Eine Ausnahme
Schlippermann hat neulich ein
ihm unbekanntes Mort gelesen
und sich noticrt, denn er will sich
bilden. Nun trifft er mit Doktor
Stich zusammen und erkundigt sich.
„Sagen Sie mal, Äerr Doktor,
was ist das eigentlich: Kausalität?"
„Kausalität?" Doktor Stich
rllstet sich zu einer längeren Nede.
„Ja, wo fange ich da nur gleich
an? Sie werden einsehn, Äerr
Schlippermann, daß es Tatsachen
gibt, die — um mich ganz ver-
ständlich auszudrücken — gemein-
sam auftreten, derart, daß die eine
durch die andere bedingt wird.
Oder andcrs, um noch verständ-
^icher zu sein: jede Wirkung hat
eine Arsache, und zwar geht die
Arsache ininier der Wirkung vor-
aiis. Dieses Verhältnis. .
Aber da unterbricht ihn Schlip-
perinann lachend. „Die llrsachc
geht immer voraus? Nee, lieber
Äerr Doktor, da irren Sie sich.
Denken Sie doch mal: wenn ich
e>nen Schubkarren schiebe, da bin
ich doch die Arsache. Na, und da
gehe ich doch hinterher!"
Der Weg des Fleisches — „Ihr Bauern denkt, wir müssen zahlen, was
ihr verlangt. Aber es gibt doch eine Grenze."
— „Freilich, — und llber die geht dann 's
Vieh, wenn ihr nicht genug zahlt."
^egrenzte Anterkunst
^ „Was, kein Bett soll ich fllr die Nacht kriegen können?
^a, htzren Sie mal: irgendwo im Dorf wird doch wohl
"°ch was aufzutreiben sein."
's' „Versuchen's mal beim Wurmlinger. Der ist unser
^achtwächter. Wenn's ihm ordentlich was zahlen, läßt er
3hiien sein Bett. Abcr um 4 Ahr am Morgen müssen Sie
raus, — rm legt er sich selber hinein."
Kunst
Tragikomödie in dret Dokumenlen
Von Artur Wagner
I. Die Große Kunstausstellung.
Die heute frllh ohne großen Pomp eröffnete Kunstaus-
^uung bewcist, was jeder, der die Entwicklung der lehtcn
^ ^eiinien übersieht, schon längst instinktiv gefühlt hatte,
abl, ^ ber Malerei, wie sie nun seit Iahrhunderten in
^llebrachter Gcwohnheit gedankenlos immer wieder ge-
wird, zu §nde geht. Was uns Not tut, ist die Abkehr vom
^ahuicn und von der Flächc, von der Perspektive und von
Dchwcrkraft! Die Gesctze dcr Optik und Mechanik,
und Dhnamik auf die Kunst anwenden zu wollen,
bislang geschah, hcißt ihr die Lebensluft vcrgiflen.
gesri ^"^brucksbcdürfnis dcs Kllnstlers darf kcin Wcg vor-
^es/b^bm wcrden. Es gibt kcine absolute normative
kann man das alte lateinische Sprichwort
so vicl Sinne" zeitgemäß variieren in „So viel
p>e, so viel Künste!"
^Wtv kiiesem höchst subjektiven Ausströmen der Ge-
"wnlichkeit in das Kunstwerk — ein komplizierterVor-
^jeirj ^sher mit dcm Ausdruck Schaffen von Banausen
^Nn j' ^ heute immcr noch und vielleicht mehr
* Mut gehört, ltegt iu der Natur der Dinge, will
sagen des Publikums. Das Publiknm ist heute noch nicht
mit dem Impressionismus fertig, der für den Wissendcn über-
haupt nie ernflhast bcstanden hat!
Immerhin gibt es schon Pioniere, die das letzte Eiland
auf dem Mcere dcr malerischen Schaffensmöglichkeiten an-
gelaufen sind.
Was uns Alexander Pinkopenko in seinen Oelbildern
zeigt, trägt das Wescntliche dieser neucn Kunst nicht erst
vcrsteckt, angedcutet, halbgewollt, sondern bereits mit voller
bewußter Absichtlichkeit an sich.
Es sind die beiden Bilder „Zerfallene Windmühle" und
„Frau im Sesscl." Wie Pinkopenko das oft behandelte,
an sich langwcilige Motiv dcr sihendcn Frau auf seine Art
behandelt, ist genial zu nennen. Die banale Wirklichkeit hat
hicr zu Gunsten des Phantasieeindrucks zurlicktreten müsscn.
Was für tausend andre unserer sogenannten allermodern-
sten eine Frau und ein Sesscl wäre, daraus schält Pinko-
penko die Idec in ihrer klaren Geistigkeit heraus. Er stellt
das Weib als Trägerin des göttlichcn Gedankens, als Ver-
mittlerin zwischen Mensch und All dar: kosmische Musik
über dem Grundton „Weib" als Orgelpunkt.
BezeichnendfürmodcrnesNaturcmpfindcnistseinandres
Vild „Zerfallcne Windmühle". Die verzchrcnde Mystik, die
in dieser Windmllhle träumt, ist der Grundton seines Natur-
erlebens. Auch hier wie im vorigen Bild diese Steigerung
des einzelgegenständlichen ins allgemein geistige, ja ins
kosmische, was mit inipressionistischer Genremalerei — denn
was ist der Impressionismus anders? — nichts mehr zu
tun hat.
Der Eingewcihtc wird den Namen Pinkopenko im Ge-
dächtnis behalten. Diesem Namcn gehört unsre Zukunft
und vielleicht die Europas. Wladimir Fantasinski.
lFortsetzun, Settt Ilk)
I0Z
Schlippermann hat neulich ein
ihm unbekanntes Mort gelesen
und sich noticrt, denn er will sich
bilden. Nun trifft er mit Doktor
Stich zusammen und erkundigt sich.
