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Die Würze — „Ia, Schwager, da csse ich nun ein ganzes Menu, und du nur

dein mitgebrachtes Brot, — wird's dir denn dabei schmecken?"
— „And ob, — wenn ich denke, was du nachher zahlen mußt!"

Das Goldwiiiider

Bruno Zemke ärgerte sich jetzt, daß er sich aus dem
warmen Bette hatte jagen lassen. Das wäre ja Blödsinn,
erklärte er. Wenn der alte Lerr keinem Menschen was
davon gesagt hätte, — na, dann könnte doch auch der Kos-
lowski nichts davon wissen. Er möchte also schleunigst Kehrt
machen und sich ins Bett verfügen, um seinen Rausch aus-
zuschlafen. Aber Koslowski blieb hartnäckig, wie Betrunkene
es meistens sind, getrieben von der wohltätigen Kraft des
Schnapscs. O, er wllßte ganz genau, daß Geld im Keller
wäre, »nd auch an welcher Stelle. Weshalb er das wüßte,
ja, das lönnte er freilich selbst nicht verstehn; das wäre
ihm auch unbegreislich. Es wäre so ganz auf einmal llber
ihn gekommen, wie ein Blitz. Aber er wllrde sich dafür
totschlagen lassen, daß die Sache stimmte. Ia, er würde
sogar nie wieder in seinem Leben einen Schnaps trinken
wollen, wenn da nicht wirklich Geld im Keller wäre.

Die Bereitwilligkeit Koslowskis, sich totschlagen lassen
zu wollen, wirkte nicht so sehr auf Bruno Zemke wie der
Eventualverzicht auf den Schnaps. So zog er sich also an
und ging mit Koslowski, der aber nicht ging, sondern wankte,
in den Keller hinunter. Anterwegs schloß sich ihnen die
Dienstmagd an, die durch den Lärm ausgeweckt worden und
aufgestanden war, weil sie ein Anglllck vermutet hatte. Nun
konnte sie die Laterne tragen. Ganz recht war das dem Dienst-
herrn nicht; er hätte sie lieber nicht als Zeugin gehabt, aber
da sie nun einmal da war, ließ sich nichts dagegen machen.

In der dumpfen Luft des Kellers wurde es Koslowski
wieder recht duselig zu Mute. Er konnte sich nicht zurecht-
finden und mußte seinen Lerrn bitten, ihn bei der Ermiltelung
jener Stelle zu unterstützen, über der im Erdgeschoß, in Kos-
lowskis Stübchen, das Bett flände. Ohne besondere Schwierig-
keit wurde dieser Platz ausfindig gemacht und auf diesem
dann wieder der Bezirk, der oben dcr Lage von Koslowskis
Kopfkisien entsprach. Denn das, so behauptete Koslowski,
wäre ganz genau die Stelle, wo gegraben werden müßte.
Bruno Zemk^ fing an, dcn lehmigen Kellerboden aufzuhacken.
Nach zehn Minuten fuhr die Lacke, bei einem besonders
kräftigen Schlage, splitternd in Lolz hinein: ein Kästchen
stcckte da in der Erde. Dick mit Zeitungspapier war es aus-
gepolstert, und darin lagen fllnf gewichtige Rollen, jede von
fllnszig großen Goldstllcken. „Na also!" sagte Koslowski, als
wäre das die selbstverständlichste Sache der Welt. Aber
dann, doch etwas erstaunt den Kops schllttelnd, setzte er hin-
zu: „Ich halte man bloß an Silber gedacht!" — Natürlich,
Silber hatte wohl mehr in seinem Vorstellungskreise gelegen
als Gold.

Die Dienstmagd, die mit durch Schläfrigkeit gesteigertem
nalürlichen Stumpfsinn bisher den Vorgang nur unvoll-
kommen ersaßt hatte, geriet nun zur Bestätigung des Wortes,
daß doch alles am Gold hänge und nach Gold dränge, in
große Aufregung. Ihr war anzumerken, daß sie am liebsten
gleich hinausgeeilt wäre auf die nächtlichen Straßen, die
Geschichte auszuschreien. Bruno Zemke war das sehr un-

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