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„Signore Bambino biegt Eisenbahnschienen von drei Meter Länge zweimal im rechten Winkel. Wenn jemand von
den Lerrschaften zusällig eine Eisenbahnschiene in dieser Länge bei sich hat, kann das Kunstsliick sofort gezeigt werden!"

Das lahingclegke Fortcplano

EMß bevor. Sie schleifen Nanette, des Kommissionsrats
^ehse Aelteste an das Fortepiano. Jch weiß: sie wird
das Trio Nummer Eins von Becthoven erekutieren. — in
einein Schock Stunden hab' ich vcrsncht, es ihr einzupauken.
^ Kunz, Vcrleger, wir haben cincn Punkt von äußcrster
Wichtigkeit in unserm Verlagsvertrage vergeffen."

„Das würe? fragtc Kunz, geschästlich ausmerkend.

„Paragraph-wie viele hatten wir denn? Ia,

sechs, — aiso Paragraph 7: Die Verpflicktungen des Autors
nach diesem Kontrakte sollen unwiderruslich erst in Kraft
lreten, wenn obengenannter Carl Friedrich Kunz in das
Äaus der Konsulin Mark zu Bamberg sich wird begcben
"nd das dort aufgestellte Fortepiano, eincn Flügel aus der
rühinlichst bekanutcn Fabrik von Schiedmayer in Stuttgart
">'t irgendwelchen zu solchem Zwccke ihm tauglich eischei-
nendcn Werkzeugen wird zerschlagen und zertrümmert oder
svnst wciterc Benühung unmöglich gemacht haben."

Kunz schültelte sich vor Lachcn. „Zu spät, mein Bester,
der Vertrag ist abgeschlossen. Abcr ich glaube wahrhaftig,
Sie selber wären kapabel, wenn ich einen Korb Sillery
vpferte, über das Znstrument herzufallen."

Äoffmann sprang auf. „Soll gelten, Nektarlieferant,
soll gelten! Zum wenigsten für den heutigen Abend will ich
den Quell der Töne verstopfen, aus dem unberufenes Volk
schöpft „stt ungelenken, das Beste verschüttenden Länden.
E'nen Korb Sillery, — Sie sind Zeuge und zum Gelage
geladen, Medizinaldireltor. Wir trcffen uns nachher in der
,Nosx- da ich wohl cincn elwas eiligen Nückzug werdc

antreten niüssen." — Damit verschwand er im Saal, wo er
den grade mit einem Tablett herumspazierenden Gottlieb, den
alken Diener des Äauses, sich heranwinkte. „Mein Lieber, es
wiid wohl einiges im Lause sein an Gewölb- und Lammer-
schlüffeln und etlichen küchtigen Schraubenziehern."

Nettchen Vehse war mit dem Trio glücklich fertig, als
der kleine Musildirektor neben dcm Flllgel auftauchte. Der
Fiskalrat Röderlein, ein alter Iunggeselle, der Damen nicht
gern Beifall spenden mochte, fiel ihn an. „Bester Musik-
direktor, phantasicren Sie uns doch einiges, ich bitte!" Er
schrie das so laut, daß nun der ganze Kreis ringsum sich
diesem Ersuchen anschließen mußte, was manchem wohl auch
ganz willkommen war. Loffmann verneigte sich gesällig.
„Llber mit dem größten Pläsier, Lerr Fiskalrat, — vollends
auf einem so ausgezeichneten Instrumcnt, dem vortreffiich-
sten, das ganz Bamberg aufzuweisen hat." Er lehnte sich
leicht an den Fllgel und strich, wie in Gedanken, mit der
Nechten — der Deckel war hochgckloppt — über die Saiten.
„Eind Sie nicht auch der Meinung, Lerr Fiskalrat, daß
das Flügelpiauoforte, wenn es zwar der Melodie kein so
regsames Leben gibt als die Geige, so doch wie kein anderes
Instrument die Schätze des Neiches der Larmonie zu ent-
fallen vermag?"

„In der Tal!" sagte, heftig kopfnickend, der Fiskalrat,
der aber keine Ahnung hatte.

„So wäre es denn eigcntlich recht undankbar," fuhr
Loffmann, unmerklich lächelnd, fort, „wenn wir darüber das
bescheidene Landwerk vergessen wollten, welches, von Stufe
zu Stufe fortgeschrilten und zu hoher Vollkommenheit

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