„Sagen Sie mal, Äerr Doktor,
was ist das eigentlich: Kausalität?"
„Kausalität?" Doktor Stich
rllstet sich zu einer längeren Nede.
„Ja, wo fange ich da nur gleich
an? Sie werden einsehn, Äerr
Schlippermann, daß es Tatsachen
gibt, die — um mich ganz ver-
ständlich auszudrücken — gemein-
sam auftreten, derart, daß die eine
durch die andere bedingt wird.
Oder andcrs, um noch verständ-
^icher zu sein: jede Wirkung hat
eine Arsache, und zwar geht die
Arsache ininier der Wirkung vor-
aiis. Dieses Verhältnis. .
Aber da unterbricht ihn Schlip-
perinann lachend. „Die llrsachc
geht immer voraus? Nee, lieber
Äerr Doktor, da irren Sie sich.
Denken Sie doch mal: wenn ich
e>nen Schubkarren schiebe, da bin
ich doch die Arsache. Na, und da
gehe ich doch hinterher!"
Der Weg des Fleisches — „Ihr Bauern denkt, wir müssen zahlen, was
ihr verlangt. Aber es gibt doch eine Grenze."
— „Freilich, — und llber die geht dann 's
Vieh, wenn ihr nicht genug zahlt."
^egrenzte Anterkunst
^ „Was, kein Bett soll ich fllr die Nacht kriegen können?
^a, htzren Sie mal: irgendwo im Dorf wird doch wohl
"°ch was aufzutreiben sein."
's' „Versuchen's mal beim Wurmlinger. Der ist unser
^achtwächter. Wenn's ihm ordentlich was zahlen, läßt er
3hiien sein Bett. Abcr um 4 Ahr am Morgen müssen Sie
raus, — rm legt er sich selber hinein."
Kunst
Tragikomödie in dret Dokumenlen
Von Artur Wagner
I. Die Große Kunstausstellung.
Die heute frllh ohne großen Pomp eröffnete Kunstaus-
^uung bewcist, was jeder, der die Entwicklung der lehtcn
^ ^eiinien übersieht, schon längst instinktiv gefühlt hatte,
abl, ^ ber Malerei, wie sie nun seit Iahrhunderten in
^llebrachter Gcwohnheit gedankenlos immer wieder ge-
wird, zu §nde geht. Was uns Not tut, ist die Abkehr vom
^ahuicn und von der Flächc, von der Perspektive und von
Dchwcrkraft! Die Gesctze dcr Optik und Mechanik,
und Dhnamik auf die Kunst anwenden zu wollen,
bislang geschah, hcißt ihr die Lebensluft vcrgiflen.
gesri ^"^brucksbcdürfnis dcs Kllnstlers darf kcin Wcg vor-
^es/b^bm wcrden. Es gibt kcine absolute normative
kann man das alte lateinische Sprichwort
so vicl Sinne" zeitgemäß variieren in „So viel
p>e, so viel Künste!"
^Wtv kiiesem höchst subjektiven Ausströmen der Ge-
"wnlichkeit in das Kunstwerk — ein komplizierterVor-
^jeirj ^sher mit dcm Ausdruck Schaffen von Banausen
^Nn j' ^ heute immcr noch und vielleicht mehr
* Mut gehört, ltegt iu der Natur der Dinge, will
sagen des Publikums. Das Publiknm ist heute noch nicht
mit dem Impressionismus fertig, der für den Wissendcn über-
haupt nie ernflhast bcstanden hat!
Immerhin gibt es schon Pioniere, die das letzte Eiland
auf dem Mcere dcr malerischen Schaffensmöglichkeiten an-
gelaufen sind.
Was uns Alexander Pinkopenko in seinen Oelbildern
zeigt, trägt das Wescntliche dieser neucn Kunst nicht erst
vcrsteckt, angedcutet, halbgewollt, sondern bereits mit voller
bewußter Absichtlichkeit an sich.
Es sind die beiden Bilder „Zerfallene Windmühle" und
„Frau im Sesscl." Wie Pinkopenko das oft behandelte,
an sich langwcilige Motiv dcr sihendcn Frau auf seine Art
behandelt, ist genial zu nennen. Die banale Wirklichkeit hat
hicr zu Gunsten des Phantasieeindrucks zurlicktreten müsscn.
Was für tausend andre unserer sogenannten allermodern-
sten eine Frau und ein Sesscl wäre, daraus schält Pinko-
penko die Idec in ihrer klaren Geistigkeit heraus. Er stellt
das Weib als Trägerin des göttlichcn Gedankens, als Ver-
mittlerin zwischen Mensch und All dar: kosmische Musik
über dem Grundton „Weib" als Orgelpunkt.
BezeichnendfürmodcrnesNaturcmpfindcnistseinandres
Vild „Zerfallcne Windmühle". Die verzchrcnde Mystik, die
in dieser Windmllhle träumt, ist der Grundton seines Natur-
erlebens. Auch hier wie im vorigen Bild diese Steigerung
des einzelgegenständlichen ins allgemein geistige, ja ins
kosmische, was mit inipressionistischer Genremalerei — denn
was ist der Impressionismus anders? — nichts mehr zu
tun hat.
Der Eingewcihtc wird den Namen Pinkopenko im Ge-
dächtnis behalten. Diesem Namcn gehört unsre Zukunft
und vielleicht die Europas. Wladimir Fantasinski.
lFortsetzun, Settt Ilk)
I0Z