Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bum! Bum!

— „Was, das ist gar nicht der Weg nach Nußdorf, und
dabei hat mir das der Schnitter da vorne gegen ein gutes
Trinkgeld bestätigt."

— „O mei, für ein gutes Trinkgeld sagt der zu allem Ial*

Brust, Schultern und Lüftcn und verschwand. Seine Ab-
wesenheit benutzte ich zum Acberlegen, und wieder kam ich
zu dem positiven Resultat: Na, wcnn schonl

Da trat Mysticinski ein. „So," sagte er, „das ist Ihre
Größe!" Damit schmiß er mir einen langen schwarzen Talar,
eine spitze Mütze und eine Lalbmaske zu. Dann holte er
ein höchst simples und primitives Planetarium herbei, das
einem Astronomen wahrscheinlich Schmerzensschreie entlockt
hätte, und stcllte es auf den Tisch. Solider Eisendraht hiclt
die Welt zusammen, die Gestirne waren versilberte Kastanien,
die Sonne eine goldbronzierte Orange;über diescm kosmischen
Prachtbau schwebte als Milchstraße cin Stück lila Gaze-
schleier. Mit einer Kurbel ließ ,sich das Weltall auf die
einfachste Weise in Rotation versetzen.

„Welches Stockwerk wohnen Sie?" rief Mysticinski auS
dem Nebenzimmer. „Zweitesl" antwortete ich.

„Rechts oder linksl"

„Rechtsl"

(Forlsctzung Sellc I8Ä

Vornehmer
Nebenverdienst!
Mehr als 1000 Mark
täglich! Wendcn Sie sich
an Mysticinski, Wind-
gasse7. Glänzende Sache!

Als ich das beim morgend-
lichcn Zichorienkaffee las,(übrigens
Zichorienersay, eine schauerliche
Brühe, sage ich Ihncn!) blieb mir
zunächst vor Freude der Zichorien-
ersay über eine Minute im Lalse
stecken. Darauf war ich einige
Zeit lang sprachlos. Dann aber
begann ich mit der mir angebor-
nen klaren Denkkrast zu überlegen,
vielleicht zwei, vielleicht dreiStun-
den lang. Darauf sagte ich ent-
schlossen: Na, wenn schon! Das
war die Frucht meines Nach-
denkens.

Da ich Iunggeselle bin und
mir meinen Laushalt selbst be-
sorgen muß, suhr ich einmal mit
der flachen Land über die Stiefel-
spitzen und begab mich dann, ein
Kavalier vom Scheitel bis zur
Zehc, zu Lerrn Mysticinski, Wind-
gasse 7.

Lerr Mysticinski hatte, wie
sich bald herausstellte, nur die
Pläne zur Beschaffung eines vor-
nehmen Nebenverdienstes zu vcr-
geben.

„Ich liesere ihnen meineIdeen
aus," sagte er, „aber legen Sie
mir 1000 Mark auf den Tischl" Gutmütig

„Sie haben wohl kandierte
Streichhölzer gefrühstückt," sagte
ich barsch. „Meinen Sie, ich würde
ihren kümmerlichen Ausschank bc-
treten, wenn ich 1000 Mark be-

säße. Dann hätle ich schon längst einen Wettkonzern
mit einer Million Stammkapital gegründet!"

Dieser bestimmte, aber herzliche Ton imponierte ihm
sichtlich.

„Sie scheinen," sagte er wohlwollend, „ein Mann zu
sein, der seine Zeit versteht. Ich gebe Ihnen mcine wert-
vollcn Ideen auf Abschlagszahlung, ausnahmsweise. Sie
zahlen also die verlangte Summe in zwei Raten ä 1000
Mark!"

„Lerr," fuhr ich auf, „das ist Wucher!" Mysticinski
erstarrte.

„Wie Sie wollen," sagte cr mit chevaleresker Geste, „aber
wenn Sie auf meinen wohlgemeinten Borschlag eingehen,
werdcn Ihnen schon morgen 1000 Mark eine nichtswürdige
Lappalie seinl"

„Sie sind also Ihrer Sache ganz sicher?" fragte ich.

Mysticinski lächelte: „Kommen Sie!"

Er führte mich in ein Nebenzimmer, schleuderte mir
ein Metermaß mit der Geschicklichkeit eines Cowboys um

>81
 
Annotationen