucht sein sollte,
dann würde er eben am Karfreitag neue machen, — das
hatte er jedenfalls in Erwägung gezogen. „Einen Dollar — I"
Dies gab Kremin nun wirklich einen furchtbaren Stich, da
er sich der ganzen ungeheuren Lockungskraft diescs Wortes
wohl bewußt war. Aber: „in sterilisiertem Papier-"
So, wer bürgte dafür, wer garantierte? Da müßte eigentlich
die Gesundheitspolizei einschreiten.
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so wie die Magnete dabei immer
stärker und zugkräftiger werden,
so wurdcn auch Kremin und
Woyke immer zäher in ihren
Anstrengungen.
Jn diesenAnstrengungen nun
lag es begründet, daß am Mitt-
woch vor Ostern in den beiden
Schippenburger Zeitungen fol-
gende Anzeige erschien:
Ostereierl Ostereier!
Zum bevorstehenden Oster-
feste empfehle ich meine reiche
Auswahl in Ostereiern aller
Arten. Vesonders aufmerksam
machen möchte ich meine ver-
ehrte Kundschast auf die unter
Verwendung 'allerfeinsten Ma-
terials von mir eigens in der
Anzahl von nur 50ll Stiick
hergestellten großen Schokolade-
Ostereier. Eines dieser Eier
enthält
Horojkop
— „Ia, wenn ich nicht
— „Na, da wird er's im
einen Dollarü!
Der Schein ist selbstverständ-
lich von sterilisiertemPaPier um-
hüllt, und werde ich ihn von dem
glücklichen Finder auf Wunsch
jederzeit zum Tageskurse wieder zuriicknehmcn.
Lochachtungsvoll
Iulius Woyke
Konditorei und Zuckerwarenfabrik, gegr.! 890.
Diese Anzeige nun las, ünd das war ja auch ihr Zwcck,
das ganze Schippenburger Publikum. Gewiß, es mögen
schon einige Leute gewesen sein, die sie nicht zu Gepcht
bekamen, aber die zählen nicht mit, — wer solche großen
Inserate nicht liest, gehört eben nicht zum Publikum. Das
Publikum nahm regcs Intcreffe an Woykes Anzeige, es
nahm sogar fabelhaftes Interesse, und das war begreislich,
dcnn diese Anzeige enthielt ja ein Wort von so zauberischcr
Kraft, wie sie in dcr Iehtzeit kaum einer anderen Vokabel
innewohnt. Dieses eben war das Wort: Dollar. — O, man
konnte also einen Dollar gewinnen, cinen ganz echten Dollar,
einen von jcnen, wie jeder, der sie sieht, anerkennen muß,
mit dem Werte des Gegenstandes durchaus cntsprechender
Kunst (bei dcn deutschen Geldscheinen ist das allerdings auch
der Fall) ausgeführten Scheincn, die gegenwärtig das ?Xaß
wenn auch nicht aller, so doch dcr meisten und vielcr sehr
notwendiger Dinge bilden! Durch einen glücklichcn Zufall
konnte man ihn viellcicht gcwinnen, so ganz nebcnher bei
dem ohnehin wohl notwendigen Kauf einigcr Ostereier.
Natllrlich würde man seine Ostereier dicsmal bci Iulius
Woyke kaufen, Konditorei und Zuckerwarenfabrik, gcgr. 1890.
„Natürlich würde man das tun!" Das sagte s:ch auch
Albert Kremin sosort, als er die Anzeige gelesen hatke,
womit er übrigens nur unter großer Anstrengung fertig
wurde, denn schon auf dem halbeu Wege der Lektüre ergriff
ihn ein so heftiges Zornbeben, daß ihm die Buchstaben vor
dcn Augen verschwammen. Dann fluchte er auf ^ulius
Woyke. „Das ist ja ein verdammter Schweinehund!" sagte
er. „Der will wvhl ganz Schippenburg allein mit Ostereiern
versorgen, der Schweinehund!"
— „Sie laufen ja so sehr mit dem Kindcrwagen, Fräulein?"
ganz forsch fahre, ist der Bengel unzufrieden und brüllt."
Leben zu was bringen, — der wird mal 'n Auto haben wollen."
^ Das war nun wirklich ein unpaffender Ausdruck. Nicht
elwa hinsichtlich seiner Kernigkeit, dcnn da braucht man die
Grenzen nicht allzu eng zu ziehn, sondern dein Sinne nach.
Denn mit der Ostereierversorgung wird niemals der Lund
in Bcrbindung gebracht, sondcrn nur der Lase. Kremin
hätte also richtiger von Woyke sagen müssen: Der vcr-
dammte Schweinehase!
Immerhin: der „Schwcinehase" hätte ihn jedenfalls in
seinem Grimme nicht so erleichtert wie der „Schweinehund".
Die Erleichterung abcr war sehr wichtig für ihn, denn nun
erst konnte cr Woykcs Anzcige kritisch prüfen. „Zum
bevorstehendcn Osterseste-" Blödsinn! Zum Osterfeste,
— das hätte genügt. „Bevorstehend — —" das war doch
selbstverständlich. Wenn das Osterfest schon vorüber ge-
wesen wäre, hätte kein Mensch mehr Ostereier gebraucht.
Weiter: seine verehrte Kundschaft wollte Moyke aufmerk-
sam machen? Das war eine Gemeinheit, das war unlaulerer
Wettbewerb. Denn Woyke wollte nicht allein seine Kund-
schaft, sondcrn auch andere Lcute aufmerksam machen und
eben dadurch crst zu einer verehrten Kundschaft heranbilden.
!lnd natürlich rechnete der Schweinehund — Kremin blieb
nun einmal bei dem Lund — darauf, daß darunter manche
Leute scin würden, die bisher zu der nicht minder vcrehrten
Kundschaft Albert Kremins gehört hatten. „In der Anzahl
von 500 Stück-Lllge, niederlrächtige Lüge! Dcr Kerl
würde natürlich so viel Schokoladeneier verkaufen, wie die
Leute nur haben wollten. Wenn der Vorrat etwa am
Abend des Gründonnerstags schon verbraucht sein sollte,
dann würde er eben am Karfreitag neue machen, — das
hatte er jedenfalls in Erwägung gezogen. „Einen Dollar — I"
Dies gab Kremin nun wirklich einen furchtbaren Stich, da
er sich der ganzen ungeheuren Lockungskraft diescs Wortes
wohl bewußt war. Aber: „in sterilisiertem Papier-"
So, wer bürgte dafür, wer garantierte? Da müßte eigentlich
die Gesundheitspolizei einschreiten.
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