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Die Verlobten

— „Ie länger wir verlobt smd,
Bertha, desto mehr behandelst
du mich wie einen Trottel." — „Nun, die Verlobungs-
zeit ist doch dazu da, daß man stch genauer kennen lernt."

Das Ziel

In einem Abteil dritter Klasse eines Personenzuges
zwischen Naumburg und Orlamünde. Jnsassen: ein junges
Paar, das einander verliebt anschaut und andauernd die
Lände drückt, und ein liebenswürdiger alter Lerr, dem das
zu gesallen scheint, denn er nickt freundlich dazu.

Eben ist der Zug vom Saalebahnhof in
Zena abgefahren. Der alte Lerr nimmt seinen
Koffer herunter und macht sich fertig; wahr-
scheinlich will er auf der nächsten Station aus-
steigen, die bekanntlich noch zu Iena gehört und
den schönen Namen „Paradies" führt. Aber
der Zug bummelt; die fahrplanmäßigen vier
Minuten sind bereits verstrichen, und der alte
Lerr wird ungeduldig. „Das dauert so schreck-
lich lange bis nach'm Paradies, nicht wahr?"
sagt er, halb zu dem jungen Manne gewendet.

Der junge Mann, der eben die Land seiner
Gefährtin besonders heftig gedrückt hat, be-
kommt einen roten Kops. Mit einem tiesen
Seufzer sagt er: „Ach, wir können frühestens
erst in drei Iahren heiraten." -on.

Tine andere Sache

Zwischen Berlin und Stettin. Der schlanke Lerr mit
dem charakteristischen Kopf hat das instinktive Mißfallen der
drei andern Reisenden im gleichen Abteil erregt, die zweifel-
los normale Staatsbürger in herkömmlichen Verhältnissen
sind. Es hat sogar einen kleinen Streit wegen des Fensters
gegeben, das der Lerr mit dem charakteristischen Kopf ge-
schlossen haben wollte, mit welcher Forderung er aber nicht
durchgedrungen ist.

Er läßt sich aber dadurch nicht bekümmern. Nein, liebens-
würdig erzählt er: „Fahre nach Zoppot, — werde dort spielen."

Ah, ah, — die Stimmung schlägt um. Die drei Bürger
in herkömmlichen Verhältnissen betrachten den fremden Lerrn
mit Interesse, in dem auch eine gewisse Lochachtung liegt.
Einer springt sofort auf und schließt das Fenster. Ein anderer
erkundigt sich: „Ah, spielen, — was wird eigentlich in Zoppot
gespielt."

DerLerr mitdem charakteristischen Kopfzuckt dieAchseln.

„Labe noch keine rechte Ahnung, — na, was man eben
so im Sommer an einem Kurtheater spielt."

Bums, — das Fenster wird wieder hinunter gelaffen. Die
drei normalen Staatsbürger wenden sich in sast verlehender
Weise von dem Lerrn mit dem charakteristischen Kopf ab.

Druckfehler

Die junge Frau
schleckte ihren Groll.

schlich sich stumm beiseite und ver-

Frau Lilde hat das Oolcs ksr nlsnte ihres üppigen Bou-
doirlebens satt und will etwas Großes leisten. Zu diesem
Zweck beschließt sie ein Drama zu schreiben. Die Idcen
hat sie schon. Nur das Technische macht ihr Schwierigkeiten.

Sie bat mich, ihr zu hclfen, und ich besuchte sie —
wegen des Technischen.

Da saß sie an ihrem Schreibtisch — vor sich ein dickes
Left und zählte die Blätter.

„Aber was machen Sie denn da, gnädige Frau?"

„Das Left teile ich in sünf gleiche Teilcl"

„Warum denn? "

„Aber das Stück soll doch fünf Akte kriegenl"


A

— „Der Dichter Pipski ist verrückt! Lauter
ausgefallene Dinge bringt er!"

— „Ia, und dabei erzählt er immer mit Stolz,
was ihm alles eingefallen sei."

146


— „Dös mögen's net? Ia, meinen's denn,
daß bei uns im Laus a bessere Luft is'?"

Lopyright 1922 by I. F. Schrclber
 
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