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Hochzeitsgstanzeln

Zwölf Nilchküah im Stach
Unö an Stier, a Noröstrumm.
Unö a Muatterguat a,
Ehnöer schaug i net uml

Wenn oane nur sauber,

2s no lang net begehrt.
Denn öie Schönheit vageht,
Unö öer Nist b'halt an Wertl

Balst was mögst, Annamirl,
Nacha sag's no pfeilgraö.
Bist mei Bäuerin worn,
Werst von selber balö staöl

Unmögttche Geschichlen

beschränkte menschliche Erkenntnis nicht ausreicht. In unsercr
Kindheit waren es zwar nur Kleinigkeiten, die diese zweifel-
lose Beziehung zwischen Labakuks Geschick und dem meinen
kennzeichneten. Aber das Prinzip war doch schon ganz deut-
lich da. Nur ein kleines Veispiel, meinen Lerreu. Labakuk,
damals zehn Iahre alt, schmaust, wie das bei Knaben ja
vorkommt, in einem fremden Obstgarten, wird vou dem
Eigenlümcr erwischt und ganz entsetzlich verhauen, gradezu
unmenschlich verhauen. Ein paar Tage später komme ich an
demselben Garten vorbei. Der Mann, dem seine Roheit
wohl leid getan hat, ruft mich freundlich an, stopft mir die
Taschen voll Obst und steckt mir auch noch einen Zweimark-
schein in die Land. „So, mein Iunge," sagte er, weil
ich dich gar so sehr geprügelt habe." — Nun, das war nichts
Merkwürdiges, werden Sie meinen, meine Lerren; Zwillinge
werden oft verwechselt. Aber paffen Sie aufl Ich esse also
all das Obst, gehe dann mit den zwei Mark in eine Kon-
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dilorei, stopfe mich mit Kuchen voll. deun damals gab es
ja für zwei Mark ungeheuer viel Kuchcn, und als ich dann
nach Lause gehe, treffe ich eiue Tante, die mir cinen Vanillc-
kuchen schenkt. Da ich abcr beim besten Willen nichts mehr
hinunterbringen kann, schenke ich diesen Kuchen nunmehr
Labakuk. Was geschieht? Wie das bei Vanillesachen manch-
mal vorkommt, war da irgend elwas tlnrechtes, — Labakuk
erkrankt nach dem Genuffc des Kuchens und schwebt sogar
in Lebensgefahr. Welche seltsame Kette: Labakuk verprügelt,
ich deshalb beschenkt, und dann wiedcr darum Labakuk in
schwere Krankheit geraten!" —

Kilian Dollfus trank den sünftcn Schnaps, einen Liljen-
konvaljen. Da bemerkte auf einmal Lorenz Wohlmut: „Aber
das ist ja unmöglich! Sie können damals doch keinen Zwei-
markschein gcschenkt bekommen haben."

Kilian Dollfus dachte nach. Dann nickte er. „Richtig,
— es war natürlich ein Zweimarkstück." Er goß den sechsten
Schnaps, einen Curacao, hinunter, und erzählte weiter:
 
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