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Wichlig — „Lerr Knauerhase, unscr ncues Vcreinsmitglied, — töerr Schwiegelke, unser liebcr Vereinskassierer."

— „Schr angenehm, Äerr Knauerhase. Darf ich Ihnen meinc Karte-"

— „Aber bemühen Sie stch. doch nicht, Lerr Schwiegelke!"

— „O bitte, da steht nämlich die Nummcr meines Postschcckkontos drauf, — wegcn der Vereinsbeiträge."

Ich Esel musz alles lcsen

Als ich nculich einmal an der Lauptpvst vorbei kam,
fiel mir schon von weitcm an der Mauer eine große, in
Krcide ausgcsührte Krihelei in die Augcn. Ich sah nähcr
hin und las: „Ich Esel muß alles lesen!"

Glaubt nun vielleicht jemand, ich hättc mich gcärgert?
Aber nein, — ich freute mich. Denn mir fiel ein, daß mir
da ein ganz vortrcffücher Fingcrzeig gegeben wordcn sei,
wie ich nrit Schlippenbach verfahrcn müßte.

Schlippcnbach bcsucht mich manchmal, - aufein Plauder.
stündchcn, wie er sagt. Schlippenbachs Besuche crfolgen in
unregelmäßigen Zeiträumen. Wenn ich sie voraus berechnen

lönnte wie Sonncn- und Mondfinsternisse,-doch nein:

das ist ja nicht wahr, ich kann ja gar keine Sonnen- oder
Mondfinsternis voraus bcrcchnen. Also: wenn ich Schlippen-
bachs Erscheinen voraus berechnen lönnte, so wie die
Astronomen, die gelehrten Lcrren, Sonnen- und Mond-
finsternisse voiaus berechnen, — dann würde ich vorher von
Lause sortgehn, und Schlippenbach müßte dann an meincr
Türe umkehrcn. Abcr er kommt immer ganz unvermutct.
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Was soll mau da tun? Verlcugnen lasse» kann man sich
doch nicht. Das konnte man früher, als man noch ein
Dicnstmädchen hatte. Ieht aber hat man eine 5oausbeamtin,
und wenn man die mit dem Verlcugnen bcauftragen würde,
dann würde sie sich bei der nächsten Gclegcnheit, wenn sie
selbst einen Schwindel angcstellt hat, darauf bcruscn. „Ich
habc ja damals, wie der Äerr Schlippcnbach kam. für Sie
lügen müssen, also brauchen Sie jcht gar nichl so großartig
tun, wcnn ich nun auch einmal-" und so weiter.

Ich muß mich also mit Schlippcnbachs Besuchen ab-
finden, wie man zu sagen Pflegt. Abfindungen sind meistens
unangcnchmc Geschichtcn. Schlippenbach abcr unterhält sich
jedenfalls ganz gut bei mir. Er plaudert, und ich bin still.
Wenn Schlippcnbach grade nicht plaudert, bin ich auch still.
Dann beschäftigt Schlippenbach sich in einer ihn wohl recht
ergöycnden Art. Er schnüffelt in mcincm Arbcitszimmer
hcrum. Bcsonders gern nimmt er irgcnd etwas von meinem
Schreibtisch auf, — ein Notizblatt, einen Brief, oder was
ihm von solchen Dingen grade in dic Lände sällt. Das
(Fortsetzung auf Seite ZS)
 
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